Adler: Sonnenschein und Abschiedsweh

Klare Worte bei den AdlernKlare Worte bei den Adlern
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Die Sonne schien über dem Mannheimer Eisstadion und die Mienen der

Beteiligten waren um einiges heiterer als zuletzt an dieser Stelle. Obgleich

sich bei einigen auch Abschiedsweh einschlich an diesem Tag des Feierns. An die 1000

Fans mögen es gewesen sein, die Stadionsprecher Udo Scholz lauschten, als er

die Mannschaft nochmal aufs Eis rief und sich bei den einzelnen

verabschiedete, in die Pause oder für immer, zumindest für immer aus

Adler-Sicht. Die Fans

beklatschten jeden einzelnen, blieben fair auch bei Leuten, die sie in der

Saison nicht immer geliebt haben.

Wie Mike Kennedy. Der stand mit Frau und Sohn im Kabinenbereich und war ein

wenig aufgeregt: "Ob sie wieder pfeifen werden?" Die Saison sei hart

gewesen, meinte der Stürmer zu Hockeyweb, "und viele Leute haben sich über mich

geärgert, obwohl sie die Hintergründe nicht kannten." Es komme nicht gut an,

wenn

jemand die Wahrheit sage. Außerdem, auch das war Kennedy wichtig, habe er in

den 13 Spielen, die er unter Helmut de Raaf bestritten habe, 13 Punkte

geholt. Mit dem neuen Coach sei es von vorneherein gut gelaufen, schade,

dass der nicht früher gekommen sei. Teamkameraden bestätigten Kennedys Worte, kaum

einer, meinten sie, habe auch nur die geringste Ahnung, wie Bill Stewart mit

dem Crack umgegangen sei. Dass Kennedy spielen könne, wenn man ihn nicht immer

fertig mache, habe er vorher bewiesen und unter de Raaf ebenfalls. "Ich bin

enttäuscht, dass es uns mit diesen großartigen Jungs nicht gelungen ist,

weiterzukommen", bedauerte Kennedy.

Wohin er in der nächsten Saison geht, weiß er noch nicht, "es gibt

Verhandlungen, aber noch ist nichts spruchreif". Auch Steve Junker blickt

momentan einer ungewissen Zukunft entgegen. "Das mit meinem Pass wird noch dauern",

bedauerte er. Mit einem deutschen Pass im Gepäck hätten ihm die Adler ein

Angebot unterbreitet, so nicht. Das sei ein hartes Jahr gewesen, meinte

Junks, "aber so ist Hockey". Fünf Jahre habe er in Mannheim gespielt, da sei es

schon ein sehr merkwürdiges Gefühl zu gehen. "Beim letzten Heimspiel hab ich mein

Jersey gar nicht ausziehen wollen", bekannte der Crack Hockeyweb gegenüber.


Auch Todd Hlushko hatte gegen Emotionen zu kämpfen beim Gedanken an den

Abschied. Eine Cola in der Hand - unter de Raaf ist Alkohol, der sonst bei

solchen Gelegenheiten floss, verpönt - erzählte Hlushko von seinen Gefühlen.

Schlimm wäre vor allem gewesen, wie man die Serie verloren habe. Aber das

müsse

man nun abhaken, wieder nach vorne blicken. Zu 98 Prozent bliebe er in der

DEL,

verriet der Kanadier, wo sei allerdings noch nicht klar. Durch die neuen

Gesetze mit ausländischen Spielern bleibe relativ wenig Spielraum. "Ich habe

es

hier geliebt", verriet er noch, "die vier Jahre bei den Adlern waren nur

gut". Er wolle das alles positiv sehen, "nicht viele Kollegen haben die

Chance so

lange an einer Stelle zu bleiben.". Und noch eines wird ihn auf ewig mit der

Quadratestadt verbinden: "Ich bin ohne Kinder hierhergekommen und ich gehe

mit zweien." Das werde immer ein emotionales Band zu Mannheim sein. "Diese

Stadt wird immer einen ganz besonderen Platz in unserem Herzen haben."

Und die letzte Saison? "Die war furchtbar, aber es war nicht die einzige

furchtbare in meiner 15-jährigen Karriere", betonte Hlushko. Im Grunde habe

es an

vielen Komponenten gelegen, dass so viel schief gegangen sei, "am Team, am

ersten Trainer, an der ganzen Organisation". Auch Steve Junker hatte

beobachtet, dass es an vielen Ecken geklemmt habe, die Organisation habe

diesmal

einfach Sand im Getriebe gehabt. Obwohl, gab Todd zu bedenken, "weißt Du,

eigentlich

waren wir nur sechs Punkte vom dritten Platz weg. Hätten wir den gehabt,

alles habe anders ausgesehen und niemand hätte mehr von einer verkorksten

Saison geredet vielleicht." Und dann, mit dem typischen Hlushko-Grinsen:

"Ich

könnte ein Buch schreiben über diese Spielzeit und ich bin sicher, es würde

ein

Bestseller. Die meisten Leute wissen ja noch nichtmal einen Bruchteil von

dem,

was alles los war."


Doch dann wird es gleich wieder ernst. Hlushko will Derek Plante

verteidigen: "Er hatte allen gesagt, dass er eine Rückenoperation hinter

sich hatte.

