Daniel Weiß: „Ich dachte nur noch: der muss rein!“
Es war mit 14.000 Zuschauern die größte
Kulisse, vor der je in Berlin Eishockey gespielt wurde, als die Eisbären am
Sonntag den bisherigen DEL-Tabellenführer Augsburger Panther vom Eis der o2
World fegten. Und das die Menge so über die Maßen begeisternde 11:0 war zugleich
der höchste Heimsieg der Hauptstädter in der DEL. Am Ende des Tages hieß der
neue Spitzenreiter Eisbären Berlin, der nur 2002 ähnlich gut, nämlich mit vier
Siegen in den ersten vier Spielen, in eine DEL-Saison gestartet war.
Das blinde Verständnis der über Jahre
gewachsenen Mannschaft untereinander, ihre Homogenität, ließ den geradezu
bemitleidenswerten Augsburgern am Sonntag nicht die geringste Chance auf einen
Erfolg. Das war selbst dann noch so, als Chefcoach Don Jackson die Sturmreihen
wegen der Ausfälle von Nathan Robinson (muskuläre Probleme) und André Rankel
(Rippenverletzung) umbauen musste. Andere sprangen ein, so wie das Bruderpaar
Alexander (22 Jahre) und Daniel Weiß (18). In der 47. Spielminute legte der
Ältere dem Jüngeren bei einem Unterzahlbreak der Eisbären zu seinem ersten
DEL-Treffer auf. „Als der Pass von Alex kam, dachte ich nur noch, den musst du
jetzt rein machen! Der muss rein, einfach rein!“ Es war das 8:0 für die
Hausherren. „Den Puck“, erzählt Daniel Weiß glücklich, „hat mir
Mannschaftsbetreuer Dirk Perschau gesichert.“ Dass diese Hartgummischeibe nun
einen besonderen Platz erhält, steht wohl außer Frage. Alexander Weiß meinte zum
gerade Erlebten: „Die Stimmung im Wellblechpalast war schon gut, aber scheinbar
wird es hier noch besser. Einige werden vielleicht sagen, das war ein leichter
Sieg. Aber elf Tore musst du auch gegen Augsburg erstmal schießen.“

Er hat an die 500 NHL-Spiele auf dem
Buckel, war in der vergangenen Saison der beste DEL-Verteidiger und ist mit
seinen 32-Jahren ein ganz Erfahrener, den nur noch wenig aus dem Häuschen
bringen kann: Eisbären-Verteidiger Deron Quint. Der US-Amerikaner hat seinen
Namen im Geschichtsbuch der o2 World als Heimspielstätte der Eisbären für die
Ewigkeit eingetragen. In der 6. Spielminute des Premierenspiels löste Deron
Quint den ersten Torjubel in einem DEL-Spiel in der o2 World aus. „Es ist
unglaublich, was sich hier heute abgespielt hat! Das erste Tor in dieser Arena
erzielt zu haben, macht mich schon ein bisschen stolz“, sagte der Torschütze mit
einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Diesen Eintrag kann ihm nun auch keiner
mehr nehmen, kann kommen was will.
Sicher, es war ein außergewöhnliches
Spiel in einer ebensolchen Atmosphäre, die auch die Verantwortlichen, wie den
Chef der Anschutz Gruppe in Europa, Detlef Kornett, euphorisierte und bezüglich
der erwarteten Zuschauerzahlen für den „Rest“ der Saison im Interview mit
TV-Sender Premiere zu mutigen Aussagen verleitete. Ob man solches aber beliebig
wiederholen kann, muss gewiss noch abgewartet werden. Schlecht stehen die
Chancen für ein Gelingen nach dem gestrigen Tag aber nicht.

Das Fingerspitzengefühl, das man bei der
Preisbildung für Speis und Trank in der o2 World noch etwas vermissen ließ,
brachte man jedoch umso mehr bei der Gestaltung des Rahmenprogramms auf. Das
kommt nämlich mit wenig Tamtam und quasi ohne die in vielen Großarenen übliche
Animation daher, fällt sogar eher schlicht aus. Die Macher verließen sich hier
offenkundig auf die Eisbärenfans und wurden in ihrer Hoffnung zumindest zum
Auftakt alles andere als enttäuscht. Vom großzügig gestalteten Stehplatzblock
sprang der Funke schnell auf die Sitzplatzreihen über und entzündete so ein
wahres Euphoriefeuerwerk mit La Ola und stehenden Ovationen, dem sich kaum
jemand auf den Rängen entziehen konnte. Den Grundstein dazu legte freilich ein
Eisbären-Team, das wie entfesselt aufspielte. „Großartig“, fand die Atmosphäre
auch Eisbären-Kapitän Steve Walker. „Es ist ja bekannt, dass die europäischen
Hockeyfans ihre Mannschaften besonders laut unterstützen. Aber dafür, was heute
hier los war, fehlt mir jeder Vergleich. Es hat einfach tierisch Spaß gemacht,
mit dieser Mannschaft vor diesen Fans zu spielen.“ (mac/ovk)
Fotos by City-Press