Die Nacht der Kölner Legenden40 Jahre KEC

Dann daheim im Jetzt. Der Videowürfel der Kölner Arena leuchtet auf. Uwe Krupp ist dort zu sehen und sagt: „Udo Kießling ist der beste Spieler, der jemals für die Kölner Haie gespielt hat.“ Dann der Blick direkt in die Augen der Verteidigerlegende, des deutschen Rekord-Nationalspielers. Feucht sind sie. Ab aufs Eis. Hinein in den Jubel. Gänsehaut.
Am Donnerstag wurde in Köln mit Legenden das gemacht, was ihnen zusteht. Sie wurden gefeiert. Mit einer wohl dosierten Show, reich an schönen Erinnerungen, aber nie aufgesetzt und übertrieben feierten die Kölner Haie ihr 40-jähriges Bestehen. Damals, 1972, wurde die Eishockey-Abteilung des noch heute bestehenden Großvereins Kölner EK selbstständig und nannte sich fortan Kölner EC „Die Haie“. Ein Club, der seither achtmal Deutscher Meister geworden ist. Dazu Siege im Pokal-Wettbewerb, im Spengler-Cup und 1985 sowie 1995 der zweite Platz im Europapokal.
Dass ein solcher Club Legenden hervorbringt, verblüfft also kaum. Eine von ihnen ist eben Udo Kießling, der als siebter Spieler der Haie-Geschichte nach Peppi Heiß, Jörg Mayr, Ralf Philipp, Miro Sikora, Detlef Langemann und Robert Müller geehrt worden ist, indem sein Banner unter das Hallendach gezogen wurde und dessen Nummer 4 ab sofort nicht mehr vergeben wird. „Das ist eine große Ehre“, freut sich Kießling. „Es ist eine Anerkennung und Würdigung dessen, was ich in Köln geschafft habe.“ Und das ist eine Menge. Bei den ersten sechs Meisterschaften, die die Haie gewannen, stand Kießling auf dem Eis. 320 Mal spielte er für Deutschland, darunter fünfmal bei Olympischen Spielen, gewann 1976 dabei Bronze und wurde bei der WM 1987 ins Allstar-Team des Turniers gewählt. Das passiert nicht vielen Deutschen.
Erstaunlich ist, dass heute noch viele Sportfans außerhalb der Eishockeywelt immer noch eher Namen wie Kießling oder Truntschka mit dem Eishockeysport verbinden als heutige Stars, die nun wahrlich auch Großes leisten. „Wir waren halt eine andere Spielergeneration“, sagt Kießling. „Wir waren mit dem Verein verbunden, haben ihn repräsentiert.“ Und beinahe noch wichtiger: „Wir sind auf die Fans zugegangen.“ Passiert so etwas nicht, kann die Bindung fehlen. „Wenn dann der Erfolg ausbleibt, bleiben Zuschauer auch schon mal zu Hause.“ Dass Eishockey nun wieder im frei empfangbaren Fernsehen läuft, kann da aus seiner Sicht nur bedingt Abhilfe schaffen. „Damals in meiner Zeit liefen auch nur Drei-Minuten-Beiträge in der Sportschau. Da hat doch keiner gesehen, wie und warum ein Tor gefallen ist. So optimal war das auch nicht.“ Der Fankontakt muss her. Und Charakterköpfe. Einer wie der von Udo Kießling.
Klar ist, dass Spieler wie er unvergessen bleiben. Wegen Geschichten wie der vom zweiten Play-off-Finalspiel im Jahr 1986 gegen die Düsseldorfer EG. Die Haie lagen nach dem 6:5-Heimsieg an der Brehmstraße nach 40 Minuten mit 1:5 hinten. „Da habe ich zu unseren Trainer Hardy Nilsson gesagt: Lass mich das mal machen!“ Und Kießling machte. Er wurde laut. Er rüttelte die Mannschaft auf. „Du darfst dann aber nicht nur schreien, sondern musst auch etwas zu sagen haben.“ Das hatte er. An der Ehre packte er seine Mitspieler. „Und alles, was wir dann besprochen haben, haben wir auch wirklich umgesetzt.“ Das End’ vom Lied: Der KEC gewann die Partie noch mit 6:5. Ein Spiel später – daheim folgte ein 6:1 – waren die Haie Deutscher Meister.
Solche Dinge sind es, die einen Spieler unvergesslich machen. 1982 war Kießling zudem der erste „wirkliche“ Deutsche, der in der NHL gespielt hat – wenn auch nur ein Spiel. „Ich bin schon bei der WM 1977 oder 1978 angesprochen worden und wollte es einfach mal versuchen.“ So unterzeichnete er einen Vorvertrag bei den Minnesota North Stars. 1982 ging es über den Teich. Viereinhalb Wochen war er dort, trainiert, machte ein Spiel. Zwei Strafminuten, zwei Schüsse aufs Tor standen zu Buche – und der Wunsch der North Stars, dass Kießling bleibt. „Das hätte sich aber nur bei 50 Spielen vom Vertrag her gelohnt.“ Also ging er zurück und kehrte nach einem Düsseldorf-Intermezzo zum KEC zurück.
Beim Jubiläumspiel selbst stand er nicht auf dem Eis. Aber auch so hatten die Haie-Fans viel Grund zu feiern. Als Spieler wie Peppi Heiß, Chris Rogles, Dave McLlwain, Alex Hicks aufliefen, da bebte die Arena. Herausragende Spieler wie beispielsweise Doug Berry, der eigens seinen Italien-Urlaub unterbrach, und Tom Thornbury erinnerten an die Goldenen Achtziger des KEC. Und dann wurden beide Teams auch noch von ebenso legendären Trainern angeführt: Hardy Nilsson, der für den Titel-Hattrick 1986 bis 1988 verantwortlich war, und Hans Zach.
Zum guten Ton des Abends gehörte auch die Gedenkminute vor dem zweiten Drittel für bereits verstorbene Haie-Legenden. Dass am Ende die von Zach trainierte Mannschaft mit 4:8 verlor, nahm der Alpenvulkan locker. „In der Nachspielzeit werden wir es den jungen Hüpfern wie Pasco und Abstreiter schon zeigen“, flachste der früheren Bundestrainer. Und er machte den KEC-Fans ein dickes Kompliment. „Das hier ist etwas ganz Besonderes. So etwas gibt es nur in Köln.“
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Das Jubiläumsspiel in Zahlen:
Team Hardy Nilsson – Team Hans Zach 8:4 (2:0, 4:2, 2:2)
Tore: 1:0 (7.) Tobias Abstreiter (Udo Schmid), 2:0 (14.) Ron Pasco (Drew Callander, Doug Berry), 3:0 (24.) Udo Schmid (Andreas Pokorny, Karsten Mende), 3:1 (26.) Alex Hicks (Dave McLlwain, Andreas Renz), 4:1 (33.) Tobias Abstreiter (Guido Lenzen, Toni Forster), 5:1 (37.) Ron Pasco (Drew Callander, Guido Lenzen), 5:2 (38.) Dave McLlwain (Alex Hicks), 6:2 (40.) Ron Pasco (Doug Berry, Drew Callander), 7:2 (44.) Thomas Brandl, 8:2 (46.) Karsten Mende (Drew Callander, Werner Kühn), 8:3 (49.) Christoph Wietfeldt (Alex Hicks, Jörg Mayr), 8:4 (53.) Thomas Gröger (Markus Jocher).
Strafen: Team Nilsson 4, Team Zach 0.
Zuschauer: 10.000.