Aus der Ferne betrachtet - Hamburger Verkaufstalente
Ja, es war mal wieder Pokal im deutschen Eishockey. Und
woran hat es der Leser der Hamburger Zeitungen gemerkt? Richtig, es wurde
kräftig auf den Pokal geschimpft. Irgendwie hatte der Herr Capla, der so was
wie der Chef-Verkäufer bei den Hamburg Freezers ist, nämlich keine Ahnung, wie
er seiner Hamburger Kundschaft klarmachen sollte, dass jetzt ein Heimspiel
gegen Wolfsburg ansteht, das nicht in dem vor Saisonbeginn verteilten Spielplan
steht. So richtig leicht hat es der Herr Capla ja sowieso nicht mehr in Hamburg
und mit den Hamburgern. Es werden einfach nicht mehr Leute, die sich für sein
Premium-Event interessieren und die Tatsache, dass die Jungs mit den
Lederbällen nebenan wieder erfolgreicher sind als im vergangenen Jahr macht die
Sache auch nicht gerade leichter. Dann bilden sich jetzt auch noch Leute ein,
sie könnten sich in seiner Arena als Fans betrachten und sich auch so
aufführen. Klatschen, wenn es ihnen passt und nicht wenn es auf dem Würfel
angezeigt wird. Grauenhaft, so ein Verhalten. Und als Krönung dann in der
vergangenen Woche ein Pokalheimspiel gegen Wolfsburg, für das nicht einmal die
Dauerkartenkäufer ihr von Herrn Capla großzügig eingeräumte Vorkaufrecht für
ihre Plätze in Anspruch nehmen wollten. Ein wenig undankbar sind diese Leute ja
schon, schließlich gab es ja auch mal Zeiten, in denen es schwierig war,
überhaupt Karten für die Spiele der Freezers zu bekommen, so vor gefühlten 10
Jahren oder so.
Wenn nun also der Vorverkauf schlecht läuft, müssen
Maßnahmen der Verkaufsförderung ergriffen werden. Auf dem Hamburger Fischmarkt
hätte der Herr Capla das sonntags morgens lernen können: Aale - Rudi, Gurken -
Kurt, und Makrelen - Peter haben da einen einfachen, aber meist wirkungsvollen,
Weg entwickelt: Sie preisen Ihre Ware lautstark an und verteilen, wenn das
nicht reicht, ab und an mal ein kleines, kostenloses Appetithäppchen. Der
Freezers – Boris hingegen hat seine eigene Methode gefunden, das Produkt
Pokalspiel der Laufkundschaft so richtig schmackhaft zu machen: Er lässt
einfach via Presse verbreiten, wie sinnlos diese ganze Veranstaltung doch ist
und dass sie die Freezers nur jede Menge von dem schönen Geld kostet, das doch
eigentlich eingenommen und nicht ausgegeben werden sollte. Clever, oder?
Leider ist nicht überliefert, ob irgendjemand in der
Freezers Chefetage nach dieser innovativen Werbekampagne überrascht gewesen
ist, dass nur 2.375 Zuschauer gekommen sind.
Natürlich hat dieser Pokalwettbewerb einige Schwächen, aber
ich bin der Meinung dass er oftmals auch nur schlecht geredet und zudem
amateurhaft durchgeführt wird. Wie kann es sein, dass sich offenbar jeder einen
Austragungstermin aussuchen darf und damit die Runde sich über fast einen Monat
hinzieht und zum vorgesehen Pokalzeitpunkt gleichzeitig Punktspiele
stattfinden? Wie soll da der Zuschauer den Überblick behalten, ohne erst bei
Hockeyweb nachsehen zu müssen. Warum führt man den Pokal ab dem Viertelfinale
nicht in Turnierform durch? Zwei Halbfinalturniere und ein Final Four Turnier
könnten deutlich mehr öffentliche Aufmerksamkeit bringen.
Vom dem findigen Herrn Capla hätte ich mir gewünscht, dass
er nicht nur öffentlich gejammert hätte, sondern vielleicht statt dessen mal
nach kreativen Ideen gesucht hätte, wie man denn trotzdem noch hätte Kapital
schlagen können aus der für ihn ja scheinbar ausweglosen Situation. Ich glaube
die Eishockeyfreunde in Adendorf oder Timmendorfer Strand hätten sich nach
einem Pokalspiel Hamburg Freezers gegen Wolfsburg die Finger geleckt. Die DEL –
Stars auf dem Dorf, das ist doch was. Angeblich 50.000 Euro Hallenmiete hätte
man auf Seiten der Hamburger gespart, wenn man einfach dort vorgeschlagen
hätte, das Spiel dort auszutragen, die Gastgeber die dortigen Hallenkosten übernehmen zu lassen und dafür das Eintrittsgeld als Unterstützung von einem
großen Nachbarn zu behalten. Vielleicht hätte man dort nur 700 oder 1.000
Zuschauer gehabt, die hätten aber ein besonderes Erlebnis gehabt und die
Freezers Werbung für DEL-Eishockey betrieben und einem der beiden
Eishockey-Standorte, die schon bessere Zeiten hatten. einen Festtag beschert.
Kosten für die Freezers: Eine Busfahrt von etwa einer Stunde hin und einer
Stunde wieder zurück.
Aber die Glücksgöttin hatte ein Einsehen mit unserem
cleveren Freezers – Boris und bescherte ihm eine zweite Chance mit einem
Heimspiel im Viertelfinale gegen die Hannover Scorpions. Mein chinesischer
Kollege sagt übrigens oft: „Gibt jedem eine zweite Chance, aber niemals eine
dritte.“ Mal schauen, was der Herr Capla aus seiner zweiten Chance macht. Ob
Freezers – Boris am nächsten Sonntag frühmorgens mal auf dem Fischmarkt bei
Aale – Rudi spionieren geht, wie man Ware an den Mann und die Frau bringt oder
ob er gar mal in der Umgebung von Hamburg nach Eishallen sucht? Vielleicht wird
er ja feststellen, dass es diesbezüglich dort gar nicht so unübersichtlich ist,
wie in Bayern.
Dass die zur Glücksgöttin erhobene, mir gänzlich unbekannte,
Schauspielerin ausgerechnet aus der Serie „Verbotene Liebe“ kam, passt ja
irgendwie zum Verhältnis der meisten DEL – Clubs zum Deutschen Eishockey Pokal
Pokal.
Aber wer weiß, vielleicht entdeckt ja auch der pfiffige Herr
Capla noch seine Liebe zum Pokal. Spätestens, wenn Freezers Kapitän Alexander
Barta den Pokal im Frühjahr in die Höhe stemmt, weil die Freezers ihn gewonnen
haben, wird Herr Capla das bestimmt euphorisch als Meilenstein in der Freezers
Geschichte verkaufen und ein riesiges Banner in der Arena aufhängen lassen.
Dann ist der Pokal sowieso das Größte, was ein Club neben der Meisterschaft
holen kann. Wetten?
Es grüßt am Nationalfeiertag der Volksrepublik China, die
heute ihren 58. Geburtstag feiert,
Torsten Weidemann
Torsten Weidemann wohnt in China und wird in dieser Saison
aller Voraussicht nach nicht ein Spiel der schönsten Sportart der Welt in
Deutschland sehen. Er ist nur über das Internet dabei und beobachtet und
kommentiert das Geschehen aus der Ferne.