Alles andere als Mannheim wäre eine Sensation
Auflösung des Hockeyweb-GewinnspielsMit dem unrühmlichen 0:6 des
deutschen Meisters Eisbären Berlin am letzten Dienstag bei den Frankfurt Lions
ging das Vorgeplänkel in Deutschlands höchster Liga zu Ende. Jetzt zählen nicht
mehr die Ungereimtheiten und die unangenehmen Begleiterscheinungen der 52
Spiele, jetzt ist nur noch das sportliche Überleben angesagt. Punkte in der
gleichnamigen Runde gesammelt, was soll´s, wenn alles wieder bei Null anfängt?
Den Gegner soundsooft in der Saison besiegt, na und? Die Play-offs, die in der
ersten Runde über vier Gewinnspiele ausgetragen werden (im Halbfinale und in den
Endspielen sind „nur“ noch deren drei nötig), haben von je her ihre eigenen
Gesetze gehabt.
Zum 13. Mal finden die Play-offs
in der DEL statt; insgesamt kreuzen die Cracks seit 1981 (damals gewann der SC
Riessersee mit Franz Reindl und Ernst Höfner das Finale gegen die Düsseldorfer
EG; die Resultate lauteten damals aus Sicht des späteren Meisters 4:2, 1:4 und
7:4) in diesen spektakulären Serien die Klingen bzw. die Schläger. Damals wurde,
genau wie in der Punktrunde, tatsächlich der Erste Meister, der im Finale den
Zweiten besiegte.
Doch das ist längst nicht mehr
so. Bestehen blieb lediglich das „Gesetz“, dass der Erste wenigstens die erste
Runde übersteht. 1988 stand der SB Rosenheim kurz am sportlichen Abgrund, da die
Schwenninger nach drei Spielen bereits zwei Siege eingefahren hatten und nur
noch einmal gewinnen mussten. Dann setzten sich jedoch die Oberbayern durch. Das
Finale gewannen allerdings die Kölner Haie als Zweiter in fünf Partien gegen
just diese Rosenheimer.
In der DEL schaffte es nur
dreimal der Klassenprimus (Mannheim 1997 und 2001 sowie die Eisbären im letzten
Jahr), auch die Meisterschaft zu erringen. Zweimal (2000 die München Barons
sowie 2005 die Eisbären) krönte sich die Nummer 2 mit Meisterehren. Ebenfalls
zweimal war es der Dritte (Düsseldorf 1996 und Mannheim 1999), der am Ende
triumphierte. Als Vierter bestieg Mannheim 1998 den Meisterthron. Mit
Auswärtsspielen begannen die späteren Meister Frankfurt als Fünfter 2004 sowie
Köln (1995 und 2002) und Krefeld (2003) gar als jeweils Sechste die
Viertelfinals. Ein Absturz des Meisters analog dem der Eisbären hatte es bereits
vor drei Jahren gegeben, als Krefeld als Champion nicht in die Play-offs
vordrang, sondern nur Rang zehn belegte.
Hand aufs Herz! Wer würde heuer
nicht auf die Mannheimer als Champion wetten? Die Truppe ist optimal
beieinander, gewann nach der blamablen Niederlage in der Verlängerung bei
Schlusslicht Duisburg ihre beiden letzten Partien. Doch Vorsicht! Die
Aufeinandertreffen mit Frankfurt stehen oft genug unter einem besonderen Aspekt,
und deswegen könnte gar die Viertelfinalserie die problematischste für die
Quadratestädter sein. Mannheims großer
Vorteil ist trotz eines Francois Méthot seine Homogenität: Die Mannschaft ist
ganz einfach, dank guter Personalpolitik sowie eines finanzkräftigen Sponsors,
durchgehend astrein besetzt. Last but not least steht mit dem US-amerikanischen
Gespann Poss/Fowler ein hungriges Duo an der Bank.
Ähnliches gilt für die
Düsseldorfer. Auch ihr Team hat kaum Schwachpunkte. Zwei Siege gegen den ewigen
Rivalen Köln haben der Truppe von Chefcoach Don Jackson (stand schon im vorigen
Jahr im Finale gegen die Eisbären an der Bande) das nötige Selbstvertrauen für
die anstehenden Aufgaben gegeben. Bemerkenswert: Von den letzten vier Spielen
gingen drei in die Verlängerung, davon eines sogar ins Penaltyschießen. Mit
einer riesigen Werbekampagne, die die nach dem vollzogenen Umzug recht zögerlich
reagierenden Fans anlocken soll, starten die „Alt“-Meister in die entscheidenden
Spiele. Düsseldorf ist übrigens das fairste Team der Play-off-Teilnehmer.
Vielleicht wirkt sich diese Tatsache zugunsten von Tore Vikingstad & Co.
aus.
Nach 1999, als Augsburg in den
Viertelfinals besiegt wurde, sind die Nürnberger in der ersten Runde sechsmal
(2000 waren die Franken nicht dabei) in Folge gestrandet. Es spricht einiges
dafür, dass es in dieser Saison erfolgreicher für Cheftrainer Benoit Laporte und
seinen Schützlingen läuft. Vor allen Dingen werden die Starverteidiger Jame
Pollock und Michel Périard für mächtigen Druck an der blauen Linie sorgen.
