Blut ist dicker als Eis
Es war DAS Thema im Mindelheimer Elternhaus von Patrick und Jochen Reimer:
Der Bruderkampf, den der jüngere am Sonntag gewann. Jochen Reimer (Foto by City-Press) riss die
Hände in die Höhe, als wenn er gerade Deutscher Meister geworden wäre. Der
Torhüter der Grizzly Adams Wolfsburg wurde nach seiner starken Leistung zu
Recht von den Fans mit Sprechchören gefeiert und auch die rund 60
mitgereisten Anhänger der DEG zollten artig Beifall. "So, das war ja dann
mal genau umgekehrt zu unserem 0:4 in Düsseldorf. Diesmal hatten wir den
besseren Start", sagte Jochen Reimer nach dem 3:1 über seinen alten
Arbeitgeber und grinste über beide Backen.
In den Katakomben der Eisarena im Allerpark wurde der 24-Jährige trotz des
Sieges über die ehemaligen Mitspieler von selbigen freudig begrüßt. Erst
klatschte ihn Korbinian Holzer ab und dann umarmte ihn Ryan Caldwell. Nur
das Gespräch mit Bruder Patrick war nicht zu beobachten. Familienärger?
Schließlich war da die Szene aus der 18. Minute, als Patrick von der
Strafbank kommend allein auf Jochen zu lief, aber an ihm scheiterte. Patrick
gab Entwarnung. Kein Bruderzwist. "Wir telefonieren doch fast täglich
miteinander, da haben wir uns hier mal weniger unterhalten."
Aber wie ist das denn überhaupt, wenn man so auf den eigenen Bruder zu
fährt? "Mir war schon bewusst, wer da im Tor steht und es war ja auch sehr
knapp", sagte Patrick und Jochen ergänzte: "Er hat den Puck gut geschossen.
Ich hatte ein wenig Glück, dass ich ihn mit der Fanghand an den Innenpfosten
lenken konnte und er von dort nicht ins Tor sprang. Heute hat eben alles
gepasst." Wie es überhaupt für Jochen zur Zeit passt. Zu Saisonbeginn noch
die Nummer zwei hinter Daniar Dshunussow, konnte er sich in der Autostadt
inzwischen klar in den Vordergrund spielen. Also kein Gedanke mehr, dass der
Wechsel nach Wolfsburg zu früh fixiert wurde?
"Die DEG hat einen sehr hohen Anspruch. Wenn vorher klar gewesen wäre, dass
Jamie geht, dann hätten sie einen anderen verpflichtet. Ganz ehrlich, ich
glaube nicht, dass sie auf mich als Nummer Eins gebaut hätten." Da klingt
ein wenig Enttäuschung durch. Die Beziehung zur sportlichen Führung der DEG
ist halt keine Familienbande. Ganz anders als zu seinem Bruder, mit dem er
am Sonntag bei einem Zweikampf mächtig zusammen prallte. "Wir schenken uns
natürlich nichts, aber bis wir uns streiten, da muss schon gravierendes
vorfalllen", sagte der zwei Jahre ältere Patrick. Am 22. November gibt es in
Düsseldorf das nächste Duell und im Mindelheimer Elternhaus wird es erneut
ein Riesenthema sein.
Von Thomas Schulz