Das 1:0 und seine Wichtigkeit - Weder Mythos noch Sage, sondern Realität

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Und denkt daran, das erste Tor ist besonders wichtig!“ Welcher Spieler hat
diese Aussage auf dem Weg von der Garderobe in Richtung Eisfläche von seinen
Trainern nicht schon zigmal als letzten wichtigen Hinweis mit in das Spiel
genommen. Und Hand aufs Herz: Wer hat an diesem scheinbar ewiggestrigen Tipp
nicht auch schon ernsthafte Zweifel gehegt? Zweifel, die auf den ersten Blick
scheinbar auch berechtigt sind. Denn als rational denkender Mensch ist man sich
bewusst, dass in den meisten Eishockeyspielen (im Gegensatz zum Fußball) die
beteiligten Mannschaften je zumindest zwei Torfolge erzielen und deswegen die
Bedeutung des 1:0 entscheidend abgeschwächt wird. Gehört die Wichtigkeit des
1:0 deswegen ins Reich der Sagen und Mythen?
Die von Slapshot in Auftrag gegebene und von UK HOCKEY Statistik durchgeführte
Untersuchung der ersten Tore des Spiels während der NLA-Qualifikation
1999/2000, brachte erstaunliche und verblüffende Ergebnisse. Wie aber sehen die
Zahlen im Vergleich zur DEL aus?Diese Auswertung bezieht sich zunächst auf die
abgelaufene Saison 2003 / 2004.
Spielzeit 2003 / 2004
Von den insgesamt 403 Spielen der DEL (Vorrunde und Play-Off sowie Play-Down )
wurde ein Spiel Hannover – Nürnberg am „grünen Tisch“ zu Gunsten der Nürnberg
Ice Tigers entschieden. Zwei Spiele wurden durch Penaltyschießen nach dem
Ablauf der regulären Spielzeit von 3 x 20 Minuten entschieden. Ein Tor war bis
dato nicht gefallen. In beiden Spielen waren die Hamburg Freezers beteiligt.
09.09.2003 Hamburg Freezers – Nürnberg Ice Tigers 1:0
27.02.2004 Adler Mannheim – Hamburg Freezers 0:1
400 Spiele begannen also zu welchem Zeitpunkt auch immer mit einem 1:0.
Wer schoss wie häufig das erste Tor?
Rang
Mannschaft
Spiele
1:0-Führungstor
Im
Schnitt
1.
Nürnberg IT
58
36
62,1
2. Eisbären Berlin
63
39
61,9
3. Kölner Haie
58
32
55,1
4. Adler Mannheim
58
32
55,1
5. Hamburg Freezers
63
33
52,3
6. Augsburg Panters
52
27
51,9
7. Düsseldorfer EG
56
28
50,0
8. Frankfurt Lions
67
33
49,2
9. Krefeld Pinguine
52
25
48,0
10. ERC Ingolstadt
61
29
47,5
11. Hannover Scorp.
57
25
43,8
12. Iserlohn Roost.
52
22
42,3
13. Wölfe Freiburg
57
21
36,8
14. Kassel Huskies
52
18
34,6
Wer erhielt wie häufig das 0:1?
Rang
Mannschaft
Spiele
0:1-Rückstand
Im
Schnitt
1.
Nürnberg IT
58
20
34,4
2.
Eisbären Berlin
63
24
38,0
3.
Adler Mannheim
58
25
43,1
4.
Hamburg Freezers
63
28
44,4
5.
Kölner Haie
58
26
44,8
6.
Augsburg Panters
52
25
48,0
7.
Düsseldorfer EG
56
28
50,0
8.
Frankfurt Lions
67
34
50,7
9.
Krefeld Pinguine
52
27
51,9
10.
ERC Ingolstadt
61
32
52,4
11.
Hannover Scorp.
57
31
54,3
12.
Iserlohn Roost.
52
30
57,6
13.
Wölfe Freiburg
57
36
63,1
14.
Kassel Huskies
52
34
65,3
Wie nicht anders erwartet, fällt das 1:0 am meisten im ersten Drittel.