Vielleicht gibt das Überzahlspiel (das beste der Play-off-Teilnehmer) in den
entscheidenden Phasen den Ausschlag. Torwart Jean-Francois Labbé (mit fünf
shut-outs ligaweit Erster) ist wieder fit. In Form scheinen die Franken zu sein,
denn von den letzten vier Partien gewannen sie immerhin drei.
Ingolstadt spielt seit seiner
Aufnahme in die DEL vor fünf Jahren eine gute Rolle. Lediglich in ihrer ersten
Saison, als die Oberbayern nur knapp den Play-downs entrannen, waren sie nicht
in den Viertelfinals vertreten. Dann ging es kontinuierlich mit dem zweimaligen
Erreichen des Halbfinals nach oben. Ausgerechnet im Vorjahr, als die Schützlinge
von Cheftrainer Ron Kennedy (ist wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt)
Zweiter hinter den Eisbären wurde, war bereits in Runde eins nach sieben Spielen
gegen Hannover Schluss. Mit Ausnahme von Verteidiger Jakub Ficenec sind die
Ingolstädter nicht in der Rubrik „Superstars“ vertreten. Vielleicht spricht das
für die Truppe, die am letzten Punktspiel- Wochenende zwei Niederlagen
kassierte.
Haie-Cheftrainer Doug Mason steht
vor einer Bewährungsprobe. Schon zweimal sah es aus, als würde der
Holland-Kanadier die Segel streichen (müssen), zweimal zog er mit Siegesserien
den Kopf aus der Schlinge. Zum erstenmal in seiner Laufbahn steht einer der
dienstältesten DEL-Cheftrainer an der Bande eines Spitzenvereins mit dessen
entsprechenden Erwartungen. Die Haie können an guten Tagen jeden schlagen, doch
eben nur an guten Tagen. Ein Problem der Domstädter ist deren mangelnde
Disziplin. Vor allen Dingen muss sich Raubein Jason Marshal (253[!]
Strafminuten) Zurückhaltung auferlegen. Das Plus der Domstädter: Sie haben
einige Akteure in ihren Reihen, die ein Spiel ganz allein entscheiden
können.
Ähnlich wie in Köln, wird auch in
Hannover besonderes Augenmerk auf den Mann an der Bande gelegt. Ex-Bundestrainer
Hans Zach läuft seit nunmehr 14 Jahren dem Erfolg, sprich, dem Gewinn der
Meisterschaft, hinterher. Übernahm der gebürtige Bad Tölzer in Köln den
damaligen deutschen Meister, so sind die Niedersachsen im Vorjahr immerhin bis
ins Halbfinale vorgestoßen. Schafft Zach die Wiederholung des Kunststückes
seines Vorgängers Kevin Gaudet nicht, werden sich manche fragen, warum überhaupt
ein Wechsel vollzogen wurde. Erstaunlich in negativer Hinsicht, dass Hannover
hinter Frankfurt und Köln den dritten Platz bei den Strafminuten belegt.
Verpuffen Zachs Forderungen nach Disziplin ungehört?
Eines ist klar: Die Hamburg
Freezers sind in Schwung und holten sich die nötigen Triumphgefühle in den
Qualifikationsspielen gegen die Krefeld Pinguine. Beide Male ein 5:3 gegen eine
zugegebenermaßen unmotivierte Truppe bedeuten darüber hinaus, dass der
Spielrhythmus gewahrt blieb. Die Hanseaten, die sich durch Manager Borko Capla
und Chefcoach Bill Stewart kaum Freunde außerhalb erwarben, sind seit ihrer
DEL-Aufnahme vor fünf Jahren stets in den Viertelfinals vertreten gewesen.
Bisher reichte es erst einmal zum Erreichen des Halbfinals. Dort besiegten sie
immerhin den späteren Champion Frankfurt, was dem Finalteilnehmer Eisbären
Berlin nicht gelang. Für eine Überraschung sind Francois Fortier & Co.
allemal gut.
Das Husarenstück ist den
Frankfurt Lions bereits gelungen: Nach einer Heimniederlage in der Qualifikation
drehten die Mainstädter den Spieß um und fuhren die nötigen zwei Siege gegen den
deutschen Meister Eisbären Berlin ein. Die Hessen sind und bleiben die
Wundertüte der Liga: 2003 beinahe abgestiegen, wurden die Lions ein Jahr später
deutscher Meister. Nach einem weiteren Jahr kamen sie als Erster der Punktrunde
nur bis ins Halbfinale, während es im Vorjahr nicht zu den Play-offs reichte.
Das einzige Beständige sind die Zuschauer, die ihre Lieblinge nicht im Stich
lassen. Spiele gegen Mannheim haben immer ihren besonderen Reiz, doch wäre alles
andere als eine Verabschiedung aus der Saison gegen den haushohen Favoriten eine
Riesenüberraschung.