"Big Bang" in Eishockey-Europa?
Gerüchte gab es in den letzten Jahren immer
wieder aus allen Herren Länder. Diesmal hört es sich aber konkreter an.
Laut der "Bild am Sonntag" soll angeführt von den Schweden ab 2012 eine
Euroliga starten unter dem Projekttitel "Big Bang". Mit dabei sollen
auch die Eisbären Berlin und die Adler Mannheim
sein.18 Clubs sollen eine
entsprechende Absichterklärung unterzeichnet haben. Darunter die ZSC
Lions, die Eisbären Berlin, die Adler Mannheim, fünf Clubs aus Schweden
(es dürften Djurgården Stockholm, Frölunda, Färjestad, HV71 und
Linköping sein) und fünf Clubs aus Finnland, Red Bull Salzburg sowie
Teams aus Oslo und Prag. Bis zum Start 2012 sollen es laut der Zeitung
30 bis 35 Mannschaften sein, die an der neuen Liga teilnehmen und der
heimischen Liga den Rücken kehren würden.
Laut der Zeitung wird
das Projekt angeführt vom schwedischen Ex-NHL-Spieler und
Spitzenmanager Håkan Loob (Foto by City-Press). Bei ihm sind solche Ideen schon seit
längerem bekannt. Für eine Studie mit den fünf abtrünnigen Clubs,
welche schon vor einem Jahr mit der Abspaltung von der schwedischen
Elitserien drohten, hatte Loob seine Aktivitäten bei seinem Club
Färjestads BK reduziert, um die mögliche Zukunft der schwedischen
Spitzenteams zu evaluieren unter der Firma HUB. Dazu gehörte auch eine
Machbarkeitsstudie, die massgeblich von der russischen Liga KHL
finanziert wurde. Insgesamt soll das Projekt bislang drei Millionen
Euro gekostet haben. Kürzlich wurde jedoch bekannt, dass sich die
Schweden und Russen getrennt haben. So sieht das Projekt "Big Bang"
auch keine russischen Teams vor, während der russische Liga-Führer
Alexander Medwedew im Herbst noch seine Visionen präsentiert hatte mit
einer Riesenliga über ganz Europa, die United Hockey League mit nicht
weniger als 56 Mannschaften.
Mit seinen Expansionsplänen der KHL
stiess er jedoch nicht nur auf Gegenliebe, weil er die Spitzenclubs von
westlichen Ligen in die russische Liga lockte. Diese Strategie ging
bislang nur bedingt auf durch zahlreiche Absagen. Der schwedische
Verband hat erst kürzlich den Wechsel des Zweitdivisionärs AIK
Stockholm nach Russland blockiert, womit es zum Bruch zwischen den
Russen und Schweden kam. Nun hat die KHL in Tschechien einen nächsten
Zweitdivisionär mit wenig klanghaftem Namen im Visier: Hradec Kralove.
Dazu sind soll es weitere Kandidaten im ex-sowjetischen Raum geben. Der
russische Zeitdivisionär Jugra Chanty-Mansijsk zeigt Interesse, ebenso
möchten der litauische Fussball-Club Vetra Vilnius und der ukrainische
Basketball-Club Budiwelnik Kiew mit Eishockey-Sektionen in die KHL
einsteigen, wobei das litauische Projekt mangels Geld offenbar bereits
gescheitert ist. Daneben plagen bankrotte Clubs in der KHL die Liga, wo
derzeit die Ligaführung die Löcher stopft.
Derweil scheinen die
Westeuropäer eigene Pläne zu haben und den russischen Lockrufen zu
widerstehen. Doch was ist dran, an einer Euroliga in zwei Jahren, wenn
in Schweden die Ligaverträge auslaufen? Es sind Pläne, die nicht
wirklich bestätigt, aber auch nicht oder nur halbherzig dementiert
werden.
Hinter den Gerüchten stehen konkretere Pläne für ein
Vorbereitungsturnier im August, das die Bild-Zeitung als Aufwärmen für
den "Big Bang" sieht. Mehrere europäische Spitzenteams sollen in
Gruppen und mit Hin- und Rückspielen eine Art Vorsaison-Euroliga
austragen, darunter auch die Adler Mannheim
. Das Finalturnier mit vier Mannschaften soll in Salzburg stattfinden,
wohl als Ersatz für das alljährliche Einladungsturnier von Red Bull.
Zumindest diese Informationen sind keine Luftschlösser und auch aus
zuverlässigen Schweizer Quellen bestätigt.
Doch
steckt dahinter wirklich eine Euroliga und der Ausstieg von
Spitzenclubs aus nationalen Meisterschaften, wie es das deutsche
Boulevardblatt meldet? Bei den Eisbären Berlin dementiert man. "Wir
werden an diesen Vorbereitungsturnieren teilnehmen. Mehr aber nicht",
zitiert die deutsche Agentur SID den Eisbären-Pressesprecher Daniel
Goldstein, und dessen Manager Peter John Lee fügt an: "Für uns hat die
deutsche Meisterschaft weiterhin Priorität."
Anders sieht man es
in Mannheim. "Die Strukturen im europäischen Eishockey sind veraltet.
Wir müssen etwas ändern", wird der Mannheimer Sportmanager Marcus Kuhl
zitiert. "Ich halte die Einführung der europäischen Liga für sinnvoll."
(Martin Merk - ovk)