Drittes Halbfinale: Freezers fegen Lions vom Eis
Hamburg Freezers „frieren Pinguine ein“Was macht man als Berichterstatter der Hannover Scorpions, wenn das Team
schon im mehr oder weniger verdienten Urlaub ist und man in der
DEL-Saison 2003/04 auch mal hochklassiges Eishockey sehen will? Ganz
klar, man geht zu den Nachbarn im Norden und fiebert beim Halbfinale um
die Deutsche Meisterschaft gegen die Frankfurt Lions mit, eine Paarung,
die auch aus Scorpions-Scht interessant ist, befinden sich doch in den
Reihen beider Teams ehemalige, bzw. zukünftige Scorpions-Spieler.
Da der zukünftige Hauptgesellschafter der Scorpions, Günter Papenburg,
bei jeder Gelegenheit Hamburg als Vorbild nimmt und die Meinung
vertritt: "Was in Hamburg geht, muss auch hier funktionieren", sollte er
sich das Playoff-Fieber in Hamburg genau anschauen, denn es ist mehr als
fraglich, ob eine derartige Eishockey-Hysterie, wie sie in Hamburg nicht
erst seit den Playoffs um sich greift, auch in Hannover realisierbar
ist. Die Begegnung war selbstverständlich ausverkauft und die Stimmung
in der Color Line Arena war wieder einmal grandios. Bevor das
eigentliche Spiel losging, wurde anhand von Videos und anderen Mitteln
bereits eine positiv knisternde Atmosphäre aufgebaut, welche im
Einlaufen der einzelnen Freezers-Spieler gipfelte. Schiedsrichter Müller
scheint bei den Freezers-Fans nicht allzu beliebt zu sein, da ihm schon
vor Spielbeginn ein gellendes Pfeifkonzert entgegenschallte.
Er schien seine vermeintliche Unbeliebtheit auch bestätigen zu wollen,
da er nach nur 94 Sekunden den ersten Freezer auf die Strafbank
schickte, nachdem die Hausherren zunächst loslegten wie die Feuerwehr.
In Unterzahl hatten sie allerdings ihre liebe Mühe, die Angriffe der
Gäste abzuwehren, die ein beinahe perfektes Powerplay aufzogen. In der
5. Minute wurde der Spieß dann umgedreht, da die Freezers nun zu ihrem
ersten Powerplay kamen.
Sie brachten die Gäste derart in Bedrängnis, dass diese sich nur noch
mit Fouls zu wehren wussten, doch die angezeigte nächste Strafzeit hatte
sich erledigt, als Shane Peacock Goalie Ian Gordon überwand und zum 1:0
einlochte. Der Treffer war der Auftakt zu einem regelrechten
Torfestival, bei welchem fast alle Treffer in Überzahl erzielt wurden.
So schmorte in der 14., als Frankfurts Jason Young den 1:1 Ausgleich
markierte, Ex-Scorpion George Zajankala auf der Strafbank.
Zwischenzeitlich hätte sich Ian Gordon bei einem Abwehrversuch den Puck
beinahe ins eigene Tor gelegt, was ihm hämische Sprüche des
Freezers-Fanblocks einbrachte. In der 16. Minute erwischte es erneut einen
ehemaligen Scorpion, diesmal allerdings in den Reihen der Frankfurt
Lions. Sebastan Klennner musste in de Box und von dort zusehen, wie die
Freezers sich Chance um Chance erspielten, die beste durch
Jacek Plachta, und sogar in Person von Smazal das 2:1 erzielten.
Das Zustandekommen des Tores sorgte bei Gordon für heftigen Protest, da
er kurz vorher dank Hamburger Einwirkung seine Kelle verlor und er bei
dem Treffer kaum eine Chance hatte. Doch der Schiri ließ sich nicht
erweichen und gab den Treffer.
