Akribisch und voller Anekdoten: Stephan Müller erfasst das deutsche EishockeyNeuauflage des Buchs über „Deutsche Eishockey Meisterschaften“

Bei einigen Statistikfans dürfte es nun klingeln. Denn ein ganz ähnliches Buch hatte Müller schon im Jahr 2000 veröffentlicht. Nun ist die verbesserte und erweiterte Neuausgabe zu haben. „Vom Eishockeyfieber wurde ich bei den Olympischen Spielen 1968 gepackt“, erinnert sich der Autor im Gespräch mit Hockeyweb. Als 1970 der so genannte Leistungssportbeschluss aus der DDR-Oberliga eine Veranstaltung für zwei Teams machte – fortan spielten nur noch Dynamo Weißwasser und Dynamo Berlin um den DDR-Titel – war Müller als junger Eishockeyfan getroffen. Alle anderen Teams durften nur noch in der so genannten Bestenermittlung, einer besseren Hobbyliga, antreten. „Nach der Wende hatte ich die Idee, die Geschichte des Eishockeys in der DDR aufzuarbeiten“, so Müller. Doch je mehr er darüber nachdachte, wurde im klar, damit möglichst viele Fans interessiert sind, muss es ein Buch über das gesamte deutsche Eishockey werden.
Und Müller legte los. Er recherchierte, saß in Archiven, tauschte sich mit anderen Eishockey-Statistikern deutschland- und weltweit aus. Dennoch blieb es eine mühselige Arbeit. „Gerade für die Zeit vor dem 2. Weltkrieg gibt es wenige Quellen und nur Sekundärliteratur“, berichtet der 62-Jährige. Und dennoch entstand schon 2000 ein umfassendes Werk.
„20 Jahre schienen mir eine gute Zeit, um eine Neuauflage zu wagen“, erklärt Müller. Nun sind auch Ergebnisse und Tabellen der Vorkriegszeit zu finden aus Regionen, die längst nicht mehr zu Deutschland gehören. Die Ostdeutsche Meisterschaft mit Vereinen wie dem VfB Königsberg, die Niederschlesische Meisterschaft mit dem Breslauer EV. Und in Ostschlesien ging beispielsweise der EV Hindenburg an den Start. „Es gibt da noch einige Lücken“, sagt Müller. Die vielleicht irgendwann in einer 3. Auflage geschlossen werden.
Müllers Akribie ist bemerkenswert. In der Nachkriegszeit erfasst er so viele Ligen wie möglich. Bundesliga, Oberliga, Gruppenliga. Wussten sie, dass Blau-Weiß Wickede 1963/64 in der drittklassigen Gruppenliga gespielt hat? Verlockend wäre es sicher noch, auch noch die darunter liegenden Spielklassen der Landesverbände zu erfassen. „Aber da ist die Quellenlage extrem dünn und würde wohl nicht genügend Leute interessieren“, musste Müller irgendwo eine Trennlinie ziehen, um sich nicht zu verzetteln.
Denn die Suche nach Ergebnissen und Tabellen ist nicht einfach. Wer denkt, die diversen Verbände hätte alles fein säuberlich archiviert, merkt schnell, dass das nicht so ist. Oft sind Zeitungen die wichtigsten Quellen. Warum macht er sich also diese Arbeit? Die Antwort ist einfach: „Weil es sonst niemand macht.“ Und Müller will nicht, dass die Geschichte, die Ergebnisse, die Leistungen der Spieler und Vereine von einst in Vergessenheit geraten.
Und untätig bleibt er nicht. „Ich könnte mir vorstellen, dass ich alle deutschen Eishockey-Länderspiele erfasse“, berichtet Müller. Auch das ist nicht so einfach. Oft absolvierte der DEB in den 60ern beispielsweise auch Spiele gegen „Nicht-Nationalmannschaften“, oft Vereinsmannschaften oder nordamerikanische Uni-Teams. In der frühen Zeit bleibt oft die Frage, ist das nun ein Länderspiel oder nicht – weil oft der Berliner Schlittschuh-Club stellvertretend für Deutschland gespielt hat. Und alle DDR-Länderspiele aufzulisten, stellt ebenfalls eine Herausforderung dar.
Aber das ist Zukunftsmusik. Wer aktuell wissen will, welcher Verein seit 1912 wo gelandet ist, der sollte sich Stephan Müllers Statistikwerk „Deutsche Eishockey Meisterschaften 1912 bis 2020“ zulegen. Es sind neben den Herren-Ligen einschließlich Auf- und Abstiegs- sowie Play-off-Runden auch die Meisterschaften der Damen und die drei Erstplatzierten aller Nachwuchsmeisterschaften zu finden. Das Buch ist bei Book on Demand erschienen und kostet 29,90 Euro.