Eisbären: Der Meister – Ein Schatten seiner selbst
Der
Haussegen hängt in Hohenschönhausen einmal mehr in dieser Saison schief, so er
denn jemals in den letzten Monaten im rechten Lot war.
Headcoach
Pierre Pagé kritisierte am Sonntag mit scharfen Worten den peinlichen Auftritt
seiner Mannen gegen die Frankfurt Lions, sprach davon, dass die schnellstens
ihre Profimentalität wieder finden sollten. Lustlos, unmotiviert wirkten die
Hauptstädter gegen die Hessen, die selbst keine Bäume ausrissen und nur auf die
Fehler beim Titelinhaber warten mussten. Die kamen prompt und zahlreich genug,
und die Frankfurter waren ausreichend kaltschnäuzig, um einige davon zum eigenen
Vorteil und letztlich zu den Sieg bringenden Toren zu nutzen.
Wiedergutmachung
gab es nur partiell in den ersten zwanzig Minuten im Match gegen die DEG Metro
Stars am Dienstag. Am Ende war aber auch das zu wenig und man verlor genauso
wie weitere zwei Tage später bei Aufsteiger Straubing, wo nach 1:3-Rückstand
wenigstens noch ein Pünktchen mühsam gerettet werden konnte. Zu wenig für ein
Team, das zwar tragende Säulen verlor, und aufgrund der Spengler Cup-Teilnahme
einen eng gestrickten Spielplan abzuarbeiten hat, dem Papier nach aber noch
immer über reichlich Talent und spielerisches Potenzial verfügt, dies bisher
allerdings zu selten abrief.
Mit
Niederlagen umzugehen, hat der Eisbärenanhang in der aktuellen Spielzeit nach
vier Jahren der Dominanz ihres Teams neu lernen müssen. Inzwischen, so hört man
nicht wenige sagen, ginge man allerdings ohne große Erwartungen in den
Wellblechpalast, um hinterher nicht allzu enttäuscht zu sein. Spiele, wie das
gegen die Lions, machen den Aufschlag in der neuen Realität umso schmerzhafter,
wenn sich die Fans nicht einmal mehr damit trösten können, dass ihr Team trotz
großen Kampfes verlor.
Headcoach
Pierre Pagé, der wohl noch immer zögert, seine Unterschrift unter einen neuen
Vertrag mit den Eisbären zu setzen, gerät zusehends in Erklärungsnotstand, was
die Leistungen seiner Mannschaft angeht. Er räumte jüngst ein, noch immer auf
der Suche nach Lösungen zu sein, was sich in steter Neuformierung der einzelnen
Reihen äußert. Seinem öffentlich geäußerten Lob für die gute Trainingsarbeit
seiner Spieler in der vergangenen Woche, ließen diese die teilweise haarsträubenden
Leistungen der letzten drei Spiele folgen.
Die
Berliner Morgenpost zitierte Kapitän Steve Walker dieser Tage in einem Interview,
in dem er sich über die harsche Kritik Pagés beschwerte und meinte, dass der
Trainer sagen könne was er wolle, ihm selbst solch negative Aussagen aber nicht
lägen, mit denen der Coach vielleicht gar einzelne Spieler unter öffentlichen
Beschuss bringen wolle. Was Walker dabei augenscheinlich vergaß, ist, dass zu
allererst die Mannschaft mit ihren wiederholt enttäuschenden Auftritten für den
ständigen Nachschub an Munition sowohl für den in der Mannschaft unbeliebten Trainer
als auch die Öffentlichkeit sorgt.
Auf die
Sprünge helfen soll nun der wankelmütigen Eisbärentruppe der 34-jährige
NHL-Veteran Ian Moran. Der vom AHL-Klub Portland Pirates aussortierte US-Amerikaner
ist sowohl in der Defensive, als auch im Angriff einsetzbar. Zudem stellte Lee
noch die Verpflichtung eines routinierten Keepers in Aussicht, so sich denn ein
Kandidat anböte, der imstande wäre, der Mannschaft sofort zu helfen. Ob solch
späte Nachverpflichtungen in dieser verfahrenen Situation den Berlinern noch
einen entscheidenden Impuls wird versetzen können, bleibt abzuwarten und
erscheint derzeit eher unwahrscheinlich.
Im
Sportforum beginnt derweil das Wort „Übergangssaison“ die Runde zu machen. Manager
Peter John Lee wird am Ende dieser Spielzeit - nahezu unabhängig von deren
Ausgang - die Frage beantworten müssen: Übergang zu was und vor allem mit wem? Pierre
Pagé jedenfalls baut allen Eventualitäten vor und verteilte vor kurzem beim
allwöchentlich stattfindenden Pressestammtisch an jeden Journalisten schriftlich
verfasste Neujahrsgrüße, inklusive Dank für alles Bisherige. Darauf fand sich
auch ein Zitat, in dem davon die Rede ist, dass das Leben doch voller
Veränderungen und Herausforderungen stecke, denen es sich jeden Tag neu zu
stellen gelte. Konkreten Fragen nach seiner Zukunft weicht der Kanadier zudem
konsequent aus. So recht vorstellen kann man sich indes nicht, dass der
erfolgsbesessene Coach die Eisbären auf eben dem Level zurücklassen könnte, auf
dem er sie vor fünf Jahren vorgefunden hat: als wackeligen Play-off-Kandidat.
Matthias
Eckart/ Oliver Koch