Adler stoppen Ingolstadts Höhenflug

Klare Worte bei den AdlernKlare Worte bei den Adlern
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In der Arena steppte der Bär nach dem Abpfiff: Kein Wunder, schließlich hatten

die Mannheimer Adler soeben den DEL-Spitzenreiter aus Ingolstadt gerupft. Bis

Sekunden vor Schluss war das noch gar nicht so sicher gewesen. Meterhohe Berge dürften

dem Trainer-Trio vom Herzen gefallen sein. Auch, wenn sie nach Ende der Partie

von einer geplanten guten Woche redeten.


Dabei begann das Ganze gar nicht gut, elf Sekunden waren gespielt, da musste

Ilpo Kauhanen hinter sich greifen, Cameron Mann auf Zuspiel von Ast und Sutton

hatte das 1:0 für die Gäste erzielt. Kollektiver Schock in vielen Adlerherzen.

Letztes Mal hatte es immerhin noch 38 Sekunden gedauert, bis der Gegner zum Zuge

kam. "Nächstes Mal nehmen wir zu Beginn eine Auszeit, damit wir die ersten

Minuten nicht spielen müssen", scherzte Trainer Stephane Richer später im

Kabinenbereich.


Doch zum Scherzen war ihm sicherlich nicht zumute in den ersten bangen Minuten

dieser Begegnung. In der zehnten Minute versenkte Steingroß die Scheibe über

Kauhanens Schulter hinweg  im Netz. Bedient worden war er von Yannic

Seidenberg und von Mann. Nun erwartete man eigentlich einen Durchmarsch des

Primus, doch es kam anders. Denn die Adler lehnten sich auf und es war einmal

mehr Rene Corbet, der auf Zuspiel von Shantz und Edgerton in diesem Falle, einen

kühlen Kopf behielt und in der 11. Minute den Anschlusstreffer zum 1:2

erzielte. Das Haus dankte es ihm mit Riesenapplaus. Unter 10 532 Zuschauern

waren immerhin etliche Ingolstädter, die zwischendurch für fröhlichen Lärm

sorgten.


Und dann die Schreckminuten, als Corbet bei einem Bandencheck verletzt wurde.

Unsicherheit in mehrfacher Hinsicht. Denn die Gerüchte über eine Verletzung

eines der wichtigsten Adler-Spieler überhaupt, kursierten. Daumenbruch, hieß

es, dann Verdacht auf Mittelhandbruch. Letztendlich war es ein ausgekugelter

Daumen. Corbet nach Spielende mit Verband: "Es tut weh, aber ich hoffe,

dass ich schnell wieder antreten kann." Zwischen zehn Tagen und drei Wochen

wird er wohl pausieren müssen laut Expertenmeinung. Aber, und das war immerhin

noch Glück im Unglück, ein Bruch hätte ungleich länger heilen müssen. Die

zweite Unsicherheit hatte mit dem Strafmaß für Ferguson zu tun. Matchstrafe

verkündete Stadionsprecher Udo Scholz, andere sprachen von einer

Spieldauerdisziplinarstrafe. "MP" hieß es dann im offiziellen

Spielbericht.


Wer nun erwartet hatte, dass die Adler die Flügel hängen ließen, der

täuschte sich gewaltig. Beim 5 gegen 3 agierten die Mannheimer zwar

erst nervös, schafften in der 18. Minute dann aber doch den Ausgleich.

Ratchuk, in Szene gesetzt von Hedin und Carciola, war erfolgreich. In

der 19. Minute dann der totale Freudentaumel in jener Arena, in der die

Fans in der letzten Zeit wenig verwöhnt worden waren. Tripp markierte

das 3:2, bedient von Ullmann und Kink.


Im zweiten Drittel ging Sachar Blank mit einem sehenswerten Alleingang mit gutem

Beispiel voran. Vier Adler gegen drei Ingolstädter, das ließen sich die

Mannheimer nicht aus der Hand nehmen. Tremblay schoss das 4:2 in der 31. Minute,

Edgerton und Rachuk fungierten als Assistenten. Skepsis nun beim Ingolstädter

Anhang, der allerdings stimmgewaltig anfeuerte und auch die netten Busfahrer aus

Bayern wollten nicht aufstecken: "Im Bus haben wir Platz für drei

Punkte", lächelte einer.


Doch das dritte Drittel begann und es sah eigentlich nicht nach einer

bayerischen Aufholjagd aus. Alleingänge auf beiden Seiten, gute

Torhüterleistungen von Waite und Kauhanen. In der 54. Minute hatte sich

die Mannheimer Abwehr einschläfern lassen, die Adler kassierten das 3:4

durch Keller. Danach begann das große Zittern bei den Adlern. Denn

Ingolstadt drehte nochmal mächtig auf und wäre Kauhanen, unterstützt

von seinen Defensivleuten, nicht auf dem Posten gewesen, das Spiel

hätte nochmal kippen können. Eine halbe Minute vor Schluss blieb

Kauhanen am Boden liegen, Dr. Guido Volk, der Mannschaftsarzt der

Adler, musste anrücken. Doch der Goalie erhob sich uns spielte weiter.

