Aus der Ferne betrachtet - Endlich wieder Eishockey

Lesedauer: ca. 4 Minuten

Die DEL-Saison 2007/2008 läuft. Und ich bin nicht dabei. Ich

wohne in China und werde in dieser Saison aller Voraussicht nach nicht ein

Spiel der geilsten Sportart der Welt in der DEL sehen.

Dabei bin ich aber trotzdem. Das Internet ist eine

Erfindung, die für Leute, die weit weg von dem, was für sie wichtig ist wohnen,

wie geschaffen ist. Und weil ich schon seit zwei Jahren weg bin aus

Deutschland, habe ich in den Lesezeichen meines Webbrowsers unzählige

Eishockeyseiten gespeichert, die mich immer dicht beim Geschehen sein lassen,

auch ohne dass ich wirklich anwesend bin.

Und nun war es endlich wieder soweit. Schluss mit

Kirmeshockey und Dörfertingeln in der Vorbereitung. Seit Freitag nutzen weder

Siege gegen hochklassige ausländische Teams, noch schaden vermeintlich

peinliche Auftritte gegen unterklassige Mannschaften. Jetzt geht es um Siege

und Punkte, um Niederlagen und Platz 6 oder Platz 10, je nachdem, welche Ziele

der Etat so hergibt.

Und es ging gleich kurios los, in dieser Liga, in der sich

die Experten einig waren, egal wo man nachlesen wollte: Favorit für die neue

Saison ist der Meister aus Mannheim. Da ist es doch etwas verwunderlich, dass

die Mannheimer nach dem ersten Wochenende am Ende der Tabelle zu finden sind.

Nun mag man in Düsseldorf durchaus verlieren können und die Adler werden sicher

nicht das letzte Team sein, das ohne Punkte den ISS-Dome verlässt, aber gegen

die Eisbären hätten sich die Adler angesichts deren Leistungen im vergangenen

Jahr sicherlich mehr ausgerechnet. Angesichts 49:28 Torschüssen fragt man sich

in Berlin wahrscheinlich, ob die Eisbären, die ja erst ein Spiel absolviert

haben, in diesem Jahr so stark oder Mannheim wirklich so schwach war, wie

dieser Wert vermuten lässt.

Wo wir gerade bei Pleiten, Pech und Pannen sind, fallen mir

gleich die Hamburg Freezers ein. Klar kann man in Köln verlieren, aber als

einer der gar nicht so geheimen Geheimfavoriten sollte man gegen Straubing

zuhause schon drei Punkte einkalkulieren können, oder? Da wird sich Herr Capla

vor der nächsten Auswärtsfahrt sicherlich überlegen, ob er nicht die Scheiben

im Bus extra versichert. Und fahrt bloß nicht mit der Bahn, liebe Freezers, die

Bundespolizei kennt da gar keinen Spaß, wenn Herr Steward auf bekannt Art Dampf

ablassen will. Und den Satz: „Die Flasche ist mir aus der Hand gefallen,“

kennen die auf der Wache auch schon solange, dass ihn keiner mehr glaubt.

Straubing dagegen ist nach dem Sieg in Hamburg die

Mannschaft der Stunde, oder hätte die jemand nach Spielen gegen Iserlohn und

Hamburg auf Rang 2 der Tabelle vermutet? Ich jedenfalls nicht. Wenn die

weitermachen, ist bald nicht nur der Trainer außerhalb der Stadt bekannt,

sondern es könnte sogar passieren, dass sie Fans außerhalb von 25km um ihre

Halle gewinnen.

Einen kuriosen Wiedereinstieg in die DEL legte der

Aufsteiger aus Wolfsburg auf Eis. 0:4 in Krefeld. Hinfahren, Punkte abliefern

und zurück. Die Haie wollten das in Wolfsburg so ähnlich machen: Hinfahren,

drei Punkte einsacken und schnell wieder weg von den Schornsteinen. Nach 10

Minuten sah es auch noch so aus. 3:0 ist doch eine sichere Kiste, oder?

Denkste: Da fangen die Grizzly Adams einfach mal an Eishockey zu spielen und

gewinnen das Spiel mit 4:3. Wenn da am Freitag gegen Frankfurt nicht die Halle

bis auf den letzten Platz voll ist, haben die Leute in Wolfsburg immer noch

nicht geschnallt, dass Langweile nur nebenan beim Fußball stattfindet.

Schließlich passen noch mal fast 2000 Zuschauer mehr in Halle.

Der Hammer der Woche war für mich aber Iserlohn gegen

Nürnberg. Hat jemand schon mal erlebt, dass eine Mannschaft, die neun Tore in

einem Spiel schießt, am Ende ohne Punkte das Eis verlässt? In 20 Jahren, die

ich mich intensiv mit Eishockey beschäftige, ist mir dies in einer der ersten

vier Ligen noch nie vorgekommen. Sowas gibt es nicht einmal in der Asia League

Hockey und da ist eigentlich nichts unmöglich, besonders wenn Mannschaft

aus Japan mitspielen, aber dazu vielleicht ein anders mal mehr. Iserlohn hat

also tatsächlich das Kunststück gegen Nürnberg geschafft und sage und schreibe

9:10 verloren. Da wird sicherlich der ein oder andere Zuschauer recht

verschnupft gewesen sein, um einen uralten Sinupret - Kalauer aufzuwärmen.
Nach dem Kunststück, dieses Spiel, dass nach dem ersten

Drittel mit 2:5 schon für Nürnberg gelaufen schien, stellte man sich erst

genauso blöd an wie die Haie, konnte dann knapp und kurz vor Schluss gewinnen.

Und schon sind die Nürnberger erstmal auf Platz 1.

Und sind wir nun schlauer nach dem ersten Wochenende DEL?

Ach was. Wir haben gerade mal zwei von 56 Spieltagen gesehen. Freuen wir uns

auf das kommende Wochenende. Nach dem dritten Spieltag werden auch Mannheim

oder Hamburg einen Sieg zu verbuchen haben. Wer allerdings das Duell der

Überraschungs - Kellerkinder verliert, wird am Sonntag einen schweren Stand

haben. Ob sich dann auch schon die ersten Trainer warm anziehen müssen? So ganz

langsam wird sich dann in der Liga der Nebel lichten und am Ende stehen sowie

wieder die Adler vorn. Oder etwa doch nicht?

Ist es nicht schön, es gibt endlich wieder etwas zu

diskutieren. Das Internet brummt und ich sitze vor dem Rechner und denke die

ganze Zeit: Endlich wieder Eishockey!

Und ich bin schon wieder nicht dabei...

Viele Grüße aus dem Land mit den

merkwürdigen Autofahrern

Torsten Weidemann


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