DEL-Finale Eisbären gegen Adler: Endlich geht´s los!
DEL: Eisbären bleiben spitze - Ingolstadt gewinnt in MannheimHeute Abend um
19.30 Uhr wird im längst ausverkauften Hohenschönhausener Wellblechpalast die
Luft brennen, wenn der EHC Eisbären die Mannheimer Adler zum ersten Tanz um die
deutsche Eishockeymeisterschaft 2005 bitten wird! Bevor Hauptschiedsrichter
Roland Aumüller den Puck zum ersten Bully einwirft, spielt Bernd Römer,
Gitarrist der Gruppe KARAT ("Über sieben Brücken"), die deutsche
Nationalhymne.
Beide Teams haben sich nach einer langen Punkterunde und in zum Teil
hochdramatischen Playoff-Serien gegen starke Konkurrenz durchgesetzt. Wie
Hockeyweb jüngst auflistete, fällt die Playoff-Bilanz der Berliner gegen die
Mannheimer allerdings nicht sonderlich gut aus. Alle bisher gespielten drei
Serien gewann der vierfache DEL-Meister jeweils mit 3:1 Siegen. Zahlen, die
dieser Tage im Sportforum kaum jemanden berühren. Was zählt, ist ausschließlich
das Hier und Jetzt. Von Zoff hinter den Eisbären-Kulissen war so auch beim
Donnerstagstraining wenig zu spüren. Torhüter Oliver Jonas hatte vorgestern
mit einem Interview in der Berliner Morgenpost noch für einigen Aufruhr gesorgt
(Hockeyweb berichtete). Der Stimmung im Team scheint das jedoch keinen Abbruch
zu tun, wohin man schaut oder hört – allenthalben konzentrierte
Entschlossenheit. Wirkt sich das Reizklima vielleicht sogar leistungsfördernd
aus?
Auch beide Fanlager stimmten sich auf die Finalserie ein. Statistiken wurden gewälzt,
die Historie bemüht und die Vorzüge des eigenen Teams mit denen des Gegners
abgewogen. Das Ergebnis lautet mehrheitlich „Fifty-Fifty“. Die Erwartungen
und Ansprüche sind hoch, sehr hoch, hüben wie drüben. Sicher auch deshalb,
weil weder Adler- noch Eisbären-Cracks während der Punkterunde mit letzter
Konsequenz um das bedingungslose Vertrauen ihrer Fans warben. Das Wörtchen
„Verarsche“ gehörte bis kurz vor Beginn der Playoffs zum festen Wortschatz
der Anhängerschaften. Schnee von gestern. Da beide Teams schlussendlich die
Endspiele erreichten, können sie nicht allzu viel falsch gemacht haben.
Wenn sich Adler-
und Eisbärenfans auch im Vorfeld mit ganz ähnlichen Dingen beschäftigten,
verbindet sie dennoch keine innigliche Freundschaft, bestenfalls schon eine
leidenschaftlich gepflegte Hassliebe. Das rührt nicht zuletzt daher, weil die
EHC-Fans nach dem „Ableben“ des Ortsnachbarn Berlin Capitals in den Adlern
einen würdigen Ersatz-Erzrivalen fanden. Als Tochter oder Sohn Mannheims
echauffiert man sich seinerseits mit Inbrunst über die von den EHC-Fans gern
zur Schau getragenen Insignien der Vorwendezeit. Zwar
sind freundschaftliche Bindungen zwischen Adler- und Eisbärenfans längst keine
Einzelerscheinungen mehr, in der Masse allerdings kommt man dennoch eher selten
(miteinander) ins Gespräch, sodass Vorurteile und Missverständnisse wohl ewig
für ein unterkühltes Verhältnis sorgen werden. Man konnte fast darauf warten,
bis im offiziellen Internet-Fanboard der Mannheimer Gerüchte auftauchten,
wonach sich zum Spiel am kommenden Sonntag im altehrwürdigen Friedrichspark
1800 (!) Hooligans aus Berlin angesagt hätten. Wäre dies tatsächlich so,
herrschte in der Düsseldorfer Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS)
wohl schon längst Alarmstufe Rot! Hieße das doch nicht weniger, als dass sich
gut ein Viertel seiner wegen einschlägiger Vergehen registrierten
„Kundschaft“ (bundesweit insgesamt 6800) statt König Fußball plötzlich
dem Eishockey für ihre fragwürdigen Aktivitäten zuwenden würde. Des weiteren
gibt es auch keine belegbaren Erkenntnisse darüber, dass sich die Tifosi von
Inter Mailand nach den Vorkommnissen in der Champions League auf der Suche nach
einem neuen Wirkungskreis in die Quadratestadt verirren könnten. Da all das dem
Vernehmen nach nicht der Fall ist, kann man sich also beiderseits gelassen, aber
natürlich in gespannter Vorfreude, der bevorstehenden sportlichen
Auseinandersetzung zweier Spitzenteams des deutschen Eishockeys widmen. „Leben
und leben lassen!“, wäre insofern statt unangebrachter Hysterie nicht das
schlechteste Motto für den Umgang miteinander. Dummschwätzern und
Aufpeitschern wäre so jedenfalls jeglicher Nährboden entzogen.
Zwischen den Mannschaften gibt es indes durchaus namhafte Verknüpfungen.
Ex-Eisbär Nico Pyka etwa freut sich auf die Begegnung mit seinen ehemaligen
Kollegen. Besonders aber auf Kumpel Sven Felski, der alle zwölf
Playoff-Begegnungen gegen die Adler mitbestritt. Beide standen noch gemeinsam im
Eisbären-Trikot auf dem Eis, als die Berliner in der Saison 2001/ 02 nach einer
zweijährigen Durststrecke ohne Playoff-Teilnahme im Viertelfinale an den Adlern
scheiterten. Ob sich Stefan Ustorf wirklich freut, sei dahingestellt: Er
wechselte erst vor der aktuellen Spielerzeit via Krefeld in die Hauptstadt und
war seinerzeit noch auf der Gegenseite aktiv.
Traurig wird
derzeit Jung-Eisbär Christoph Gawlik sein, der sich in den DNL-Playoffs eine Fußverletzung
zuzog. In Mannheim schnupperte der rothaarige Irrwisch erste DEL-Luft.
Einer aber wird
noch einmal das alte Eichbaum-Eisstadion betreten, bevor dieses in Ruhestand
versetzt wird: Youri Ziffzer, wegen der Knieverletzung von NHL-Star Olaf Kölzig
in der Finalserie Backup von Oliver Jonas, trug wie Gawlik im Vorjahr noch das
Adler-Trikot. Und in der kommenden Saison, so pfeifen es seit kurzem die „berühmten
Spatzen“ von den Dächern Mannheims und Berlins, wird Stürmer John Tripp die
Adler wohl ebenfalls in Richtung Eisbären verlassen. Ob er als Meister zum
Vizemeister wechselt, oder anders herum, wird ab heute in maximal fünf Spielen
geklärt.
Nicht immer stand ein Finale um die Deutsche Eishockeymeisterschaft unter solch
ausgeglichenen Vorzeichen wie jetzt, die Garantie auf rassiges Eishockey scheint
geradezu inbegriffen. Aufeinandertreffen zwischen Adlern und Eisbären sind seit
längerem eine attraktive Angelegenheit. Doch nun genug der langen Vorreden, Stärken
und Schwächen der Finalteilnehmer wurden hinreichend diskutiert: Es ist
angerichtet! Mögen die Spiele beginnen und der Bessere gewinnen! (mac/ ovk)