Später kam er mit einem Verband ums Knie aus der Kabine. "Nichts

kaputt", hatte vorab schon Co-Coach Anders Olsson Entwarnung gegeben

und Jackson Penney hatte betont, dass die Situation allerdings

gefährlich hätte werden können. Wenn ein Pulk von Spielern auf dem

Torwart lande, könnten auch Knochen brechen. Doch Ilpo steckte alles

weg, humpelte noch nicht mal und freute sich, dass er so früh seinen

Vertrag habe verlängern können. "Das gibt mir sehr viel Ruhe", meinte

er, sonst habe man immer im Frühjahr unter immensem Druck gestanden.


Kauhanen habe großartig gehalten, bestätigte auch Spielerkollege Yannick

Tremblay. "Heute haben wir einen wirklich wichtigen Schritt nach vorne

gemacht", betonte er gegenüber Hockeyweb. "Die Jungs haben wirklich

hart gearbeitet im Training", meinte der Crack, "es ist schön, wenn

man dann auch Resultate sieht". Dass man nach dem schnellen Ingolstädter Führungstreffer

wieder ins Spiel gekommen sei und auch einen 0:2 Rückstand verdaut habe, das

sah Tremblay als eine der frohen Botschaften an diesem ersten Adventssonntag.

"Wir haben nicht aufgegeben, sondern unser System gespielt. Die ganze Woche

über haben wir uns als Team eingeschworen, nur als Team gewinnst Du. Wir gehen

jetzt einen Schritt nach dem anderen. Als Corbet verletzt wurde, da sind wir

noch näher zusammengerückt und haben weiter gemacht." Für den Spieler

das A und O : "Die Trainer haben uns eingeschworen, positiv zu denken, hart

zu spielen und den Erfolg einzufahren."


Rene Corbet war zu dieser Zeit nach dem Spiel schon wieder aus dem Krankenhaus

zurück. "Es sieht hässlich aus", meinte er und deutete auf seine

Hand, "aber ich konnte sie noch bewegen und ich habe Glück gehabt".

Den Sieg bewertete auch er hoch ein: "Die Jungs haben hart weitergespielt,

wir haben eine gute Woche hinter uns, der Sieg im Pokal, fünf von sechs Punkten

in der DEL, jeder von uns kämpft, wir spielen solide, es hat geklickt."


Ron Kennedy fand den Start seines Teams super, meinte aber dann, "wir

haben uns zu sehr auf die Schiedsrichter konzentriert, zu viele

Strafzeiten bekommen, das hat uns das Spiel gekostet." Stephane Richer

freute sich sehr offensichtlich (und sehr sympathisch) über den Sieg.

"Ich bin sehr stolz nach den drei Siegen", meinte er, und fügte hinzu,

dass er an diesem Abend "unser bestes Spiel der Saison" gesehen habe.

Ingolstadt sei ein sehr schwerer Gegner, umso höher bewerte er den

Erfolg. Auch Jackson Penney war zufrieden: "Die Jungs wissen, was sie

tun und sie haben Stärke bewiesen durch die Turbulenzen der letzten

Zeit." Und jetzt, meinte der Co-Coach, "müssen wir von Spiel zu Spiel

weiterdenken".


Vor dem Ingolstädter Bus hatten sich auch Andrea und Detlef Seidenberg mit den

IGMH-Lehrerinnen Marianne Wolfahrt und Sabine Bauer getroffen. Immer, wenn

ehemalige Jungadler antreten in Mannheim, werden sie von den beiden Lehrerinnen

begrüßt. Die Kids wissen genau, was sie den beiden Frauen zu verdanken haben,

die weit über alle Arbeitsverträge Riesenleistungen für das Jungadler-Projekt

erbringen. Mit dabei auch Yannic Seidenbergs Freundin Scarlet, eine hinreißende

junge Frau, die schon seit Jahr und Tag mit Yannic zusammen ist. Auch Dennis ist

beständig, verriet Mutter Andrea, die sich im übrigen freute, wieder mal in

Mannheim zu sein. "Das ist doch ein Stück Heimatgefühl", meinte sie,

"wir haben hier wirklich gute Zeiten verlebt". Dennis macht ihr wegen

seiner Verletzungen ein wenig Sorgen. Vor kurzem sei sie bei ihm in Übersee

gewesen, da habe er gerade eine schwere Gehirnerschütterung gehabt und nun sei

ein Handgelenk gebrochen. Er sei dann, meinte Andrea Seidenberg kopfschüttelnd,

mit seiner Freundin im Zug nach Baltimore gefahren, habe sich unter Vollnarkose

operieren lassen und sei mit dem Zug zurückgefahren. Wer Dennis Seidenberg und

seine Energie und seinen Willen kennt, den verwundern solche Nachrichten nicht.

Schon als Adler wusste der junge Mann schließlich ganz genau, was er wollte.

Angelika von Bülow


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