Eisbären: Gegen Nürnberg endlich den Bock umgestoßen
Sage und schreibe die letzten sechs Partien hatten die Hauptstädter gegen die Ice Tigers nicht gewinnen können - am gestrigen Freitagabend war es dann aber endlich soweit: Vor ausverkaufter Kulisse bezwang der EHC Eisbären seinen Angstgegner der vergangenen zwei Jahre in einem wahren Spitzenspiel im heimischen Wellblechpalast mit 4:3 (0:0; 2:2; 2:1).
Dass die nun erst beendete Siegesserie der Nürnberger den Eisbären doch etwas unter den Nägeln brannte, machte Pierre Pagé mit seiner Aussage vom Donnerstag deutlich: „Die Spiele der Vergangenheit können wir nicht mehr gewinnen, aber morgen haben wir eine neue Chance!“. Entsprechend motiviert, aber zugleich ziemlich nervös gingen die Gastgeber ins Spiel. Trotz Überzahl der Pagé-Schützlinge kamen die Nürnberger so nicht zufällig zum Beginn der zweiten Spielminute zu ihrer ersten Torchance. EHC-Verteidiger Ricard Persson vertändelte den Puck an der Mittellinie, den sich Brad Tapper reaktionsschnell schnappte und in Richtung Eisbären-Goalie Jonas davonzog, jedoch zum Glück für die Berliner nur den Innenpfosten traf. Auch die zweite vom russischen Gastschiedsrichter Vyacheslav Bulanov gegen die Ice Tigers verhängte Strafzeit brachte aus Berliner Sicht kein zählbares Ergebnis hervor. Die erste richtige Prüfung für Adam Svoboda im Tor der Nürnberger gab es in der 9. Spielminute, als Eisbären-Topscorer Denis Pederson mit einem harten Schuss die Ausrüstung des Tschechen „einweihte“. Beide Teams verzeichneten im Anfangsdrittel fast gleiche Spielanteile und wie bei Spielen Eisbären gegen Ice Tigers nicht anders zu erwarten, ging es, für die Zuschauer interessant anzusehen, sehr schnell hoch und runter, weshalb es niemanden störte, dass das erste Drittel torlos blieb.
Das Mitteldrittel begannen die Berliner ausgesprochen schwungvoll. Irgendwie schienen sie in der Pause ihre Nervosität abgelegt zu haben und erspielten sich nun die größeren Spielanteile. Diese verstärkten Bemühungen wurden bereits zwei Minuten nach Wiederbeginn belohnt, als Mark Beaufait den Puck über die Linie des Nürnberger Tores stochern konnte und so die 1:0-Führung für die Eisbären erzielte. Nicht weniger druckvoll ging es weiter, bloß bei der Chancenverwertung sündigten die Hohenschönhausener einmal mehr. Die Mannen von National- und noch Ice Tigers-Trainer Greg Poss ließen sich nicht lange bitten und nutzten ihre sich bietende Chance im Powerplay: Brad Tapper konnte von der Eisbären-Defensive unbehelligt mit einem satten Schlagschuss den Ausgleich markieren - 1:1 (28. Spielminute). Weitere zwei Minuten später nutzte Yan Stastny eine Unstimmigkeit zwischen EHC-Keeper Oliver Jonas und Kapitän Steve Walker, um den Puck zum zweiten Mal im Eisbären-Gehäuse zu versenken - 1:2. Wie schon der Ausgleichstreffer ein Geschenk der Hauptstädter an die Gäste von der Noris war, so auch dieser. Robust gingen beide Mannschaften dann im weiteren Verlauf zu Werke, was zu zahlreichen Strafzeiten auf beiden Seiten und hochkochenden Emotionen führte, vor allem auf der Nürnberger Bank und bei Trainer Greg Poss. Schiri Bulanov zeigte sich gegenüber dem erregten Bundestrainer jedoch keinesfalls beeindruckt und ermahnte diesen zudem sich im Zaume zu halten. Zum Ärger der Nürnberger glich Eisbären-Defender Micki DuPont bei Überzahl dann auch noch zum 2:2 aus (38.). Zum Ende des Mitteldrittels brannte es aber wieder lichterloh vor dem Tor der Berliner: Der sehr agile Tapper vergab die Gelegenheit, sein Team mit einer Führung in die zweite Pause gehen zu lassen. So musste also der Schlussabschnitt die Entscheidung bringen!
