Eisbären erlegen Adler locker - Klarer 4:0-Sieg im zweiten Finale
DEL: Eisbären bleiben spitze - Ingolstadt gewinnt in MannheimVielleicht reicht es doch nicht, wenn man erst in den Playoffs den Hebel umlegt?
Die Frage wurde viel diskutiert beim zweiten Finalspiel der Mannheimer Adler
gegen die Eisbären, das die Berliner von Anfang bis Ende dominierten. Viele
Adler-Anhänger sahen das fast als Trost: "Der Bessere hat gewonnen",
meinten sie und auch, "dass es okay ist, wenn die Eisbären Meister
werden, aber bitte nicht in Mannheim". Was im Klartext bedeutet: Macht den
Sack vielleicht schon im dritten Spiel zu! Nun sind die Adler-Fans, die sowas
von sich geben, keineswegs unloyal, sie lieben ihren Verein, aber sie sind eben
auch Realisten. Und sahen deshalb sehr wohl, wer hier das bessere Team war.
Pierre Pagé's Truppe gewann verdient und das auch in dieser Höhe. "Die
Adler sind stehend platt", meinte ein Mannheimer nach Spielende, "da
ist nicht mehr viel zu holen". Doch gemach, diesem Team hätte nach der
meist miserablen Vorrunde keiner einen Finaleinzug zugetraut und doch haben es
die Spieler geschafft. Vielleicht gibt es ja einen "Jetzt erst recht
Effekt." Wunder sind immer möglich.
Nur nicht an diesem Tage. Da nützte auch das große Transparent auf der
Sitzplatzseite nichts mit der Aufschrift: "Do you believe in magic"
mit
putzigen Zauberern und einem Meisterpott, den man von Hand hochziehen konnte.
Claus Eisenmann von den Söhnen Mannheims sang die Nationalhymne. Abgesehen von
einer Handvoll Idioten im Berliner Block, die es hirnlos-witzig fanden, den Arm
zum Hitler-Gruß zu recken und damit zeigten, dass es unglaubliche Deppen überall
gibt, lief auch diese Einlage friedlich ab, man hielt sich an die Finalregeln.
Die Eisbären dominierten ziemlich von Beginn an auf dem Eis, die Fans auf der
Tribüne. Wobei sich die Berliner als gute, laute und lustige Gäste
erwiesen mit Einpeitscher, der nach dem ersten Treffer seiner Eisbären das Hemd
abwarf und fortan mit bloßem Oberkörper dirigierte. Mannheims Polizei war zwar
mit Verstärkung gekommen, aber nach Spielende gab es Lob von einem
Ordnungshüter: "Die Berliner Fans waren vollkommen in Ordnung." Und
dass sie das Ost bei ihren Schreien für Berlin betonen, wer mag es ihnen verübeln.
Wie viel Häme haben die Eisbären-Anhänger über sich ergehen lassen müssen
in den Stadien, wie oft sind sie als Ossis beschimpft worden, wollte man die
Mauer wieder aufbauen. Sie haben jedes Recht auf diese Erwiderung.
Die Eisbären mit vollem Dynamo, die Adler als Flattermänner, deren Nerven bloß
lagen. Nicht, dass sie es nicht probiert haben, man kann Hecht und seinen Jungs
bestätigen, dass sie auch noch in der letzten Sekunde versuchten, ein Tor zu
machen. Aber es gelang nicht. Bei den Eisbären hatte
man jederzeit das Gefühl als wüssten sie, wo es lang ging, bei Mannheim
herrschte eher das Motto "denn sie wissen nicht, was sie tun". In der
siebten Minute das erste Tor für Berlin, im zweiten Drittel das zweite. Und
zwar schon nach 30 Sekunden, der Videobeweis wurde bemüht. Alle wussten es, bloß
der Videowürfel wollte sich anfangs nicht umstellen lassen, hielt stur fest am
1:0. Allein, es nützte nichts und sollte noch schlimmer kommen mit dem 3:0 und
dem 4:0 aus Berliner Sicht.
In Berlins Tor stand Oliver Jonas als Bank. Der Ersatzgoalie mutierte zum
Cheftorwart und machte seine Sache ausgezeichnet. Aber er hatte auch gute
Vorderleute auf allen Positionen. Mannheims Fans abgekühlt und ein wenig müde.
Etliche gingen vor dem Ende des Spiels, um den Nachmittag noch angenehm zu
verbringen, mit Baden, einem Buch lesen oder Fernsehen. Alles, nur nicht
Eishockey. Auffallend, wie viele sich bis zum Abschiedswochenende am 29. und 30.
