Ein Krimi mit Happy End für die Adler - 5:4 n.P. gegen Nürnberg
Klare Worte bei den Adlern23 mal verschossen, nur einer traf: Eric Healey. Der bullige Mann mit der
Nummer 10 im Adler-Dress spielte ganz cool und überwand beim Penalty-Schießen
Adam Svoboda im Gehäuse der Ice-Tigers zum 5:4-Sieg für Mannheim. Kollektives Aufatmen im Mannheimer
Friedrichspark: Die Adler können zu Hause nicht nur kämpfen, sie gewinnen
auch noch. Da tat es der Freude auch kaum Abbruch, dass man sich einige
kapitale Schnitzer geleistet hatte. Kapitän Steve Kelly allerdings behielt
einige Sorgenfalten auf seiner Miene: Klar, es sei ein spannendes Spiel
gewesen, meinte er zu Hockeyweb, und, einschränkend, "für die Zuschauer,
aber wir hätten den einen Punkt mehr gut gebrauchen können".
Das Spiel brachte, da waren sich alle einig, jede Menge Spannung. Es war
schnell, beide Seiten hatten ihre Chancen, beide Seiten verfügten über gute
Torhüter. Da übersah man bisweilen auch Schwächen, für die Zuschauer war der
Kampfgeist der Adler entscheidend, und den konnten sie beobachten.
"Playoffcharakter" habe die Begegnung, schwärmte einer gar.
In der vierten Minute drehte Healey bereits auf und schoss nach Vorlage
von Greilinger und Corbet das 1:0. Nürnberg traf im Gegenzug den
Pfosten. Dann kam der Ex-Mannheimer Tomas Martinec in gute Position und zog,
nachdem er von Tallaire bedient worden war, ab. 1:1 in der 15. Minute.
Auch im zweiten Drittel schenkten sich die Kontrahenten nichts an
Geschwindigkeit und Kampfgewalt. Die Adler in Überzahl nicht eben ruhmreich,
doch in der 23. Minute klingelte der Puck, von Corbet versenkt, dann
doch im Gehäuse. Martinec setzte dann erneut einen für Nürnberg drauf, in
der 24. Minute stand es 2:2. Wieder kränkelnde Adler in Überzahl, die Tiger
zeigten die Krallen und markierten in der 26. Minute den Führungstreffer zum
2:3, Tallaire und Leeb hießen die Erfolgriechen. Kurze Zeit später erzielte
Aab auf Edgerton und Pyka den Ausgleich zum 3:3.
Im dritten Drittel gings weiter munter hin und her, manche
Schiedsrichterentscheidungen sorgten für Unmut, etwa, als Pyka wegen
Spielverzögerung auf die Strafbank musste. Die Unterzahl überstanden die
Adler, schossen in der 53. Minute gar die Führung heraus (Kelly auf
Groleau), aber die Tiger ließen mit ihrer Antwort nicht lange auf sich
warten. Stastny (auf Sekeras und Fical) trug sich jetzt in die
Torschützenliste ein. Spannung bis zur letzten Sekunde.
Und darüber hinaus. Denn das Penaltyschießen erwies sich als kurios. Erst
zehn, dann nochmal zehn Spieler kamen nicht zum Erfolg. Podollans Schuss
wähnte man schon drin, aber er traf nur den Pfosten. Und dann kam an 23.
Stelle Healey und erlöste die 5100 Zuschauer und seine Teamkollegen. Jubel
auf der ganzen Linie. Der siegreiche Schütze wurde nochmal rausgerufen von
den Fans.
Im Kabinengang betonte er gegenüber Hockeyweb, dass er ein solches
Penaltyschießen noch nie erlebt habe. Huet sei großartig gewesen, betonte
er, aber auch der Nürnberger Gegenüber habe große Klasse gezeigt. Er selber
sei sehr nervös und angespannt gewesen. "Aber ich hatte ein gutes Gefühl,
ich war ja schon mit einem Schuss gescheitert und kannte die Reaktionen des
Torwarts, das erleichtert die Sache." Den Sieg bewertete der Stürmer hoch: "Der kam richtig nach einer tieferen
Saisonphase. Wir haben einen Schritt vorwärts gemacht." Nürnberg zollte
Healey großes Lob: "Die sind ein gutes Team mit unglaublich viel
Schnelligkeit."