Nach der Drittelpause ging es genauso turbulent weiter wie das erste
Drittel endete. Erst schickte Müller den Frankfurter Stöpfgeshoff mit
einer 5 Minuten plus Spieldauerstrafe zum Duschen, nachdem er Jacek
Plachta bei einem an sich harmlosen Zweikampf derart verletzte, dass
dieser die Partie abbrechen musste und voraussichtlich auch am Freitag noch
nicht wieder einsatzfähig sein wird. Beim darauffolgenden Powerplay
trafen die Freezers zunächst nur den Pfosten (22.), bevor Brad Purdie,
der ebenfalls für die nächste Saison mit den Scorpions in Verbindung
gebracht wird, da man ihn dort wieder seinem alten Sturmpartner Patrik
Augusta zur Seite stellen möchte, zum umjubelten 3:1 traf. Genau eine
Minute später erhöhte Peter Abstreiter mit tollem Solo auf 4:1, natürlich
ebenfalls in Überzahl. Doch im direkten Gegenzug verkürzten die Lions
durch Kohmann auf 4:2. Auf den nächsten Torerfolg mussten die Zuschauer
dann aber noch 10 Minuten warten, dann stellte Publikumsliebling Bobby
House mit dem 5:2 in Überzahl die Weichen endgültig auf Sieg.
Im letzten Drittel erhöhten die Freezers noch durch Greig zum 6:2,
kassierten das 6:3 durch Bouchard, weil Zajankala mal wieder auf der
Strafbank saß, und setzten mit dem 7:3 zwei Minuten vor Ende den
Schlusspunkt unter eine hochklassige und unterhaltsame Partie.
Auch die Treffer des letzten Drittels fielen allesamt in Überzahl.
Die Zuschauer gingen jedenfalls hochzufrieden und erfreut nach Hause,
während die Trainer bei der Pressekonferenz Resümee zogen.
Rich Cheromaz stellte fest: "Die Freezers waren heute die klar bessere
Mannschaft. Nach dem zweiten Tor hatten sie das nötige Selbstvertrauen. Die
Höhe des Sieges spielt keine Rolle, wir müssen halt am Freitag besser
spielen. Einen Torwartwechsel wird es trotz der sieben Gegentore nicht
geben. Ich vertraue Ian."
Dave King freute sich zwar über den Sieg, warnte aber gleich davor, dass
der Drops noch lange nicht gelutscht ist. "Frankfurt hat eine sehr gute
Mannschaft. Sie werden zurückkommen. Das wird Freitag ein ganz hartes
und schweres Spiel."
Nachdem die Eisbären seit heute als Finalgegner feststehen, könnte es
tatsächlich zur Finalpaarung der beiden Anschutz-Klubs kommen, sollten
die Freezers den nötigen dritten Sieg noch einfahren.
Aus Sicht der Scorpions sei noch angemerkt, dass die ehemaligen Spieler
ebenso entscheidende Rollen gespielt haben, wie die zukünftigen.
George Zajankala hat genau da weitergemacht, wo er seinerzeit bei den
Scorpions aufgehört hat: Im Spiel unauffällig, aber sehr anfällig für
Strafzeiten. Zwei der Frankfurter Tore fielen, als er sein Team unnötig
schwächte.
Sebastian Klenner saß beim laut Trainer Cheromaz entscheidendem 2:1 auf
der Bank, trägt also eine gewisse Mitschuld an dem Gegentreffer.
Die Neu-Scorpions Patrick Köppchen und Christian Künast fielen nicht
sonderlich auf, was bei Künast aber daran lag, dass er nicht zum Einsatz
kam.
Und Purdie, Lambert und der eine oder andere junge deutsche Spieler, an
dem die Scorpions offenkundiges Interesse haben, wären definitiv eine
Verstärkung.
Dennoch, selbst wenn die Scorpions in der kommenden Spielzeit ein
schlagkräftiges Team zusammenstellen und in der oberen Tabellenhälfte
mitmischen sollten, bleibt abzuwarten, ob ein vergleichbarer
Zuschauerboom wie in Hamburg eintreten wird. (Steve Palaser)