Die Kirche im Dorf lassen
Klare Worte bei den AdlernDie Aufregung ist groß bei den Mannheimer Adlern. Ein Fan hat im Internet
geschrieben, die Spieler seien vor dem verloren gegangenen
Hamburg-Spiel auf der Reeperbahn gesichtet worden, mit Bier in der Hand.
In ihrer Nähe ganz offensichtlich viele Fans mit vielen Bieren am Mund.
Man sucht die Nähe zu den Stars, freut sich, sie zu treffen.
Normalerweise klappt das in Mannheim (und auswärts) auch sehr gut, beide
Seiten mögen sich, respektieren einander, bei aller Kritik, die vom
Anhang manchmal am Team geübt wird. Aber das ist Sport, damit müssen
Profis fertig werden. Nun hat alles eine andere Dimension erreicht.
Der Fan, der übrigens einen großen Stellenwert im deutschen Eishockey
einnimmt, vor allem, weil er den Sport gut nach außen vertritt, hat also
geschrieben, dass die Spieler Bier getrunken haben, hat mithin eine
Diskussion ausgelöst, die man vielleicht auch intern hätte führen
können, in unaufgeregter Atmosphäre, gerade, wenn man die Adler-Spitze
kennt. Dazu hat ein anderer Fan ein Bild gestellt, auf dem man lediglich
erkennen kann, dass Adler-Kapitän Stefan Ustorf ein Bier in der Hand
hält, genauso wie Hamburgs Wayne Hynes, der übrigens am Tag danach den
Siegtreffer gegen seinen alten Verein schoss. Der Alkohol auf der
Reeperbahn scheint ihm also nicht die Hand gelähmt zu haben. Was übel
ist an dieser ganzen Geschichte: Hätten die Adler in Hamburg gewonnen,
vermutlich wären im Internet die üblichen fröhlichen Beschreibungen von
der gelungenen Auswärtsfahrt zu lesen gewesen, man hätte den guten
"Kumpels Spielern" auf die Schulter geklopft und sich gefreut, sie
getroffen zu haben. Doch die Adler haben verloren, sie haben nicht
schlecht gespielt, aber sie haben verloren. Da sieht das ganze doch
schon anders aus. Nun wird das Bier herbeizitiert, "kein Wunder also,
wenn die nicht treffen". Warum glaubt man nicht den Spielern, die
beteuern, das Foto sei um 20.30 Uhr aufgenommen worden, man sei um 23
Uhr im Hotel gewesen, selbst, wenn Fans jetzt im Internet schreiben,
noch nach Mitternacht Cracks gesehen zu haben? Es ist klar, dass die
Organisation Adler gezwungen ist zu handeln. Es ehrt die
Verantwortlichen, dass sie der Sache nachgehen wollen. Aber man darf
ihnen raten, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Wenn die oberste
Heeresleitung jetzt eine neue Marschroute ausgibt, etwa die, dass die
Cracks in der Öffentlichkeit vor Spielen keinen Alkohol mehr trinken
sollen, vor Auswärtsspielen im Hotel zu bleiben haben, gut und schön,
damit kann man leben, das ist ein Schritt in eine richtige Richtung, um
die -wirklich gute - Organisation Adler würdig zu vertreten. Die
sportliche Leitung wird in einem solchen Falle sicherlich mit ihrem
Beispiel vorangehen, schließlich vertritt auch sie die Adler nach außen
und will ein möglichst positives Bild des Vereins abgeben. Hier
entstünde eine gute Chance, aller Welt zu zeigen, dass die Adler sich
bemühen um einen guten Ruf, wie sie es eigentlich immer getan haben.
Nicht umsonst wird der Verein über den grünen Klee gelobt für seine
Organisation. Eine harte Bestrafung aber wäre sicherlich verfehlt. Von
Profis kann man verlangen, dass sie sich als solche verhalten,
sicherlich, aber solange nicht geklärt ist, wie dieser Abend wirklich
gelaufen ist, muss das Unschuldsprinzip gelten. (Angelika von Bülow)