Adler-Co-Coach Mike Rosati hatte viele Höhen und Tiefen seines Teams in
dieser Begegnung beobachtet. Nürnberg habe sehr schnell gespielt, und sobald
die Adler meinten, sich ausruhen zu können, sei das schiefgegangen. Beide
Torleute seien sehr gut gewesen, bei Christobal Huet habe er im
Penaltyschießen irgendwann den Eindruck gehabt, es könne gar nichts mehr
schiefgehen, "der ist von Schuss zu Schuss sicherer geworden". Warum einige
der Stürmer derart langsam angelaufen seien? Rosati: "Das kann Goalies ganz
verrückt machen, die verlieren irgendwann die Geduld. Das langsam Anlaufen
muss also nicht heißen, der Schuss kann gar nicht reingehen." Healey sei ein
Goalgetter, einer zudem, der viel Erfahrung habe und beim ersten Mal den
Torwart schon habe beobachten können.
Den Sieg wertete auch Rosati hoch: "Wir kommen Schritt für Schritt weiter.
Der Druck in Mannheim ist immer groß, einige Spieler sind das erste Mal hier
und müssen sich daran gewöhnen. Aber wir lernen alle, es war ein gutes
Zeichen, dass dieses Team heute immer gekämpft und letztendlich gewonnen
hat. Gegen Hannover wollen wir statt zwei Punkten drei haben."
Kapitän Kelly haderte mit den Fehlern seines Teams. Und Nürnbergs Spielweise
fand er nicht schön, aber effektiv: "Auf so ein System musst man sich erstmal
einstellen. Sie spielen wie sie spielen, daran können wir nichts ändern,
aber wir müssen etwas entgegensetzen." Gut habe ihm gefallen, dass die
Adler gekämpft hätten, dass sie Charakter zeigten und sich zum Schluss
durchsetzten. Erst das dritte Mal in seinem Leben habe er ein
Penaltyschießen erlebt, "wir haben das zu Hause ja nicht". Im großen und
ganzen war auch der kritische Kapitän dann doch zufrieden. Der Sieg sei
schön, die Atmosphäre gut, jetzt ginge es wieder bergauf.
Das hofft auch Michael Bakos, der mit neuer fescher Frisur ein wenig
bedrückt im Kabinengang stand. Der Baki hat einen äußerst schmerzhaften
Bandscheibenvorfall erlitten und weiß noch nicht, wann er wieder auf dem Eis
stehen kann. Nach etlichen Spritzen sei es zwar etwas besser, aber er müsse
versuchen, seine Ungeduld zu bändigen: "Ich muss jetzt einfach abwarten."
Ein wenig merkwürdig war Tomas Martinec zumute, als er nachmittags in
Mannheim ankam, dort, wo er vor kurzem noch wohnte. "Ich bin freiwillig
gegangen", sagte er Hockeyweb, "aber erst nachdem ich in zehn Spielen unter
Helmut de Raaf gemerkt habe, dass er nicht auf mich baut". Obwohl er mit
Hock so gut zusammengespielt habe in der vergangenen Saison, sei deutlich zu
merken gewesen, dass das Vertrauen des Coaches fehle, "reden hat da auch
nichts gebracht, das machte keinen Sinn mehr", meinte Martinec. In Nürnberg
unter Greg Poss fühle er sich wohl, "man setzt auf mich und dann kann man
ganz anders spielen".
Nach Mannheim sei er etwas pessimistisch gekommen: "Normalerweise ist es so,
dass ich gerade an meinen letzten Stationen wirklich schlecht spiele. Ich
habe heute noch zu unserem Masseur gesagt, das wird mir in Mannheim
sicherlich auch passieren." Er sei heilfroh, dass es anders gekommen sei.
"Das war dann schon ein Supergefühl." Die Torleute beider Seiten lobte
Martinec besonders und ging mit einem Hochgefühl weg von seiner alten
Wirkungsstätte. Es sei zwar schade, nicht drei Punkte mitnehmen zu können,
sondern nur einen, "aber nach so einem spannenden Spiel gibts auch keinen
Grund zum Traurigsein." (Angelika von Bülow)