DEL: Vorschau Viertelfinale - Lockout prägt Playoffs

Keine andere DEL-Spielzeit war in der
Vergangenheit dermaßen von der NHL geprägt wie die Saison 2004/05. Durch das
monatelange Hin und Her in Nordamerika hat sich die DEL rein sportlich
betrachtet in der abgelaufenen Spielzeit mehr denn je zu einer absoluten
Top-Liga entwickelt - dank der ausgefallenen NHL-Saison. Allein 14 Spieler, die
den Weg in die alte Welt ohne eine sich anbahnende Aussperrung in der NHL sicher
nicht gefunden hätten, stehen bei den verbliebenen acht Playoff-Teams unter
Vertrag. Kurioserweise greifen 13 dieser Spieler für vier Teams zum Schläger,
während die anderen vier Teams nur einen einzigen sogenannten Lockout-Spieler
in den eigenen Reihen haben.
Schon vor der Saison galt das Augenmerk einiger Klubs, den sich schon seit
einiger Zeit abzeichnenden Lockout gnadenlos auszunutzen, während andere Teams
ganz bewusst auf eine stabile Mannschaft ohne NHL-Stars setzten. Freilich war
das Zittern bei einigen Klub-Managern groß, als sich im Februar doch noch eine
Einigung zwischen der NHL und der Spielergewerkschaft anbahnte. Vor allem Teams
wie Mannheim und Ingolstadt wären plötzlich von Meisterschaftsfavoriten zu
dezimierten Außenseitern degradiert worden. Aber es kam anders, und der Lockout
bestimmt nun auch die Playoffs der Deutschen Eishockey Liga. Dass dabei einige
Experten von Wettbewerbsverzerrung und einem Schlag ins Gesicht für deutsche
Spieler sprechen, ist nachvollziehbar, ändert aber nichts an der Tatsache, dass
Frankfurt, Mannheim, Ingolstadt und Berlin nun zu den Topfavoriten
gehören.
Zwar hat in der Vergangenheit nicht immer die Mannschaft mit der größten
NHL-Erfahrung auch die Meisterschaft gewonnen, aber die insgesamt 3053
NHL-Spiele von 14 Akteuren der Mannheimer Adler sind in der DEL wohl unerreicht
und reichen aus, um die Kurpfälzer trotz einer mäßigen Vorrunde als Favorit
auf den Titel zu sehen. Aber auch die Frankfurt Lions mit den überragenden Doug
Weight und Stephane Robidas werden überall sehr hoch gehandelt. Gleiches gilt
für die Eisbären Berlin und den ERC Ingolstadt, die ebenso eine ganze Reihe
hochkarätiger NHL-Stars aufs glatte Playoff-Parkett schicken können.
Auf jeden Fall wird es interessant sein, wie sich diese vier mit NHL-Spielern
gespickten Teams im Playoff-Viertelfinale gegen die Außenseiter Hamburg,
Augsburg, Nürnberg und Köln schlagen werden. Im Sinne des Sports wäre es
sicher schön, wenn nicht allein die Lockout-Politik die Meisterschaft
entscheiden würde, aber daran glauben wir nicht.
Hockeyweb-Playoffvorschau 2005:
Frankfurt Lions (1.) – Hamburg Freezers
(8.)
Tor:
Ian Gordon hat in der
letzten Saison, als die Lions Meister wurden, bewiesen, ein bärenstarker Goalie
zu sein.
Hamburg ist mit Boris Rousson und Jean-Sebastien Giguere, dem NHL-Playoff MVP
des Jahres 2003, das wohl am besten besetzte Team der Liga auf dieser Position.
Aber: Rousson zeigte sich wenig begeistert über die späte Verpflichtung des
Ausnahmetorhüters von den Anaheim Mighty Ducks. Zudem war der Wahlkalifornier
Giguere zuletzt angeschlagen und konnte sich daher noch nicht in vergleichbare
Form wie vor knapp zwei Jahren spielen.
Abwehr:
Robidas, Bouchard und Ratchuk – diese drei Namen stehen für geballtes
Offensivvermögen von der blauen Linie. Auch defensiv stehen die Hessen
hervorragend. Nicht zuletzt dank der physisch starken Deutschen Klenner und
Bresagk sowie dem Schweden Magnusson.
