Adler: Spieler in der Krise
Klare Worte bei den Adlern"Ich habe", sagte Adler-Coach Teal Fowler nach der 2:4 Niederlage seines Teams gegen die Sinupret Ice Tigers, "noch nie so viele Spieler auf einmal in der Krise gesehen". So wirkten sie denn auch streckenweise, die Meister-Adler der vergangenen Saison. Rene Corbet, jahrelang eine Bank für die Mannheimer, hatte schon Glück, wenn er einen Pass richtig annahm oder abgab. Aber er ist nun wirklich nicht alleine. Der Fall von Pascal Trepanier etwa bescherte den Ice Tigers ein Tor bei doppelter Unterzahl. Andere kurvten sinnlos übers Eis und die Überzahlsituationen gerieten zur Farce, kaum einmal sprang ein zwingendes Power Play heraus.
Nur eine Reihe kann man ausnehmen von der Misere: Martinec, Ullmann und Arendt zeigten, wie es laufen sollte. Diese drei kämpften um jeden Zentimeter, sie setzten sich ein, gingen an den Mann. Verdienter Lohn das 1:0 in der elften Minute durch diese Reihe. Dass Martinec nach einigen Nickligkeit meckerte, weil er bestraft wurde, sein Kontrahent nicht, und für zehn Minuten auf die Bank musste, war natürlich bitter bei der einzigen Reihe, die wirklich funktionierte.
Für Fowler ist es beachtlich, wie die Reihe spielt. "Die waren in der vergangen Saison schon gut", betonte er, "aber sie haben nicht diese Hauptrolle gespielt wie jetzt. Jetzt sind sie unser A und O". Jetzt müssten nur noch alle Cracks versuchen, nach Fouls die Antwort auf sportliche Weise zu geben, auf der Bank würden sie niemandem nützen außer dem Gegner.
9643 Zuschauer wurden im Laufe der drei Drittel mutloser. Fürwahr, schön war das nicht, was die Adler boten. Dazu pfiff der Schiedsrichter bisweilen wie ein Wilder, was das Spiel nicht eben ansehnlicher machte. Ganz desolat das Powerplay der Adler, die auch aus fünf gegen drei Situationen nichts zu machen verstanden. Gut stand Adam Hauser, dem die Niederlage nicht angerechnet werden kann. Wenn sein Team Fehlpässe produziert, kann der beste Goalie nicht alles retten. Hauser rettete schon eine Menge.
Die letzten zwei Minuten erhielten die Adler zwei Strafminuten, das 4:2 für Nürnberg fiel nicht unverdient, so spielt man halt Powerplay. Die Adler schlichen in ihre Kabine, aber auch Nürnbergs Coach Benoit Laporte strahlte nicht eben Frohsinn aus. Greg Poss ließ ihn lange warten. Bis Laporte der Kragen platzte: "Bis die rauskommen, bin ich im Bus." Er ließ sich dann doch zurückholen, obwohl er sich beschwerte: "In Nürnberg dauert es drei Minuten, dann ist die Pressekonferenz, egal, ob ein Spiel gewonnen oder verloren wurde, in Mannheim ist es immer dasselbe." Recht bekam er von einigen Journalisten, die ebenfalls der Meinung waren, dass es zum Profitum gehört, die Pressekonferenzen zügig anzugehen, mit den Cracks kann man danach noch lange sprechen.
Der Nürnberger Coach machte es dann auch kurz und bündig: "Wir haben drei Punkte und sind sehr glücklich." Das Glück strahlte hingegen seinem Kollegen Greg Poss nicht aus den Augen. Was heute geleistet worden sei, fände er unakzeptabel. Er erwarte eine andere Reaktion der Mannschaft. Man müsse schließlich versuchen, das Spiel zu drehen und zwar bis zur letzten Sekunde. Die Cracks hätten das mal gekonnt, "nun müssen wir es wohl wieder lernen". Er wisse, dass er ein gutes Team habe, auch charakterlich, betonte Poss, aber das nütze nur etwas, wenn man das auf dem Eis auch zeigen könnte.
Teal Fowler erwartet von den Spielern, dass sie auf dem Zahnfleisch gehen, dass jeder einzelne 110 Prozent geben müsse. Diesen Einsatz bestätigte er Martinec, Ullmann und Arendt. Die Adler haben nur einen Tag Pause vor dem nächsten Spiel am Dienstag gegen Ingolstadt. "Wir werden morgen wohl individuelle Gespräche führen", betont Fowler. Die Aufstellung hänge dann auch davon ab, wer bereit sei für die 110 Prozent. Erleichtert wird das Ganze nicht eben durch die Liste der angeschlagenen Spieler, "aber", so Fowler, "das soll keine Ausrede sein".
Und dann gestand er noch, dass er das Spiel gegen Nürnberg als einen "Tag der Wahrheit" gedacht hatte. Schließlich wusste man, dass die Ice Tigers heiß darauf waren, die Adler zu schlagen, "auf dieses Spiel haben sie doch den ganzen Sommer gewartet". Von der Statistik her, erläuterte der Coach, wären die Adler gar nicht so schlecht gewesen, sie hätten mehr Torschüsse gehabt, drei von vier Gegentoren wären abgefälscht gewesen, aber das alles nütze überhaupt nichts, wenn dann so eine Leistung herauskäme, wie man sie an dem Abend gesehen habe. Einen Dank wollte Fowler ans Publikum richten: "Ich danke sehr für die Geduld, das ist nicht selbstverständlich."
Angelika von Bülow