Aus der Ferne betrachtet - Kölner Volksschauspieler
Eigentlich mag ich ja die Stadt Köln und die Kölner Haie,
aber ich dachte bisher wirklich, dass die in Köln erst anfangen, haufenweise
Unsinn zu erzählen, wenn es „Kölle Alaaf“ durch die Gassen der Südstadt schallt
und Kölsch auf der Straße gezapft wird.
Der Trainer der Kölner Haie, Doug Mason, hat mich nun eines besseren belehrt. Er muss
1000 Euro Strafe zahlen, weil er sich nach dem Spiel gegen die Eisbären in
unsportlicher Weise über Hauptschiedsrichter Daniel Piechaczek geäußert hatte.
Ich finde diese Strafe richtig, aber noch viel zu gering
angesetzt. Natürlich ist es ärgerlich, wenn der Schiedsrichter ein Tor gibt,
von dem man meint, dass es nicht regulär, oder in diesem Fall angeblich gar
nicht, erzielt wurde. Aber meint Doug Mason wirklich ernsthaft, es würde
Schiedsrichter in der DEL geben, die vorsätzlich betrügen, oder hat er sich in
seiner Erregung einfach nicht im Griff gehabt?
Die Tatsache, dass Mason in der Woche danach in der
örtlichen Boulevardpresse seine Vorwürfe auch noch wiederholt hat, spricht
gegen eine Kurzschlussreaktion aus plötzlicher Wut heraus. Ich denke, dass sich
bei dieser Geschichte um den Versuch handelt, Schiedsrichter unterschwellig zu
beeinflussen, in strittigen Szenen nicht gegen sondern die für die Haie zu
entscheiden. Denn ernsthaft kann in Köln niemand geglaubt haben, dass in der
Ligenzentrale ein paar Ecken weiter jemand zu der Entscheidung kommen könnte,
dass das Spiel wiederholt würde oder ähnliches. So betrunken ist man in Köln
schließlich nicht mal am Rosenmontag ab nachmittags.
Oder hat Doug Mason sich einfach nur den
Bekanntheitsgrad seines Fußballkollegen aus Köln - Müngersdorf gewünscht? Ist die Aufregung, die Doug Mason da
inszenierte, in Wirklichkeit nur ein billiger Abklatsch des Ausrasters, den
Christoph Daum vor kurzem nach dem Spiel in Aachen zur Aufführung gebracht
hatte? Der immerhin nachher so ehrlich war, ein paar Tage später zuzugeben,
dass seine Vorwürfe eine „sehr bewusste Aktion“ waren und er bewusst in Kauf
genommen habe, dafür attackiert zu werden. Volksschauspieler waren in Köln ja
schon immer sehr beliebt, aber über Willy Millowitsch, dessen Todestag sich
übrigens in der letzte Woche zum 8. Mal jährte, konnte ich wenigstens befreit
lachen, weil er nie vorgab, etwas anderes zu sein, als ein Volksschauspieler.
Ich finde, dass ein Eishockeyspiel mit der Sirene
entschieden und beendet sein sollte. Ich hab ja gar nichts dagegen, wenn man
Spieler, die per Video brutaler Fouls überführt wurden, nachträglich bestraft.
Die Disziplinarkommission muss ja ab und an auch einen Grund haben, sich in der
Sportsbar mal gemütlich ein paar Videos auf Großleinwand reinzuziehen. Aber
Spielstrafen und Tore sind und bleiben nun einmal Tatsachenentscheidungen des
Schiedsrichters. Wie er dazu kommt, zu entscheiden, kann und sollte man ihm
auch nicht abnehmen. Wenn wir da anfangen Ligenleitungen, Schiedsgerichte und
Amtsrichter zu befragen, werden wir in Zukunft vermutlich noch nach der NHL
unseren Meister küren, weil wir nach der WM im Mai erst mal die
Wiederholungsspiele danach im Juni und Juli die Play-Offs samt gerichtlich
angeordneten Entscheidungs- Wiederholungs- und Revisionsspielen durchführen
würden.
Wenn Doug Mason behauptet, er habe auf dem fraglichen Video
genau erkennen können, dass der Puck nicht im Tor war, ist das seine freie
Meinung. Daraus abzuleiten, den anders entscheidenden Schiedsrichter als
„Betrüger und Lügner“ zu bezeichnen zu dürfen ist eine Frechheit, die mit einer
Strafe von 1000 Euro noch wirklich günstig geahndet ist.
Hier in China würde man so etwas anders lösen: Doug Mason
hätte ohnehin allein durch seinen öffentlichen Ausfall schon sein Gesicht
verloren. Als Strafe müsste er sich neben der Zahlung der Geldbuße auch noch
öffentlich bei Daniel Piechaczek entschuldigen. Eine größere Demütigung, als
eine öffentliche Entschuldigung ist in der chinesischen Gesellschaft unterhalb
von Haftstrafen kaum vorstellbar. In Deutschland dagegen darf man statt einer
Entschuldigung noch in der Boulevardpresse seine Vorwürfe wiederholen, ohne
dass sich das auf das Strafmaß ernsthaft auswirkt.
Und jetzt soll keiner von der DEL sagen, sie hätten diese
Äußerungen nicht gekannt. Wenn ich das
sogar in China im Express lesen kann, sollte es doch bei den Mitarbeitern der
Ligenzentrale in der Willy-Brand-Strasse in Köln auch einen Express-Leser
geben, der mal den Sportteil liest, oder?
Also liebe Jungs von der DEL, schützt Eure Schiedsrichter
und greift zukünftig bei solchen Ausrastern richtig durch, vor allem wenn es
nachher auch noch an Einsicht zu fehlen scheint. Die Schiedsrichter werden
dieses Vertrauen hoffentlich mit erstklassigen Leistungen zurückzahlen. Der
Nachwuchs - Volksschauspieler Doug Mason sollten sich hingegen eine passendere
Rolle suchen, als die verfolgte Unschuld von Lande. Vielleicht ist in Köln der
„dumme August“ ja noch unbesetzt?
Es grüßt aus dem Land ohne
Karneval und Volksschauspieler
Torsten Weidemann
Torsten Weidemann wohnt in China und wird in dieser Saison
aller Voraussicht nach nicht ein Spiel der schönsten Sportart der Welt in
Deutschland sehen. Er ist nur über das Internet dabei und beobachtet und
kommentiert das Geschehen aus der Ferne.
Nur bei MagentaSport siehst du ALLE Spiele live! 📺🤝