Berlin Capitals ? Funk wird Präsident
Preussen haben die LizenzDie Berlin Capitals wollen nun definitiv in der Regionalliga starten. Daran ist an sich nichts verwerfliches, jeder Club sollte schließlich nur dort spielen, wo er sich den Spielbetrieb auch leisten kann. Die
Art und Weise, wie die Capitals dort gelandet sind, sorgt aber wieder einmal für Kopfschütteln. Vor kaum mehr als einem Vierteljahr wurde den Caps die DEL Lizenz entzogen ? einstimmig. Eine neue Führung um den Berliner Kaufmann Michael Wuscher trat an, die Caps zu sanieren.
Hauptgesellschafter Egon Banghard wurde abgefunden, seine Anteile an den Caps gingen für einen symbolischen Euro an Wuschers anonyme Investorengruppe. Diese wollte die marode Caps GmbH entschulden, den sportlichen Klassenerhalt schaffen und die DEL Lizenz zurückbekommen.
Nach dem sportlichen Abstieg entschied man sich jedoch, diesen zu akzeptieren und in der zweiten Liga neu zu beginnen. Damit fand man allgemeine Zustimmung, endlich schienen die Caps in der Lage zu sein, die eigene Situation realistisch einzuschätzen. Doch schon bald ließ die immer noch anonyme neue Führung erkennen, dass sie den alten
?Stil? ihrer Vorgänger anscheinend fortsetzen wollte. Angestellte wurden ohne persönliches Gespräch gekündigt, besonders bitter traf es den ehemaligen Pressesprecher Hans Peter Harbig, der so oft den Kopf für seinen Arbeitgeber hingehalten hatte und die Kündigung nun lapidar per Post erhielt. Erst als die Berliner Presse den Vorfall empört
kommentierte, meldete sich die ?neue Führung? bei Harbig und stellte ihm sogar einen neuen Job in Aussicht , als monatliches Gehalt bot man ihm großzügige 200 (zweihundert) Euro an. Es versteht sich von selbst, dass Harbig dankend ablehnte.
Weit weniger bescheiden gestaltete sich in den folgenden Wochen der Auftritt Lorenz Funks, der nun das Sagen bei den Capitals hatte. Man werde in der Traditionsliga schlechthin spielen und eine bodenständige Truppe an den Start bringen, mit der sich die Fans so richtig würden identifizieren können, erklärte er. Tatsächlich wurden viele Spieler
verpflichtet, die sportlich nicht gerade zur Creme der zweiten Liga gehörten, aber immerhin aus Berlin und Umgebung stammten. So wurde eine Zusatzinformation in der Spielerstatistik zum Einstellungskriterium. Von der geplanten Entschuldung der GmbH war allerdings keine Rede mehr. Die GmbH werde vom Insolvenzverwalter Kühnel abgewickelt, man werde mit dem Young Capitals e.V. in der
zweiten Liga spielen, teilte Funk mit. Gleichzeitig gründete man eine neue GmbH mit Lenz Funk als Geschäftsführer. Für das Marketing wurde
ebenfalls eine GmbH gegründet, Geschäftsführer Lorenz Funk Junior. Als Trainer verpflichtete man Peter Draisaitl, Co Trainer wurde Andreas Brockmann, Lorenz Funks Neffe. ?Jetzt braucht er nur noch einen Job für Flocko (Funks jüngsten Sohn Florian)?, witzelte man in Berlin. Im Prinzip verfolgten die neuen Caps einen Plan Egon Banghards. Der war
vor einem Jahr mit der Idee vor die DEL getreten, eine neue GmbH zu gründen und die Schulden mit der alten Gesellschaft verschwinden zu lassen. Lenz Funk hatte diese Pläne damals als ?Schmarrn? bezeichnet.
Die DEL schmetterte Banghards Pläne erwartungsgemäß ab. In der zweiten Liga schien dies nun zu funktionieren, bis Funk dann urplötzlich den Rückzug der Capitals aus der ?Traditionsliga? bekannt gab. Verantwortlich sei Insolvenzverwalter Kühnel, der für eine Bestätigung der Spielberechtigung angeblich eine hohe Summe forderte,
die man nicht bezahlen könne und wolle. Diese Erklärung stieß nur bei den naivsten Fans nicht auf Skepsis, schließlich ist es Aufgabe eines Insolvenzverwalters, die Gläubiger so weit wie möglich zu befriedigen
und Einnahmen zu erzielen. Davon abgesehen waren Wuscher und Co angetreten, um eine mit mehr als 4 Millionen Euro verschuldete GmbH zu entschulden. Und nun sollte es an einer vergleichsweise bescheidenen Summe scheitern? Kühnels Antwort klang da weitaus plausibler: Funk hätte sich in seiner Planung für die zweite Liga wohl verkalkuliert
und suche nun einen Schuldigen, hieß es. Es gab sogar zwei weitere ?Schuldige?, nämlich die ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder Börner und Brauer. Die hätten nämlich aus eitler Rachsucht darauf bestanden, den
neuen Caps den Start mit einer überzogen Forderung zu vermiesen.
Möglicherweise wollten die beiden Ur ? Preussen aber auch nur den Scherbenhaufen verkleinern, mit dem sie als haftbare Gesellschafter der alten GmbH alleine gelassen wurden. Inzwischen hat Kühnel die Berechtigung erteilt ? ohne Gebühren für die Caps. Die wollen trotzdem nicht mehr in der zweiten Liga spielen, weil sich der Geldgeber inzwischen zurückgezogen habe. Das ist das tolle an
anonymen Sponsoren - niemand merkt, wenn sie plötzlich weg sind, weil sie nie wirklich da waren. Es ist unverantwortlich, auf der Basis unverbindlicher Zusagen eine Mannschaft zu verpflichten. Noch schlimmer ist es, dann bei Erkennen der eigenen Fehlkalkulation das
Handtuch zu werfen und dies auch noch mit der Verantwortung gegenüber den Spielern zu begründen, die man nie hätte verpflichten und somit in trügerische Sicherheit wiegen sollen.
Was wirklich genau hinter den Kulissen geschehen ist, wird man wohl kaum objektiv in Erfahrung bringen können. Es drängt sich nur der Verdacht auf, dass anstelle der simplen Wahrheit wieder einmal Verschwörungstheorien bemüht wurden, um der Öffentlichkeit wieder einmal ein Scheitern zu erklären, statt mit offenen Karten zu spielen. Jedwede Spekulationen hat man nun dem eigenen Verhalten zuzuschreiben.
Nun wollen die Capitals in der vierten Liga neu anfangen, Lorenz Funk wurde gleich schon mal zum Präsidenten gewählt. Herzlichen Glückwunsch.
Alexander Brandt