Bei den Norddeutschen sind allenfalls Peacock und Van Impe gefährliche
Powerplay-Optionen. Es fehlt es in der Breite an spielstarken Verteidigern.
Angriff:
Das Team von Coach Rich Chernomaz stellt den besten Angriff der Liga. Die
Topreihe Lebeau, Norris und Young erhält durch Beaucage und vor allem
Neuverpflichtung Weight starke Unterstützung. Zwar ist der Ausfall von Hackert
(Schien- und Wadenbeinbruch) schmerzlich. Dennoch sind die Lions stark genug,
dies ohne größere Probleme zu kompensieren – auch weil Center Reichel nach
Sperre wieder mitwirken kann.
Wie in allen Mannschaftsteilen wurden die Freezers vor allem auch in der
Offensivabteilung stark vom Verletzungspech gebeutelt. Lediglich die Neuzugänge
Johnson und Reid, mit Abstrichen auch der Deutsch-Pole Plachta, konnten voll überzeugen.
Zudem gipfelte die schlechte Stimmung unter Trainer Dave King im vorzeitigen
Abschied von Center Jim Dowd, einem bekannt starken Endrundenspieler.
Lockout-Spieler:
Stephane Robidas (Chicago) war defensiv wie offensiv einer der konstantesten und
besten Verteidiger der gesamten DEL. Mit Doug Weight (St. Louis) haben die „Löwen“
nicht nur den in Insiderkreisen als vielleicht besten Vorlagengeben der Welt
angesehenen Spieler verpflichtet. Der Center ist vor allen Dingen eine zusätzliche
und mindestens gleichwertige Scoring-Gefahr zum Topscorer der DEL, Patrick
Lebeau.
Jean-Sebastien Giguere ist zusammen mit Olaf Kölzig namentlich sicher
der bekannteste Torhüter in der Deutschen Eishockey Liga. Eine Verletzung ließ
ihn jedoch bislang für die Freezers nicht zu der gewünschten entscheidenden
Verstärkung werden.
Tipp:
Die Lions werden von den Freezers nicht zu stoppen sein. Das Goalie-Gespann des
Teams von Mike Schmidt ist zweifellos ein Prunkstück, das in der DEL-Geschichte
seines Gleichen sucht. Aber nur bei absoluter Topform wären die großen
Vorteile der Frankfurter gerade in der Offensive auszugleichen. Daher wird der
Meister nicht mehr als ein Spiel an die Hanseaten abgeben und die Serie souverän
gewinnen.
Eisbären Berlin (2.) – Augsburger Panther (7.)
Tor:
Mit Olaf Kölzig steht ein Weltklasse-Torhüter im Tor der Hauptstädter, der
bei seinem Gastspiel in der DEL bislang voll überzeugen konnte. Oliver Jonas
als Edel-Backup komplettiert das „bären“starke Goalie-Duo.
Bei den Schwaben machte Jean-Francois Labbé die Formschwankungen seines
Teams in der Saison nur teilweise mit. Denn der Frankokanadier war mit starken
Leistungen mit dafür verantwortlich, dass der Rückstand auf einen
Playoff-Platz nie zu groß wurde. Am Ende war Labbé zudem ein Hauptgarant im
beeindruckenden Schlussspurt der Panther auf Tabellenrang sieben.
Abwehr:
Die Defensive ist vielleicht die einzige Achillesferse bei den Berlinern. Von
den hochgehandelten Neuzugängen Derrick Walser und Shawn Heins hatte man sich
in Hohenschönhausen mehr erwartet als nur viele Strafzeiten und ab und an mal
einen Scorerpunkt, auch wenn sich beide im Saisonverlauf steigerten. Ricard
Perssons Karriereende rückt spürbar näher und mit Nationalspieler Rob Leask fällt
ein wichtiger Spieler womöglich bis zum Saisonende aus. Zumindest die
Vorleistungen von Micki Dupont und NHL-Import Nathan Dempsey versprechen
konstant gute Leistungen in Defensive wie Offensive.
Auch beim AEV zählt die Abwehr, die mit 154 Gegentreffer die meisten
aller Playoff-Teilnehmer zuließ, zu den Schwachpunkten. Offensiv sorgen Oldie
John Miner und der während der Saison akquirierte Rich Brennan, der sofort zu
einem Schlüsselspieler avancierte, für Torgefahr im Powerplay. Im
Abwehrverhalten offenbarte die Defensivabteilung aber gerade gegen schnelle und
technisch starke Gegner, wie es sie zahlreich im Eisbären-Kader gibt,
erhebliche Probleme.
