Bye bye Friedrichspark - forever

Blaue Lichter, die Humba, ein Trompeter, der "Time to say goodbye" bläst:
Im Mannheimer Friedrichspark gehen die Lichter aus, endgültig und
unwiderruflich. Eine Ära ist zu Ende gegangen: "Legende, Mythos,
Friedrichspark", skandieren Tausende, und "Hier regiert der MERC"
oder "Danke, danke Friedrichspark".
Nachts stellen Menschen Grablichter auf, Fremde liegen sich weinend in den
Armen. Wer nicht aus Mannheim stammt und hier gelitten und gejubelt hat, der
kann es sich vielleicht nicht vorstellen, aber für die blau-weiß-roten Anhänger
ist dieser Abschied herzzerreißend. Die Supporter Crew der Adler hat alles
gegeben, bis zuletzt, um den Mann zu unterstützen, der einen solchen Abschied
erst möglich gemacht hat: Marketing-Chef Dag Heydecker.
Und er hat für Höhepunkte gesorgt, am ersten Tag die Adler-Stars (wir
berichteten), am zweiten Nostalgie pur. Da kommt das Meisterteam von 1980 und
tritt an gegen ein MERC-All-Star-Team. Heinz Weisenbach hat schon den Zylinder
in der Hand, als er das Stadion betritt. Wie damals, als die Meister beim
letzten Spiel fein gewandet vor ihr Publikum traten. Weisenbach allerdings trat
damals mit Polizeiuniform auf.
Roedger, Ascherl, Meeke, Kaspar, Andruff, Hoppe, Weißhaupt, Vorlicek und viele
andere werden frenetisch gefeiert von den Fans, die alle alten
Anfeuerungsrufe noch kennen. "Etz, Etz, Etz, der Puck, der muss ins
Netz" etwa. Mit auf dem Eis übrigens auch Adler-Sportmanager Marcus Kuhl
und er macht gar keine schlechte Figur. Wie seine Mitspieler auch, erstaunlich,
was die Männer noch leisten können.
Im All Star Team sind auch zwei Riesserseer: Butzi Reil, der immer ein
Vorbildsportler war, ein sympathischer dazu. Er erinnert sich noch gut an
Spiele an dieser Stelle, im Jahre 1980 etwa. Da hieß der größte Konkurrent
des MERC Riessersee und dafür trat der Werdenfelser Reil an. Auch in jenem
schicksalsschweren Spiel, als selbst der mächtige und unvergessene Vlado
Dzurilla im Tor der blau-weißen nicht mehr alles retten konnte und Mannheim
gewann, eine Vorentscheidung zur Meisterschaft. Damals zogen die Riesserseer in
den "Zwischenakt" auf Einladung des Sponsors Zanussi. Reindl,
Konstanzer, Gailer, und eben auch Reil hießen damals die Cracks unter Trainer
Dr. Jarno Starsi. Im Jahr danach gab es übrigens eine Revanche, Riessersee
wurde Meister. Und immer gab es heiße Kämpfe der beiden Kontrahenten,
"hier im Friedrichspark aufzulaufen, das war schon etwas ganz besonderes",
erinnert sich Reil, der später das Tikot wechselte.
Auch Schorch Holzmann, heutiger SC Riessersee-Trainer, wurde ein Mannheimer und
spielte gerne hier. Für ihn eine Selbstverständlichkeit, an
die alte Wirkungsstätte zurückzukehren, um ihr die Achtung zu erweisen. Das
Spiel gerät dabei fast zur Nebensache, obwohl es verblüffend ist, mit
welcher Schnelligkeit die Cracks von einst heute zur Sache gehen. Vor allem aber
wird überall Abschied genommen. Wo immer man hintritt, es könnte das letzte
Mal sein, in der Gaststätte, am Brezelstand, beim Zeitschriftenverkäufer,
sogar in den wie immer unzureichenden Toilettenanlagen. Es gibt wohl keinen, der
dieses Stadion ungerührt verlässt. Ordnungsdienstleiter Wolfgang Englert etwa,
der Jahr und Tag hier Dienst geschoben hat, oder Schiedsrichter-Betreuer Vörg,
er ist seit 48 Jahren dabei, oder das Ehepaar Setzer, das seit über drei
Jahrzehnten immer und überall zur Stelle war, wo es gebraucht wurde. Oder
Stadionverwalter Andy Morray, der nach und nach alles ausgeräumt hat, mit
blutendem Herzen.
Auch die Offiziellen trauern. Hans Schneiders etwa, ein ehemaliger Spieler, der
an dieser Stelle die schönsten Jahre seines Lebens verbracht haben mag. Oder
der frühere Bürgermeister Manfred David, der 1980 mitfeierte. Oder Dr. Peter
Kurz, der jetzige Amtsinhaber, der schon als kleiner Bub beim Eishockey war
"da drüben auf dem Stehplatz, und die Namen und Nummern der 80er
Mannschaft kenn ich noch auswendig". Doch irgendwann ist Schluss und da
stehen sie, die Tausende, in ihrem Friedrichspark, den sie vermutlich nie mehr
sehen werden von innen. Die Stadt muss ihn versiegeln, die Adler geben die Schlüssel
ab, sagt Geschäftsführer Matthias Binder.
Viele Fans bleiben noch und lassen die Gewissheit in sich einsinken, dass es nun
wirklich vorbei ist. Die Spieler und einige Gäste ziehen ins Lindbergh weiter,
in eine Gaststätte mit einer angenehmen Atmosphäre. Bei der Players Night gibt
es noch einmal jede Menge Gesprächsstoff, über alte und neue Trainer etwa und
natürlich über neue Co-Trainer, Spielerverpflichtungen und
Eishockey-Philosophien. Und über Gott und die Welt im allgemeinen und im
besonderen. Da sind alte Freude unter sich. Wie Harold Kreis und Mike Rosati.
Beides Ehemalige, Spieler und Co-Trainer und doch mit dem Herzen näher an den
Adlern als viele andere.
(Angelika von Bülow)