Adler und Haie: Immer gute Spiele

Zwei Dinge beschäftigten Spieler, Fans und Verantwortliche der Mannheimer Adler an
diesem Abend: Die Begegnung mit den Haien und die Vorwürfe von Fans, die
Adler hätten vor dem Spiel in Hamburg zu fröhlich gefeiert. Am Montag
wird es zu Letzterem eine Pressemitteilung geben, das Spiel beurteilte
man bereits aktuell.
Zuerst zum Sport: Edgerton (Knieverletzung), Goc (Mandelentzündung),
Bakos und Junker (Grippe) pausierten, der Rest ging motiviert aufs Eis,
musste aber den Haien das erste Drittel abtreten. Hans Zachs Mannen
kamen gewaltig, mauerten hinten, stürmten vorne und scheiterten immer
wieder an einem gut aufgelegten Marc Seliger, der einige "big saves"
verzeichnen konnte. Das erste Tor schossen eigentlich folgerichtig die
Gäste, Furchner überwand Seliger, Elick und Dessner hatten ihn bedient
in der 17. Minute.
Wie umgewandelt kamen die Adler nach der Drittelpause aus der Kabine,
sie stürmten, zeigten Einsatz. Rene Corbet, der an diesem Abend ackerte
wie ein Wilder, wurde in der 25. Minute belohnt. Auf Zuspiel von Plante
und Joseph schoss er den Puck an dem sonst sicher wirkenden Rogles ins
Netz. Der Mittelabschnitt präsentierte den Zuschauern schönes Eishockey,
schnell, spannend. Racine erzielte in der 34. Minute das 2:1, mit
beteiligt waren Ustorf und Kennedy. In der 35. Minute glichen die Haie
jedoch schon wieder aus. Schlegel setzte einen gewaltigen Treffer ins
Tor, Lüdemann hatte vorgelegt.
Drittel drei wirkte anfangs zerfahren auf beiden Seiten. Jubel beim
Adler-Anhang, als in der 47. Minute Kennedy (Assists Ullmann und Plante)
den Führungstreffer herausschoss. Die Chancen häuften sich, die Adler
kamen gewaltig nach vorne. Und dann die 51. Minute. Das Publikum dachte,
es sei nach einem Foul abgepfiffen gewesen, doch der Schieri ließ
weiterspielen. Ex-Adler und jetziger Hai Ron Pasco erkannte blitzschnell
die Gunst der Stunde, schnappte sich den Puck und zog los zu einem tollen Alleingang, bediente dann Palmer und Furchner, der Ausgleich war
geschafft.
In der Folge spielten sich turbulente Szenen ab. Fans pfiffen sich die
Seele aus dem Leibe, warfen Gegenstände aufs Eis, konnten sich überhaupt
nicht mehr beruhigen, obwohl der Unparteiische nach Aussagen von
Experten absolut korrekt gehandelt habe. Die meisten im Stadion hatten
den Vorfall nicht genau mitbekommen, waren nur davon ausgegangen, dass
das Spiel unterbrochen worden sei. Es dauerte, bis man das eigene Team anfeuerte, gellende Pfiffe und
Schmählieder gegen die Schiedsrichter hielten einige Minuten lang an.
Dann aber standen die 7300 hinter ihrer Mannschaft, versuchten, sie mit
Gesängen nach vorne zu peitschen. Gute Chancen gab es, letztendlich aber
vereitelten Rogles oder das Pech Tore. Es ging ins Penaltyschießen.
Hier zeigte Marc Seliger seine ganze Klasse, hielt, was zu halten ging.
Mannheims Stürmer trafen diesmal, Roach wird auf dem Spielberichtsbogen
als Gewinner angegeben.
Beide Trainer zufrieden
In der Pressekonferenz zeigten sich beide Coaches zufrieden. Hans Zach:
"Das war ein sehr, sehr gutes Spiel zwischen zwei guten Mannschaften."
Der Kölner Trainer fand das 3:3 gerecht, sah seine Jungs im ersten
Abschnitt mit den besseren Chancen, im zweiten sei Mannheim besser
gewesen, im dritten habe seine Mannschaft nie aufgegeben, die Spieler
hätten die Rückstände ausgeglichen, was Zach besonders freute.
Bill Stewart sah die Begegnung als sehr wichtiges und gutes Spiel:
"Jedes Spiel gegen Köln ist sehr, sehr hart." Die Schiedsrichterleistung
sah er "als gefährlich" an. Seine Adler, meinte Stewart, hätten an
diesem Abend "eine Menge Charakter gezeigt."
Die Szene zum 3:3, nach der Kölns Coach von einem Journalisten gefragt
wurde, sah Zach so: "Von der eigenen Zone aus, darf man mit der Hand
einen Pass spielen."