Angriff:
Der Sturm ist das Prunkstück der Pagé-Schützlinge. Ausgeglichen besetzt,
stechen nur Kapitän und Topscorer Steve Walker mit 46 Punkten sowie Denis
Pederson mit den meisten erzielten Treffern (19) aus dem starken
Angriffskollektiv hervor. Mit hohem Tempo und technisch versiertem Spiel üben
die Eisbären meist über die vollen 60 Minuten viel Druck auf ihre Gegner aus.
Die Panther haben einen ordentlich besetzten Angriff. Trotz zahlreicher
personeller Veränderungen unmittelbar vor und auch Problemen mit Verletzungen während
der Saison, gelang es Head Coach Benoit Laporte, den AEV-Sturm mit 150 erzielten
Toren zum ligaweit fünftbesten zu machen. Vor allem von Francois Methot, Shawn
Carter, Francois Fortier und Ronny Arendt geht im gegnerischen Angriffsdrittel
ständig Gefahr aus.
Lockout-Spieler:
Nationalkeeper Olaf Kölzigs Erfahrung aus 544 regulären Saison- und 39
Playoff-Spielen für Washington in der NHL spricht für sich. 1999-2000 gewann
er die Vezina Trophy für den NHL-Torhüter mit den wenigsten zugelassen
Gegentreffern. Verteidiger Dempsey vom „großen Anschütz-Bruderteam“ Los
Angeles Kings steht für solides Defensivspiel und überdurchschnittliche
Blueliner-Fähigkeiten. Erik Cole, offiziell mit Vertrag für die komplette
Saison ausgestattet, aber noch mit Kontrakt in Carolina, hatte zu Beginn der
Saison Umstellungsprobleme. Gerade in der Endrunde könnte der physisch starke
Außenstürmer aber zu einem entscheidenden Faktor werden.
Wie Köln und Nürnberg haben die Augsburger keine Lockout-Profis unter
Vertrag genommen.
Tipp:
Die Eisbären sind der klare Favorit. Drei Lockout-Spieler stehen deren Null auf
Seiten der Panther gegenüber. Das Team von Pierre Pagé wird die Lücken in der
Augsburger Hintermannschaft mit druckvollem Offensivspiel ausnutzen und in
maximal sechs Spielen ohne große Probleme ins Halbfinale einziehen. Nur wenn
die Euphorie über den Playoff-Einzug – der zum Jahreswechsel schon
abgeschrieben schien – das Team von Benoit Laporte zu außergewöhnlichen
Leistungen stimulieren kann, ist vielleicht mehr möglich.
Nürnberg Ice Tigers (3.) - Adler Mannheim (6.)
Tor:
Neben Hamburg verfügen die Mannheimer Adler wohl über das beste
Torhüter-Duo der Liga. Neben dem anfangs verletzten Steve Passmore gelang
Manager Marcus Kuhl der Geniestreich Christobal Huet von den Los Angeles Kings
zu verpflichten. Der 29-jährige Franzose avancierte sofort zu einem der besten
Goalies in der DEL und verfügt auch über ausreichend Playoff-Erfahrung durch
seine vier Jahre in Lugano. Dazu steht mit Passmore ein Mann zur Verfügung, der
ebenfalls auf reichlich Erfahrung - auch in der NHL - zurückblicken kann.
Dem können die Nürnberger nur eine Wundertüte entgegensetzen. Bei Adam
Svoboda ist alles möglich, wie der Verlauf der bisherigen gezeigt hat. Von
Weltklasse bis Durchschnitt reichte die Palette seiner Leistungen. Viel wird
davon abhängen wie konstant der Tscheche sich präsentieren wird. Dass er das
Potenzial hat, die Ice Tigers auch in den Playoffs weit zu führen, steht außer
Frage. Als zweiter Mann steht der gänzlich unerfahrene Lukas Lang -
18-jähriger Sohn der Krefelder Torwart-Legende Karel Lang - zur Verfügung. Zur
Sicherheit wird daher noch Kay Whitmore am nächsten Wochenende nach Nürnberg
kommen. Der 37-jährige ist allerdings seit drei Jahren inaktiv und fungiert
derzeit als Torwarttrainer in einer kanadischen Juniorenliga.