Insgesamt 345 Mal wurde der 1:0-Führungstreffer in den ersten zwanzig
Spielminuten erzielt. Im zweiten Drittel fiel das 1:0 insgesamt 45 Mal. Um in
den Genuss eines Torerfolges zu kommen, mussten sich die Zuschauer schon neunmal
bis ins dritte Drittel hinein gedulden. Das späteste 1:0 in der Vorrunde war
Greg Leeb von den Nürnberg Ice Tigers vorbehalten, er traf am 11.1.04 im
Heimspiel gegen Mannheim nach 56:02 Minuten. Gute Nerven brauchten die Akteure
und Zuschauer beim Play – Off Viertelfinale am 19.3.04 bei der Partie Hamburg
Freezers gegen die Adler Mannheim. Nach 70:17 gelang Andy Roach von den Adlern
der alles entscheidende Treffer.
1.
Drittel
Tore
345
86,4
%
2.
Drittel
Tore
45
11,2
%
3.
Drittel
Tore
9
2,2
%
Von der ersten
bis zur sechsten Spielminute fielen 172 Tore
Da wie bereits aufgeführt nicht weniger als 345 1:0-Führungstore
im ersten Drittel erzielt wurden, lohnt sich ein zweiter, genauerer Blick auf
die Toreröffnungen des ersten Drittels. Dabei ragt der Zeitraum zweite bis 4.
Spielminute hervor. 20,2 % aller Tore fielen in diesem Zeitraum. Bemerkenswert
in diesem Zeitraum versuchen sich die Mannschaften einen vielleicht schon
gewissen Bonus für die ganze Partie zu erarbeiten. Jedoch geht es ab der
Drittelhälfte rapide ab mit den Bemühungen der 1:0-Führung, abgesehen von
einer leichten Erhöhung in den beiden letzten Spielminuten.
Zeitraum
Tore
Zeitraum
Tore
00:01 – 01:59
53
(15,3 % )
02:00 – 03:59
70
( 20,2 % )
04:00
– 05:59
49
(14,2 % )
06:00 – 07:59
37
( 10,7 % )
08:00
– 09:59
43
( 12,4 % )
10:00 – 11:59
22
( 6,3 % )
12:00
– 13:59
21
( 6,0 % )
14:00 – 15:59
17
( 4,9 % )
16:00
– 17:59
15
( 4,3 % )
18:00 – 20:00
18
( 5,2 % )
Fast 50 % der Tore (172 ) im ersten Drittel fielen in den ersten sechs
Spielminuten.
Kein „Betonhockey“
Wer nun denkt, dass die ersten Tore des Spiels meistens nur
in Powerplaysituationen erzielt werden konnten, weil am Anfang des Spiels die
(noch frischen) taktischen Anordnungen im defensiven Bereich von den Spielern
derart gut umgesetzt wurden, so dass in numerischer Gleichzahl kaum Tore
entstehen konnten; der irrt sich. Erstaunlicherweise fielen die meisten ersten
Tore nicht in Überzahlsituationen (152) sondern in numerischer Gleichzahl
(225). Immerhin fielen 23 Tore bei Unterzahlspielen. Diese Zahlen weisen darauf
hin, dass nur wenige Trainer mit einem defensiven „Betonhockey“ zum Erfolg
kommen wollten, sondern ihre Spieler in jedem Spiel von Anfang an mehrheitlich
offensiv spielen ließen. Das Risiko eines frühen Gegentreffers nahmen die
Coaches dabei bewusst in Kauf, da sie mit ihrer offensiven Spielanlage
offensichtlich darauf spekulierten, dass vielmehr ihre eigne Mannschaft schnell
in Führung gehen würde.
Gleichzahl
Überzahl
Unterzahl
225
Tore ( 56 % )
152
Tore ( 38 % )
23
Tore ( 6 % )
Die Wichtigkeit des
ersten Tores
Welcher Mannschaft das erste Tor gelang, war nicht
unwesentlich und ziemlich häufig sogar von entscheidender Bedeutung. In 254
Spielen (entspricht 64 % aller Spiele, in denen Tore erzielt wurden) gewann
diejenige Mannschaft, der das 1:0 gelungen war, nämlich auch das Spiel. Wobei
eine Unterscheidung der Siege der Heimmannschaften (171 / 43 %) und der Auswärtssiege
(83 / 21 %) nicht ungeachtet bleiben soll. Insgesamt
64 Mal (oder in 16 % aller Spiele) rettete das mit 1:0 in Führung gegangene
Team zumindest noch einen Punktgewinn und schaffte eine Spielentscheidung durch
Penaltyschießen. Insgesamt 82 Mal (21 %) verlor ein DEL-Team in einem solchen
Fall noch das Spiel. Die Aussage der Trainer, dass das erste Tor enorm wichtig
sei, wird damit auch statistisch untermauert und hat sich auf diese DEL-Saison
bezogen zunächst einmal bewahrheitet.