Ron Pasco, der im Kabinenbereich wie ein verlorener Sohn freudigst
aufgenommen wurde - von Arzt Dr. Guido Volk über Adler-Betreuer Marcus
Schmuck bis hin zu Journalisten, Ordnern und Fans - freute sich
sichtlich darüber, dass man ihn in Mannheim nie vergessen hat. Er sei
jedesmal glücklich, wenn er wieder im alten Stadion antrete, verriet
Pasco. Er habe in der Quadratestadt wunderbare Jahre verbracht, die er
nie vergessen würde. Natürlich sei er auch hochmotiviert gegen die
Adler, Ehrensache, dass er um jeden Zentimeter Eis kämpfte, um seinen
Haien einen Sieg zu bescheren, denn eines ist klar, bei allen guten
Gefühlen für frühere Zeiten, ein Ron Pasco ist seinem Arbeitgeber
gegenüber hundertprozentig loyal. Außerdem fühlt er sich längst in Köln
heimisch, er wohnt und spielt dort ausgesprochen gerne. Das Spiel sei
Klasse gewesen, meinte Pasco, übrigens in perfektem Deutsch, die
Stimmung nach wie vor fantastisch, wie er es von Mannheims Fans gewöhnt
sei. Dann wurde er wieder umringt von jenen, die ihm unbedingt noch die
Hand schütteln wollten.
Mannheims Goalie Marc Seliger war im großen und ganzen zufrieden mit
dem Verlauf, meinte jedoch, "ein Tor weniger hätte es sein können." Der
dritte Kölner Treffer wäre vollkommen unerwartet gekommen, auch der
Adler-Goalie hatte angenommen, das Spiel sei abgepfiffen. "Man muss halt
immer weiter spielen, wenn man nicht hundertprozentig sicher ist", sagte
Seliger, der bescheiden Komplimente über seine Leistung, die imponierte,
abwehrte. Hai Markus Kink freute sich über den Punkt: "Man muss in Mannheim froh
sein darüber, das Team ist sehr stark", aber eigentlich, bekannte er
dann doch noch, sei er der Meinung, dass die Kölner genausogut hätten
gewinnen können. Kink, als früherer Riesserseer war ebenso wie Harti
Wild, der auch aus Garmisch-Partenkirchen stammt, entsetzt über die
Vorfälle bei ihrem alten Verein. Überhaupt wurde an dem Abend häufig
über die Entlassung von Riessersees Trainer Peter Gailer geredet.
Übereinstimmende Meinung: In Garmisch-Partenkirchen ginge es drunter und
drüber, weil sich die Vereinsspitze in der Republik lächerlich macht mit
ihren undurchdachten Aktionen.
Und dann kam wieder das zweite Thema des Abends. Marcus Kuhl war
kryptisch geblieben bei der Pressekonferenz. Er wolle jetzt etwas sagen
und bitte darum, keine Fragen zu stellen, meinte der Sportmanager. Es
ging um einen Artikel in der Bild-Zeitung, der sich um einen Eintrag auf
der inoffiziellen Adler-Homepage drehte. Dort hatte ein Fan behauptet,
die Spieler am Abend vor dem Hamburg-Spiel auf der Reeperbahn gesichtet
zu haben mit Bier in der Hand. Ein anderer Fan stellte ein Bild ins
Netz. Die Zeitung griff das auf. Bei Kuhl blieb offen, ob es am Montag
eine Pressemitteilung gegen die Zeitung oder über die Spieler gäbe.
Deutlicher wurde Adler-Geschäftsführer Matthias Binder: "Wir können das
Verhalten der Spieler als Organisation nicht übergehen. Wir werden am
Wochenende gemeinsam überlegen, was zu tun sein wird." Co-Coach Rico
Rossi stimmte in den Chor mit ein: "Es wird Konsequenzen haben."
Einer, der auf dem Bild zu sehen war, ist Frankie Groleau. Auf dem
Foto sitzt er in einem Lokal, man kann nicht erkennen, ob er ein Bier
trinkt, die Uhrzeit steht nicht fest. Für Groleau "eine wirkliche
Verletzung, dass alle jetzt davon ausgehen, dass wir zu viel getrunken
haben. Warum fragt man uns nicht erst, bevor man solche Meldungen
verbreitet in der Öffentlichkeit? Ich kann genau sagen, wie es war.
Wayne Hynes, mit dem wir lange zusammengespielt haben, hat uns abgeholt.
Wir waren auf der Reeperbahn, weil das typisch für Hamburg ist. Das Bild
ist um 20.30 Uhr aufgenommen worden. Um 21.30 Uhr haben wir die
Reeperbahn verlassen, in einem Lokal noch ein Bier getrunken, um 23 Uhr
waren wir alle im Hotel." Groleau ist entsetzt über die Außenwirkung,
"ich nehme an, der Fan ist jetzt sehr stolz darauf, das Thema in dieser
Form aufgebracht zu haben. Für uns ist das aber sehr verletzend, die
Spieler auf dem Foto, Stefan Ustorf, Steve Junker und ich identifizieren
uns mit unserer Mannschaft, wir spielen schon länger hier, wir wollen
alles geben, damit die Adler Erfolg haben. Wenn wir uns etwas hätten
zuschulden kommen lassen, würde ich wirklich sagen, dass jede Strafe
gerecht wäre. Aber wir haben überhaupt nichts verbrochen." (siehe auch
Kommentar)