Abwehr:
Zu wenig kam im Verlauf der bisherigen Saison von den Verteidigern der
Adler. Insgesamt nur acht Powerplaytreffer erzielten die hochgelobten Blueliner
in den 52 Vorrundenspielern. Auch Andy Delmore konnte seinen Vorschusslorbeeren
nicht gerecht werden. Zwar ist die Defensivabteilung der Adler sehr erfahren,
aber es fehlt ein richtiger Leader, der sowohl defensiv als auch offensiv
Akzente setzen kann. Auch der nachverpflichtete Tremblay blieb diesen Beweis
bisher noch schuldig. Vor allem die NHL-erfahrenen Butenschön und Joseph
konnten die Erwartungen nicht erfüllen und standen oftmals im Mittelpunkt
der Kritik.
Einen richtigen Leader können die Ice Tigers aufbieten. Mit Pascal Trepanier
gelang Manager Otto Sykora ein wahrer Transfercoup. Der im vergangenen Jahr noch
mit einer verheerenden Plus/Minus-Bilanz ausgestattete Franko-Kanadier wurde in
seinem ersten DEL-Jahr gleich zu einem Superstar. Mit seinen 15 Toren und 39
Assists scorte er sogar mehr als jeder Stürmer der Adler. Vor allem auch im
Powerplay - zusammen mit seinem Partner Lasse Kopitz erzielte er 16
Überzahltreffer - wird seine Ruhe und Spielübersicht immer wieder deutlich.
Oldie Sekeras gilt als Mann mit starken Nerven und sollte zusammen mit Schauer
in der Lage sein, die erste Reihe zu entlasten.
Angriff:
Hier gilt es vor allem einen Namen zu nennen: Jochen Hecht führte die Adler
konstant durch die Saison. In seiner Heimatstadt ließ sich der 27-jährige
Buffalo-Stürmer nie hängen und zeigte im Gegensatz zu manch einem seiner
Kollegen stets eine vorbildliche Einstellung. Zudem wurde Hecht Topscorer der
Adler. Aber auch die "alten" Adler Edgerton und Corbet wussten wie in
der Vergangenhit zu gefallen. Problematischer sieht es dagegen mit den
undisziplinierten Neuzugängen Kelly, Healey und Tripp aus, die allesamt ihr
erhofftes Potenzial nie konstant zeigten und zu oft auf der Strafbank saßen. Ob
dieses Trio den Schalter in den Playoffs umlegen kann, wird sich zeigen müssen.
Ein wenig Pech hatten die Adler mit der Verpflichtung von Thomas Greilinger. Der
Jungstar mit großem Talent kam im Tausch gegen Tomas Martinec vor der Saison
aus Nürnberg, war aber zu oft verletzt und vor allem nie richtig fit.
Mit 188 Treffern gelangen den Ice Tigers sogar noch neun Tore mehr als im
Vorjahr. Eigentlich ohne den ganz großen Star im Angriff, erzielten die
Nürnberger durch ein starkes Kollektiv zum zweiten Mal in Folge die
zweitmeisten Tore in der Vorrunde. Überraschend zum Topscorer wurde dabei Yan
Stastny, der mit seinen 22 Jahren vor dem Sprung in die NHL steht. Aber auch
Tapper, Vasiljevs und Fical zeigten mehr als man eigentlich von ihnen erwartet
hatte. Zudem waren die Nürnberger Stürmer mit 67 Überzahltoren auch mit einem
Mann mehr sehr erfolgreich. Greg Poss kann drei ausgeglichene und
torgefährliche Reihen ins Rennen schicken, die sich in punkto Technik und
Schnelligkeit hinter niemand verstecken brauchen, aber desöfteren Probleme mit
physisch starken Gegnern hatten.
Lockout-Spieler:
Wie bereits erwähnt waren Jochen Hecht und Christobal Huet absolute
Leitfiguren in einer für den Anspruch in Mannheim bescheidenen Vorrunde.