Entsprechend hart und mit Chancen hüben wie drüben ging es dann auch zur Sache. Die Massen zum Jubeln brachte dann der Aushilfsverteidiger der Eisbären, Florian Keller, der in der 47. Spielminute sein Stürmerblut offenbarte und sein Team mit 3:2 in Front brachte. Dieser Vorsprung währte nur ganze neunzig Sekunden, dann präsentierte sich die Berliner Defensive wieder nicht hellwach, was Ice Tiger Mike Green zum 3:3-Ausgleich nutzte. In den zurückliegenden Begegnungen begann auf Seiten der Berliner in ähnlichen Situationen das große Schlottern, so nicht am Freitagabend: Wiederum bei Überzahl der Hausherren erzielte Verteidiger Derrick Walser nach Vorlage seines Kollegen Micki DuPont den 4:3-Siegtreffer (50.). Spannung pur war fortan bis zum Spielende geboten und Greg Poss blies bereits neun Minuten vor Ende bei einer Auszeit zur Nürnberger Abschlussoffensive. Die Konzentration, die den Gastgebern bei den Gegentreffern zuvor in der Defensive fehlte, legten sie nun an den Tag und verteidigten ihr Tor aufopferungsvoll. Als sich neunzig Sekunden vor Spielende der Nürnberger Trepanier noch eine Strafzeit einfing, war die Entscheidung zugunsten der Eisbären gefallen, auch wenn die sich noch einmal wegen zu vieler Spieler auf dem Eis selbst dezimierten.
Beide Trainer waren sich hernach einig, dass dies ein tolles Spiel für die Zuschauer war - und führwahr, sehr viel härter geht es in den Play Offs auch nicht zu. Greg Poss, nun wieder gefasst, resümierte souverän: „Das war ein super Spiel! Vor allem Oliver Jonas hat für die Eisbären hervorragend gehalten. Der Sieg der Berliner geht in Ordnung.“ Gefragt, was er von der Leistung des russischen Schiedsrichters hielt, sagte Poss: „Der war für unsere Niederlage nicht verantwortlich.“ Pierre Pagé sah sein Team vor allem in Überzahl und auch gegen das beste Powerplay der Liga in Unterzahl stark verbessert und brach eine Lanze für seine diesmal nicht so auffälligen Förderlizenzspieler: „Heute waren sie vor allem defensiv nicht so gut, aber sie haben zuletzt viel gespielt und sind müde. Sie brauchen eben noch Zeit und wir müssen geduldig sein!“
Am Rande des Spiels wurde bekannt, dass Jungnationalspieler Alexander Barta zur nächsten Saison wohl nach Hamburg zu den Freezers wechseln wird. Da die Eisbären während der Saison bekanntlich Personalentscheidungen nicht kommentieren, hielt sich Pagé darauf angesprochen auch recht bedeckt: „Alex weiß, was für Alex gut ist. Und Manager Peter John Lee weiß, was für Berlin gut ist. Wir haben viele junge Spieler und wenn sie irgendwann mehr dies oder jenes wollen, wird der eine oder andere auch weggehen.“ Etwas fabulös, aber doch hört es sich irgendwie nach Abschied an. Auch Greg Poss, hier bereits ganz Bundestrainer, hat dazu eine unmissverständliche Meinung: „Die Eisbären machen eine hervorragende Nachwuchsarbeit, sie ist neben Mannheim beispielgebend. Dort müssten wir in vier bis fünf Jahren alle hin. Es ist schon etwas unfair, wenn man bedenkt, wie viel hier in die jungen Spieler investiert wird. Deshalb brauchen wir auch eine geregelte Ausbildungsentschädigung.“ Um das Ganze abzurunden: Zurzeit weilen Vertreter der Red Bulls aus Salzburg zum Erfahrungsaustausch in Sachen Nachwuchsausbildung in Berlin. Schon beim Oberliga-Spiel der Juniors gegen Leipzig und auch beim DEL-Schlager Eisbären gegen Nürnberg waren sie als aufmerksame Beobachter im Sportforum unterwegs. (mac/ ovk)
EHC Eisbären Berlin - Nürnberg Ice Tigers 4:3 (0:0; 2:2; 2:1)
Tore:
1:0 (22:04) Beaufait - Cole/ DuPont EQ
1 :1 (27 :43) Tapper - Trepanier/ Schauer PP 1
1:2 (30:46) Stastny EQ
2:2 (37:35) DuPont - Walker/ Ustorf PP1
3:2 (46:59) Keller - Cole/ Persson
3:3 (48:29) Green EQ
4:3 (49:13) Walser - DuPont PP1
Schiedsrichter: Bulanov - Jablukow/ Brodnicki
Strafen: 24/ 28+10 (Tapper)
Zuschauer: 4695 (ausverkauft)