Die Gründe, weshalb dem 1:0 eine derart wichtige Rolle
zukommt, liegen fast ausschließlich im psychologischen Bereich: Das 1:0 nimmt
der in Führung gegangenen Mannschaft Druck
weg, vermittelt Selbstvertrauen und stärkt den Glauben an die eingeschlagene
Taktik. Für das in Rückstand geratene Teams verhält es sich gerade umgekehrt:
Nach dem 0:1nimmt der Druck zu, das Selbstvertrauen erleidet einen ersten Dämpfer
und der Glaube an die angeordnete Taktik wird ebenfalls geschwächt. Die Summe
dieser psychologischen Auswirkungen kann ein Spiel dann eben mehrheitlich
entscheidend prägen oder zumindest beeinflussen.
End-Resultat
nach 1:0-Führung % (Total 400 Spiele)
Gewonnen
Remis
nach 1:0-Führungen
Nach
1;0-Führung verloren
Insgesamt
254
( 64 % )
64
( 16 % )
82
( 21 % )
Heimspiele
171
( 43 % )
33
( 8 % )
40
( 10 % )
Auswärtsspiele
83
( 21 % )
31
( 8 % )
42
( 11 % )
Die statistische Ausarbeitung zeigt übrigens sehr schön auf, dass die
DEL-Clubs während der Spielzeit 03 / 04 Zuhause
die 1:0-Führungen recht sicher in einen
Sieg umwandeln konnten. 43 % gingen auch als Sieger vom Eis. Auswärts lag die
Ausbeute bei lediglich 21 %. Vor fremdem Publikum verloren die Teams nach einer
1:0-Führung bei 11 %. Immerhin fällt hier die minimale Differenz von 1 % zu
den Heimspielen auf. Auch diese Bilanz erscheint doch recht aufschlussreich.
Nicht alle Teams konnten mit der
1:0-Führung gleich gut umgehen
Dass nicht jede Mannschaft gleich gut mit der 1:0-Führung umzugehen weiß,
versteht sich von selbst. Die Unterschiede zwischen den Klubs erstaunen aber in
ihrem Ausmaß schon etwas. Der spätere Finalist
Eisbären Berlin hat in dieser
Wertung die Beste Note. Die Berliner kommen auf (50,7 %). Wobei hierbei die
guten Werte von Steve Walker, Mark Beaufait und Sven Felski einen entscheidenden
Anteil an dieser Platzierung ausmachen. Lediglich die Hamburg Freezers konnten
mit 46 % in etwa mithalten. Hingegen konnten die späteren Absteiger Wölfe
Freiburg lediglich 12,2 % ihrer Spiele auch gewinnen nach dem sie mit 1:0 in Führung
gegangen waren. Hatten aber mit Dany Bousquet immerhin einen Spieler der fünfmal
das erste Tor im Spiel erzielen konnte. Ein guter Wert in der DEL-Statistik.
Interessant auch die Wertung der Mannschaften, die nach einer 1:0-Führung noch
verloren haben. Nur 6,3 % ihrer Spiele haben die Hamburg Freezers nach einer
1:0-Führung verloren. Sehr guter Wert von 6,5 % für den ERC Ingolstadt.
24,5 % ihrer Spiele haben die Freiburger nach einer 1:0-Führung
verloren. Dies bedeutet Platz 14 hinter den Hannover Scorpions.
Wer hat wie oft nach einer 1:0-Führung
auch gewonnen?
Team
Spiele
Quote
1.
Eisbären Berlin
32
von 63
50,7
%
2. Hamburg Freezers
29
von 63
46,0
%
3. Nürnberg Ice
Tigers
25
von 58
43,1
%
4. Adler Mannheim
24
von 58
41,3
%
5. ERC Ingolstadt
25
von 61
40,9
%
6. Frankfurt Lions
27
von 67
40,2
%
7. Kölner Haie
23
von 58
39,6
%
8. Düsseldorfer EG
22
von 56
39,2
%
9. Augsburg Panters
19
von 52
36,5
%
10. Krefeld Pinguine
19
von 52
36,5
%
11. Iserlohn Roosters
12
von 52
23,0
%
12. Kassel Huskies
12
von 52
23,0
%
13. Hannover Scorpions
13
von 57
22,8
%
14. Wölfe Freiburg
7
von 57
12,2
%
Wer hat wie oft nach einer 1:0-Führung
verloren?
