Die Scorpions vor dem großen Wurf
Es
war schon wahrlich beeindruckend, wie die Hannover Scorpions in den ersten beiden
Finalspielen gegen die Panther aus Augsburg aufgetreten sind. Mit einem
Höchstmaß an Disziplin in einer Gemeinschaft, in der jeder über hundert Prozent
bereit ist, die ihm zugetragende Rolle auszufüllen. Wie in den ersten beiden
Finalspielen gegen einen Gegner, der nacheinander Mannheim, Berlin und
Wolfsburg ausschaltete, und der gestern nach einem Zwei-Tore-Rückstand eine
Riesenmoral zeigte, und die Scorpions in die Verlängerung zwangen. Clever,
abgebrüht und cool holten sich die Landeshauptstädter dort drei Matchpucks, und
sind am morgigen Sonntagnachmittag in der Lage, eine mittlere Sensation zu
schaffen.
Wer
hätte nach dem heißen Sommer mit dem Weggang von Stürmer Eric Schneider nach
Frankfurt, dem Gehaltsverzicht der Spieler - was das Fortbestehen der Scorpions
überhaupt erst sicherte - und dem letzten Tabellenplatz Mitte November, nur
einen Cent auf einen derartigen weiteren Saisonverlauf gewettet? Nicht einmal
die größten Optimisten hätten sich das getraut.
Aber
zurückblickend kommt dieser Erfolg nicht von ungefähr. In den vier Jahren unter
Hans Zach wurde kontinuierlich am Kader gebastelt, Kleinigkeiten wurden korrigiert
und verbessert, und bei den Verpflichtungen lag die Trefferquote fast bei einhundert Prozent – Flops gab es so
gut wie keine. Auch hatte man an der Expo-Plaza den Blick für Talente. Wer
kannte vor der Saison beispielsweise einen David Wolf? Aus Crimmitschau
gekommen, spielte sich der Youngster in die Stammformation, und war in den Play-offs
der Mann der wichtigen Tore. Derer drei konnten schon verbucht werden.
All
diese Tatsachen sorgten sogar beim Stadtrivalen Indians für respektvolle
Anerkennung. So grassiert in Hannover so etwas wie Eishockeyfieber, was im
Zusammenhang mit den Scorpions in all den Jahren eher selten war. Seit Dienstag
ist der Platz vor dem Neuen Rathaus mit Scorpions-Fahnen beflaggt und eine
Unterhaltung über einen möglichen Meistertitel für Hannover ist die Tage unter
den sportbegeisterten Hannoveranern an der Tagesordnung. Der Verkauf der restlichen
Tickets für das dritte Finalspiel sorgte gestern für lange Schlangen vor der
TUI Arena. Es scheint angerichtet zu sein in Hannover. Doch – auch wenn sich
das Phrasenschwein freut – der letze Sieg ist immer der Schwerste.
Jens
Wilke (Foto: Hannover Scorpions)