Aus der Ferne betrachtet - Endlich wieder Eishockey
Die DEL-Saison 2007/2008 läuft. Und ich bin nicht dabei. Ich
wohne in China und werde in dieser Saison aller Voraussicht nach nicht ein
Spiel der geilsten Sportart der Welt in der DEL sehen.
Dabei bin ich aber trotzdem. Das Internet ist eine
Erfindung, die für Leute, die weit weg von dem, was für sie wichtig ist wohnen,
wie geschaffen ist. Und weil ich schon seit zwei Jahren weg bin aus
Deutschland, habe ich in den Lesezeichen meines Webbrowsers unzählige
Eishockeyseiten gespeichert, die mich immer dicht beim Geschehen sein lassen,
auch ohne dass ich wirklich anwesend bin.
Und nun war es endlich wieder soweit. Schluss mit
Kirmeshockey und Dörfertingeln in der Vorbereitung. Seit Freitag nutzen weder
Siege gegen hochklassige ausländische Teams, noch schaden vermeintlich
peinliche Auftritte gegen unterklassige Mannschaften. Jetzt geht es um Siege
und Punkte, um Niederlagen und Platz 6 oder Platz 10, je nachdem, welche Ziele
der Etat so hergibt.
Und es ging gleich kurios los, in dieser Liga, in der sich
die Experten einig waren, egal wo man nachlesen wollte: Favorit für die neue
Saison ist der Meister aus Mannheim. Da ist es doch etwas verwunderlich, dass
die Mannheimer nach dem ersten Wochenende am Ende der Tabelle zu finden sind.
Nun mag man in Düsseldorf durchaus verlieren können und die Adler werden sicher
nicht das letzte Team sein, das ohne Punkte den ISS-Dome verlässt, aber gegen
die Eisbären hätten sich die Adler angesichts deren Leistungen im vergangenen
Jahr sicherlich mehr ausgerechnet. Angesichts 49:28 Torschüssen fragt man sich
in Berlin wahrscheinlich, ob die Eisbären, die ja erst ein Spiel absolviert
haben, in diesem Jahr so stark oder Mannheim wirklich so schwach war, wie
dieser Wert vermuten lässt.
Wo wir gerade bei Pleiten, Pech und Pannen sind, fallen mir
gleich die Hamburg Freezers ein. Klar kann man in Köln verlieren, aber als
einer der gar nicht so geheimen Geheimfavoriten sollte man gegen Straubing
zuhause schon drei Punkte einkalkulieren können, oder? Da wird sich Herr Capla
vor der nächsten Auswärtsfahrt sicherlich überlegen, ob er nicht die Scheiben
im Bus extra versichert. Und fahrt bloß nicht mit der Bahn, liebe Freezers, die
Bundespolizei kennt da gar keinen Spaß, wenn Herr Steward auf bekannt Art Dampf
ablassen will. Und den Satz: „Die Flasche ist mir aus der Hand gefallen,“
kennen die auf der Wache auch schon solange, dass ihn keiner mehr glaubt.
Straubing dagegen ist nach dem Sieg in Hamburg die
Mannschaft der Stunde, oder hätte die jemand nach Spielen gegen Iserlohn und
Hamburg auf Rang 2 der Tabelle vermutet? Ich jedenfalls nicht. Wenn die
weitermachen, ist bald nicht nur der Trainer außerhalb der Stadt bekannt,
sondern es könnte sogar passieren, dass sie Fans außerhalb von 25km um ihre
Halle gewinnen.
Einen kuriosen Wiedereinstieg in die DEL legte der
Aufsteiger aus Wolfsburg auf Eis. 0:4 in Krefeld. Hinfahren, Punkte abliefern
und zurück. Die Haie wollten das in Wolfsburg so ähnlich machen: Hinfahren,
drei Punkte einsacken und schnell wieder weg von den Schornsteinen. Nach 10
Minuten sah es auch noch so aus. 3:0 ist doch eine sichere Kiste, oder?
Denkste: Da fangen die Grizzly Adams einfach mal an Eishockey zu spielen und
gewinnen das Spiel mit 4:3. Wenn da am Freitag gegen Frankfurt nicht die Halle
bis auf den letzten Platz voll ist, haben die Leute in Wolfsburg immer noch
nicht geschnallt, dass Langweile nur nebenan beim Fußball stattfindet.
Schließlich passen noch mal fast 2000 Zuschauer mehr in Halle.
Der Hammer der Woche war für mich aber Iserlohn gegen
Nürnberg. Hat jemand schon mal erlebt, dass eine Mannschaft, die neun Tore in
einem Spiel schießt, am Ende ohne Punkte das Eis verlässt? In 20 Jahren, die
ich mich intensiv mit Eishockey beschäftige, ist mir dies in einer der ersten
vier Ligen noch nie vorgekommen. Sowas gibt es nicht einmal in der Asia League
Hockey und da ist eigentlich nichts unmöglich, besonders wenn Mannschaft
aus Japan mitspielen, aber dazu vielleicht ein anders mal mehr. Iserlohn hat
also tatsächlich das Kunststück gegen Nürnberg geschafft und sage und schreibe
9:10 verloren. Da wird sicherlich der ein oder andere Zuschauer recht
verschnupft gewesen sein, um einen uralten Sinupret - Kalauer aufzuwärmen.
Nach dem Kunststück, dieses Spiel, dass nach dem ersten
Drittel mit 2:5 schon für Nürnberg gelaufen schien, stellte man sich erst
genauso blöd an wie die Haie, konnte dann knapp und kurz vor Schluss gewinnen.
Und schon sind die Nürnberger erstmal auf Platz 1.
Und sind wir nun schlauer nach dem ersten Wochenende DEL?
Ach was. Wir haben gerade mal zwei von 56 Spieltagen gesehen. Freuen wir uns
auf das kommende Wochenende. Nach dem dritten Spieltag werden auch Mannheim
oder Hamburg einen Sieg zu verbuchen haben. Wer allerdings das Duell der
Überraschungs - Kellerkinder verliert, wird am Sonntag einen schweren Stand
haben. Ob sich dann auch schon die ersten Trainer warm anziehen müssen? So ganz
langsam wird sich dann in der Liga der Nebel lichten und am Ende stehen sowie
wieder die Adler vorn. Oder etwa doch nicht?
Ist es nicht schön, es gibt endlich wieder etwas zu
diskutieren. Das Internet brummt und ich sitze vor dem Rechner und denke die
ganze Zeit: Endlich wieder Eishockey!
Und ich bin schon wieder nicht dabei...
Viele Grüße aus dem Land mit den
merkwürdigen Autofahrern
Torsten Weidemann