Enttäuschend war dagegen der Auftritt von Sven Butenschön, der wohl auf der
kleinen nordamerikanischen Eisfläche besser aufgehoben ist. Yannick Tremblay -
fast 400 NHL-Spiele für Toronto und Atlanta - hat erst 14 Spiele für die Adler
bestritten. Gerade in den Playoffs sind diese Spieler aber sicher in der Lage
noch eine Schippe draufzulegen und zu beweisen, warum sie in der besten Liga der
Welt unter Vertrag sind.
Nürnberg verzichtete schon von Beginn der Saison an auf Lockout-Spieler. An der
Deadline konnte aus finanziellen Gründen nicht mehr nachgelegt werden.
Tipp:
Auch wenn in Mannheim derzeit kaum jemand daran glaubt, aber allein aufgrund
der Namen und der NHL-Erfahrung gelten die Adler als Favorit. Zwar war man in
dieser Saison im Friedrichspark nur selten zufrieden, aber der Truppe von
Stephane Richer ist eine deutliche Leistungssteigerung zuzutrauen. "Namen
machen noch keine Mannschaft", setzt Nürnbergs Trainer Greg Poss dagegen
und verweist mit Recht auf die tolle Kameradschaft in seiner Truppe, die zudem
das jüngste, aber wohl auch unerfahrenste Team der Liga stellt. Raufen sich die
Adler zusammen und zeigen ihr ganzes Potenzial, winkt das Halbfinale. Sollte
sich die Vorrundenstimmung fortsetzen und einige Spieler schon auf gepackten
Koffern sitzen, geht die Serie an die Ice Tigers, die seit 1999 nicht mehr im
Halbfinale standen. Mitentscheidend könnten in diesem Duell die
Schiedsrichterleistungen werden, da die "special teams" der Ice Tigers
bisher sehr effektiv agierten, während die Adler vor allem in Überzahl nur
durchschnittlich waren.
Kölner Haie (4.) - ERC Ingolstadt (5.)
Tor:
Wie fit ist Jimmy Waite? Die Antwort dieser Frage dürfte mitentscheidend
für das Playoff-Abschneiden der Ingolstädter sein. Zwar spielt der Topkeeper
nach seiner Knieoperation seit zwei Wochen wieder, aber niemand weiß, ob und
wann Waite wieder zu der Form findet, die im letzten Jahr vor allem die
Nürnberg Ice Tigers im Viertelfinale verzweifeln ließ. Umso überraschender
war es als Manager Stefan Wagner am Transferende keinen weiteren erfahrenen
Keeper verpflichtete. Mit Karg, Vollmer und Hipke stehen zwar talentierte junge
deutsche Back-ups zur Verfügung, die ihre Stärken schon gezeigt haben, aber
trotzdem mit einer ganzen Playoff-Runde sicher überfordert wären.
In Köln steht und fällt die Saison mit Chris Rogles. Der 36-jährige
Amerikaner erlebt derzeit seinen x-ten Frühling und zeigte während der Saison
konstant gute Leistungen. Als etwas leistungshemmend könnte sich auswirken,
dass derzeit noch nicht geklärt ist, ob er in Köln einen neuen Vertrag
erhält. Seine größte Schwäche ist das Penaltyschießen, nur selten konnte
Rogles hier gewinnen. Dabei wurde er auch einige Male durch Back-up Thomas
Greiss ersetzt.
Abwehr:
Auch hier ist die Schwere einer Verletzung derzeit das wichtigste Thema in
Ingolstadt. Topscorer und Superstar Jakub Ficenec laboriert an einer
Handverletzung, wobei niemand weiß, wie schwer diese wirklich ist. In den
letzten Saisonspielen konnte der Tscheche jedenfalls nicht eingesetzt werden.
Der Rest der Panther-Defensivabteilung agierte bisher weitaus weniger auffällig
als Ficenec. Neuzugang Chris Armstrong blieb hinter den Erwartungen zurück, die
man nach seinem letzten DEL-Gastspiel an ihn hatte. Dennoch ist vor allem
defensiv betrachtet die Abwehr - gestützt auf einen gesunden Waite - eine der
Stärken der Oberbayern. Dazu kam im Februar noch Aaron Ward, der mit der
Erfahrung aus über 500 NHL-Spielen, noch weiter zur Stabilisierung beitragen
wird und auch Ficenec ein wenig entlasten kann. Mit Sutton, Burym und v.
Stefenelli stehen außerdem weitere solide Defensivarbeiter zur
Verfügung.