Team
Spiele
Quote
1.
Hamburg Freezers
4
von 63
6,3
%
2. ERC Ingolstadt
4
von 61
6,5
%
3. Eisbären Berlin
6
von 63
9,5
%
4. Frankfurt Lions
7
von 67
10,4
%
5. Düsseldorfer EG
6
von 56
10,7
%
6. Kassel Huskies
6
von 52
11,5
%
7. Krefeld Pinguine
6
von 52
11,5
%
8. Adler Mannheim
8
von 58
13,7
%
9. Augsburg Panters
8
von 52
15,3
%
10. Kölner Haie
9
von 58
15,5
%
11. Nürnberg Ice
Tigers
11
von 58
18,9
%
12. Iserlohn Roosters
10
von 52
19,2
%
13. Hannover Scorpions
12
von 57
21,0
%
14. Wölfe Freiburg
14
von 57
24,5
%
Marc Beaucage, Marian Cisar und Robert House mit je 7 Toren
Das erste Tor des Spiels war also gemäß der durchgeführten Statistiken tatsächlich
so wichtig, wie viele Eishockeyexperten behaupteten. Doch wer schießt denn
eigentlich die meisten 1:0-Führungstore? Gibt es eigentlich Spezialisten für
eine 1:0-Führung im Spiel? Auch hierauf gibt es natürlich eine statistische
Anwort.
Anzahl erster Tore im Spiel:
Name
/ Team
Gesamt
Tore davon 1:0
Vorrunde
Play-Off
/ Play - Down
Heimspiele
1:0 ( davon PP / SH )
Auswärts
1:0 ( davon PP / SH )
1 Beaucage / KP
18 /
7 ( 38,8 % )
18 / 7 ( 38,8 % )
-
3 /
2 / 1 PP / -
4 / 3 / 1 PP / -
2. Cisar / NIT
23 / 7
( 30,4 % )
23 / 7 ( 30,4 % )
-
3 /
2 / 1 PP / -
4 / 3 / - / 1 SH
3. House / HF
25 / 7
( 28,0 % )
21 / 6 ( 28,5 % )
4 / 1 ( 25,0 % )
4 /
3 / 1 PP / -
3 / 2 / 1 PP / -
4. Beardsmore
17 / 6
( 35,2 % )
17 / 6 ( 35,2 % )
-
4 / 2
/ 2 PP / -
2 / - / 2 PP / -
5. Walker / EISB
20 / 6
( 30,0 % )
14 / 4 ( 28,5 % )
6 / 2 ( 33,3 % )
5 / 2 / 2 PP /1 SH
1 / 1 / - / -
6. Corbet / AM
23 / 6
( 26,0 % )
22 / 6 ( 27,2 % )
1 / -
4 / 4 / - / -
2 / 2 / - / -
7.Norris / FL
29 / 6
( 20,6 % )
20 / 2 ( 10,0 % )
9 / 4
( 44,4 % )
3 / 3 / - / -
3 / 2 / 1 PP / -
8. Felski / EISB
9 / 5
( 55,5 % )
8 / 4
( 50 % )
1 / 1
( 100 % )
3 / 2 / - / 1 SH
2 / 2 / - / -
9. Ficenec / ING
17 / 5
( 29,4 % )
13 / 4 ( 30,7 % )
4 / 1
( 25,0 % )
4 / 2 / 1 PP /1 SH
1 / - / 1 PP / -
10. Beaufait /EIS
20 / 5
( 25,0 % )
15 / 3 ( 20 % )
5 / 2
( 40 % )
3 / 1 / 1 PP/ 1 SH
2 / 2 / - / -
Wer schoss eigentlich das schnellste
1:0 und wer das späteste?
Das
schnellste 1:0 Spieltag
Spiel
Name
/ Mannschaft
Zeit
(47)
am 20.02.2004
Krefeld – Augsburg
Fortier / Augsburg
00:10
Das
späteste 1:0
Spieltag
Spiel
Name
/ Mannschaft
Zeit
(PO)
am 19.03.2004
Hamburg –
Mannheim
Roach / Mannheim
70:17