April verabschiedeten, wenn im alten Gemäuer groß gefeiert wird. Im Grunde
verhielt man sich so, als gäbe es keinen Dienstag und schon gar keinen
Donnerstag. "Wenn Berlin schon Meister wird, dann bitte zu Hause",
meinten viele und sahen den Vizetitel durchaus als ausreichend an, "wer hätte
das nach dieser Vorrunde überhaupt gedacht". Merkwürdig, weil sonst die
Adler-Fans nicht aufgeben, bevor die letzte Schluss-Sirene nach dem letzten
Spiel verklungen ist. Vielleicht lag es daran, dass man mit Anerkennung die
Berliner als verdienten Sieger sehen konnte? "Heute", lachte Fan
Stefan," kann man es noch nicht mal am Schiedsrichter festmachen, die Eisbären
waren halt einfach besser". Steve Kelly flog übrigens raus, schmiss dann
noch eine Wasserflasche, Tripp erhielt wegen Meckerns nach dem Abpfiff noch
eine Strafe, die Nerven lagen bloß bei einigen Cracks. Und bei einigen Fans,
die zum Schluss Sachen Richtung Berliner Bank warfen. Ein selten dämliches
Verhalten nach einem so klaren Spiel.
Im Kabinengang dichtes Gedränge, die Berliner waren mit großem Aufgebot an
Journalisten angereist. Stefan Ustorf reagierte einigermaßen genervt auf neue
Fragen nach seinen Gefühlen für Mannheim. "Das ist für mich
erledigt", knurrte er, "ich bin niemandem böse, ich hatte damals ein
zehn Minuten Gespräch". Was doch andeutete, wie ihn sein Rauswurf mitten
in der Saison vor einem Jahr nickelte. Zumal nach außen hin eigentlich nie ein
konkreter Grund genannt wurde. Doch Ustorf, der bei den Eisbären einer der
Besten ist, will nicht mehr darüber reden, warum auch, neues Spiel, neues Glück
und schließlich hat er mit seinem Team die Nase weit vorne in der Finalserie.
Das Spiel am Dienstag in Berlin nähme man keineswegs leicht, betonte Ustorf,
"das wird sehr, sehr schwer". Mit der zweiten Begegnung könne man aus
Berliner Sicht zufrieden sein, konstatierte Mannheims Ex-Kapitän, "wir
haben das Spiel kontrolliert und eine gute Mannschaftsleistung gezeigt".
Berlins Urgestein und jetziger Co-Coach Hartmut Nickel, erinnerte sich an die
Vorrunde und daran, "dass wir auch manchen Hänger gehabt hatten. Wir
mussten allerdings auch viele junge Spieler einbauen". Die Playoffs seien
unglaublich spannend gewesen, vor allem auch gegen Ingolstadt. Das habe die
Berliner aufgebaut, ihnen auch Selbstbewusstsein gegeben. Und an diesem Tag sei
man einfach dominant gewesen. Nickel: "Wir haben gewusst, dass die ersten
zehn Minuten für die Adler richtungsweisend sein dürften. Das war ja dann auch
ein Riesenkampf". Die Mannheimer hätten zu Hause sicherlich einen
Riesendruck verspürt, gewinnen zu müssen, das sei immer schwer. Am Dienstag,
da begänne ein ganz neues Spiel, wirklich alles sei möglich, die Adler sieht
er noch lange nicht geschlagen.
Auch Youri Ziffzer, im vergangenen Jahr noch DNL-Meister mit den Jungadlern,
nimmt an, "dass das dritte Spiel das schwerste der gesamten Saison
wird". Mit seiner Saison ist er übrigens zufrieden, hat viel geleistet in
der Oberliga und ist jetzt der Mann hinter Jonas. Wenn er nochmal zu
entscheiden hätte über seine Ausbildung würde er sofort wieder Jungadler
werden, sagte er, "aber danach würde ich wieder nach Berlin gehen. Dort
ist die Verknüpfung Oberliga und DEL einfach viel enger und besser". Über
eine Meisterschaft des DEL-Teams würde er sich wahnsinnig freuen natürlich,
aber da Eishockey-Spieler vorsichtig sind und abergläubisch dazu, sieht er
einen Sieg der Eisbären am Dienstag als reine Spekulation. (Angelika von Bülow)
Adler Mannheim – Eisbären Berlin 0:4 (0:1/0:2/0:1) Playoff-Stand 0:2
Tore:
0:1 (6:25) Pederson (Ustorf)
5-4
0:2 (20:30) Barta
0:3 (31:05) Walker (Dempsey/Ustorf)
0:4
(51:42) Heins (Ustorf/Cole) 5-3
Strafen: Mannheim 47 – Berlin 8
Schiedsrichter: Aumüller
Zuschauer: 8200