In Köln heißt der Mann der Saison Stephane Julien. Der Ex-Ingolstädter
avancierte in seiner ersten Saison für die Haie zum Powerplay-Monster. 15
seiner 18 Treffer erzielte er bei personeller Überlegenheit. Vor allem nach dem
Kreuzbandriss von Brad Schlegel übernahm Julien Verantwortung und war ein
wichtiger Faktor für die Haie. Da Schlegel sich direkt nach seinem Comeback
wieder am Knie verletzte, kommt auch in den Playoffs auf Julien viel Eiszeit zu.
Trotzdem hofft man in Köln, dass Schlegel in dieser Saison noch einmal zum
Schläger greifen kann. Mit Mirko Lüdemann haben die Haie aber noch einen
Verteidiger in den eigenen Reihen, der ein Spiel entscheiden kann, was er in der
Vergangenheit schon öfter bewiesen hat. Coleman, Björnlie, Renz und Traynor
gehören mehr in die Kategorie Arbeiter. Schon fast traditionell kassierten die
Haie die wenigsten Gegentreffer der Liga, ein Verdienst des stets defensiv
ausgerichteten Spielsystems von Hans Zach.
Angriff:
Marco Sturm und Andy McDonald hießen in dieser Saison immer wieder die Garanten
für Ingolstädter Erfolge. Beide Ausnahmespieler trugen viel Last und
Verantwortung auf ihren Schultern. Dies wird in den Playoffs nicht anders sein,
obwohl mit Jamie Langenbrunner hochkarätige Unterstützung verpflichtet wurde.
Allerdings konnte der ehemalige Stanley-Cup Sieger bisher nicht überzeugen und
erst zwei Treffer erzielen. Als wichtiger Faktor ist noch Cameron Mann zu
nennen, der auch die Klasse hat, ein Playoff-Spiel alleine zu entscheiden.
Dahinter stehen mit Jiranek, Harder, Oswald, Goodall, Mondt und Ferguson zwar
durchaus brauchbare aber eine Klasse niedriger anzusiedelnde Akteure im Kader.
Abzuwarten bleibt auch was Doug Ast nach zwei langwierigen Verletzungen zu
leisten im Stande ist.
Bei den Haien hängt sehr viel von der ersten Sturmreihe, der "Oldie-Reihe
mit McLlwain, Hicks und Roy, ab. Die drei Veteranen, die zusammen 108 Jahre aufs
Eis bringen, erzielten 118 Scorerpunkte und waren somit an einem Großteil der
Haietreffer beteiligt. Aber auch das deutsche Trio Lewandowski, Furchner, Boos
braucht sich hinter den großen "Drei" nicht verstecken: 104 Punkte
war die Ausbeute dieser Formation. Insgesamt verlief die erste Saisonhälfte
wesentlich besser und erfolgreicher für die Haie, die zuletzt ein wenig aus dem
Tritt gekommen sind.
Lockout-Spieler:
Sollte Ingolstadt mit seinen NHL-Stars Sturm, McDonald, Ward und
Langenbrunner im Viertelfinale scheitern, hat Manager Wagner auf die falsche
Karte gesetzt, sprang doch im Vorjahr mit einer auf dem Papier deutlich
schwächeren Mannschaft das Halbfinale heraus.
Köln verzichtete wie Augsburg und Nürnberg gänzlich auf Verstärkungen aus
der NHL. Zum Transferschluss wurde mit Marquis Mathieu ein Spieler aus der einer
unteren Liga verpflichtet.
Tipp:
Sollten wie so oft in den Playoffs die "special teams" den
Ausschlag geben, spricht einiges für die Haie, deren Bilanzen weitaus
effektiver waren als die der Ingolstädter. Überhaupt überraschen die
schlechten Statistiken des ERCI: In Überzahl rangiert die Truppe von Ron
Kennedy nur auf Platz 12, in Unterzahl auf Platz 10. Die Haie konnten sich
dagegen in beiden Kategorien auf dem dritten Platz behaupten. Aber, mit
den Playoffs beginnt eine neue Saison und auch eine neue Statistik. Wie bei
Mannheim und Berlin gilt vor allem auch für Ingolstadt, die Qualität der
NHL-Spieler wird sich durchsetzen, wenn alles "normal" verläuft.