Das Ende der Dominanz?Eisbären Berlin
„Alle sagen, wir seien die Besten. Das stimmt nicht, wir sind Vierter in der Tabelle“, stellte Chefcoach Don Jackson in der Pressekonferenz nach dem Heimerfolg über die Freezers die Dinge vom Kopf auf die Füße. Der Realitätssinn ist bei den Eisbären offenbar größer, als es außerhalb Berlins wohl gemeinhin angenommen wird. Für Jackson war es scheinbar an der Zeit, in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen. Denn egal ob seine Mannschaft, gegen wen auch immer, gerade gewonnen oder verloren hatte, dieser Satz vom angeblich „besten Team der Liga“ musste er sich zuletzt immer wieder von seinen Kollegen anhören. Diese auf die Eisbären bezogene Qualitätsbeschreibung entlarvte Jackson als das, was sie dem bisherigen Saisonverlauf nach ist: als eine selten belastbare Floskel.
Die Eisbären, sechsfacher Champion hin oder her, stecken in einer Umbruchphase, sind auf der Suche nach einer neuen spielerischen Identität. Die gestaltet sich aus den unterschiedlichsten Gründen schwierig. Das Ausscheiden zu vieler Spieler mit nicht nur auf dem Eis herausragenden Fähigkeiten in kurzer Zeit, ist nur einer davon. Die in der Hauptstadt allzu weit verbreitete Erwartung, dass ohne die Walkers, Pedersons, Ustorfs, Felskis, Regehrs und Walsers dennoch einfach alles ohne spürbaren Übergang weitergeht wie bisher, ein anderer. Stattdessen hebt in der Öffentlichkeit von merkwürdiger Überraschung getriebene Kritik an, in der die Begriffe Krise und Stagnation häufig Anwendung finden
Wem die Verantwortlichen um Sportchef Peter John Lee die Übernahme tragender Rollen zutrauen, wurde durch die Benennung der Nationalspieler André Rankel zum Kapitän und Frank Hördler zu einem seiner Assistenten klar signalisiert. Im Interview mit dem Fanzine „Eis-Dynamo“ sagt Rankel: „Wir sind eine junge Mannschaft, da passieren Fehler. Manchmal ist es eine Frage des Selbstbewusstseins, manchmal der Konzentration. Daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, darauf kommt es an. Jeder auf dem Eis muss Verantwortung übernehmen und seinen Job hundertprozentig erledigen. Es ist nicht an ein oder zwei Personen festzumachen, die über allem stehen. Die Mannschaft zählt, das finde ich wichtig!“
Eine weitere Sichtweise bietet sich durchaus an: Der sportliche Erfolg der Eisbären in den zurückliegenden Jahren stellte sich nicht mir nichts dir nichts, gar per glücklichem Zufall ein. Er ist begründet auf einer gewissen Philosophie, aus der eine recht konsequent verfolgte Strategie resultiert, die eine Mannschaft aus talentierten jungen deutschen, stabilisiert durch erfahrene und sehr gute ausländische Spieler entstehen ließ. Die jungen Talente konnten an der Seite der gestandenen Akteure reifen, befinden sich heute im besten Sportleralter und müssen nun noch die Fähigkeit nachweisen, Verantwortung zu übernehmen, den Druck auszuhalten, der auf jeder ambitionierten Mannschaft in jeder Sportart lastet und dabei so erfolgreich wie möglich zu sein. Es soll Beispiele geben, wo das per Fingerschnips funktionierte. In der Regel aber ist auch das ein Prozess, der seine Zeit braucht, bis sich Stabilität und Konstanz vollends wieder einstellen. „Wir müssen heute für einen Sieg über die vollen sechzig Spielminuten härter arbeiten als früher, knallen die Gegner nicht mehr einfach so mit zehn, elf Toren weg“, konkretisierte Florian Busch seine Aussage zur Lage der Eisbären. Sicher eine der richtigen Schlussfolgerungen, wie sie auch sein Kapitän definierte: „Harte Arbeit als Mittel, um zurück in die Spur zu finden."
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