Und dass es Probleme mit den Hüften gab. Ich bin aber sicher, dass er jetzt,

wo er weiß, es haut ihn nicht wieder gleich um, verdammt gut spielen wird.

Ja,

ich bin mir sicher, Derek wird einer der ganz großen Rückhalte in der

kommenden Saison sein. Er ist einfach ein großartiger Hockeyspieler." Die

Fans

hätten einfach nicht beurteilen können, was Derek habe durchmachen müssen

nach

der Operation. Gewissheit hätte man bei den Trainern erwarten können, doch auch hier steht

noch einiges in den Sternen. Rico Rossi weiß noch nicht, wo er nächste

Saison hinter der Bande stehen wird: "Wir müssen erstmal schaun, was mit

Heilbronn

wird", erzählte er Hockeyweb, "ich habe mehrere Optionen, entweder ich

bleibe Co-Coach neben Helmut, oder aber ich gehe nach Heilbronn, das dann so

eine

Art Farmteam wäre. Wir könnten wunderbar zusammenarbeiten und die jungen

Spieler wirklich ausbilden. Oder aber ich gehe zu den Jungadlern. Das bleibt

jetzt alles Marcus Kuhl überlassen." Für Helmut de Raaf ist klar, dass die

eventuelle Suche nach einem neuen Assistenten erst losgehen wird, wenn klar ist, wo

Rico

Rossi trainiert.


Helmut de Raaf war mit seinen Gedanken schon mitten in den Vorbereitungen

zur neuen Saison. Er wird die Jungs zwei Wochen früher zum Training bitten.

Das ändert zwar kaum etwas am terminlichen Beginn, weil die Saison später

anfängt, bedeutet aber weniger Urlaub für die Profis. Die können damit

umgehen,

wie sie unisono behaupten. Obwohl, auch das klang durch, viele Stein und

Bein

schwören würden, dass sie sowieso den ganzen Sommer ackern wie die Wilden.

Wie Musik in den Ohren mag es vielen geklungen haben, als immer wieder

"Helmut"-Sprechchöre erklangen. De Raaf hat in Mannheim ein gutes Standing,

drei

deutsche Meisterschaften mit den Jungadlern, seine sportlichen Ziele, de

Raaf will nicht nur Meister werden, er möchte auch noch ansprechendes

Eishockey

für die Fans bieten , haben ihm einen Platz in den Herzen erobert. Ihm

glaubt

man, was er sagt. De Raaf habe, das betonte auch Sprecher Udo Scholz, "viel

bewegt in den letzten Wochen, mehr, als andere in zwei Jahren".


Gedacht wurde übrigens auch an viele, die hinter den Kulissen ackern und

schuften. Wie Geschäfsstellenassistentin Renate Leibfried, wie die

Kabinenbetreuer Ritchie, Schmucki, Physiptherapeut Angel Lang oder Fisch.

Wie viele andere,

die sich

über die Saison hinweg - und weit darüber hinaus - einsetzen für diesen

Verein.

Und dann kamen sie noch einmal den Gang zurückgelaufen, die Helden des

Eises. Marc Seliger noch leicht humpelnd. "Innenbandabriss und angespannte

Kapsel", laute der Befund der Ärzte, erzählte der Goalie, "ich hab das

letztes

Jahr auf der anderen Seite gehabt und es hat einige Zeit gedauert", erzählte

der

Torwart, "aber zur Saison hin war wieder alles in Ordnung". Noch immer weiß

Seliger nicht, ob er in Mannheim bleibt oder nicht. "Morgen oder übermorgen

wird es sich wohl endgültig entscheiden", berichtete er Hockeyweb. "Schau

mer

mal", meinte er noch und grinste. Aus dem Off schaltete sich Sascha Goc ein,

der meinte, "Marc will halt das Geld verdienen, das er hatte." Der

Adler-Kapitän würde den Goalie gerne mit an Bord haben in der kommenden

Spielzeit. Mit

dem Abstand der letzten Tage kann auch Goc wieder optmisitischer in die

Zukunft

blicken. "Es ist gut, dass das ganze Theater vorbei ist, wobei ich natürlich

nicht auf das sportliche Ausscheiden anspiele." Zwei so schlechte Saisons

hintereinander könne und wolle er sich nicht vorstellen, deshalb sei er sehr

optimistisch, dass es von nun an bergauf ginge. Jeder müsse seine eigenen

Schlüsse ziehen und sein Bestes geben: "Ich bin dazu hundertprozentig

bereit",

bekräftigte Goc. Es sei gut, erstmal eine Auszeit zu haben. Die für die

Gocs

eine ganz besondere Bedeutung haben wird: Im Mai erwartet Tanja Goc ihr

erstes

Baby. Es soll in Mannheim geboren werden, Papa Sascha wird

selbstverständlich im Kreissaal Hilfestellung leisten.


Robert Hock zieht es erst nach Garmisch-Partenkirchen, dann nach Florida,

wo er lebt. "Das wissen nicht viele", grinste er, "aber ich sags nur, wenn

ich gefragt werde, ich renn doch nicht rum und erzähle den Leuten ungefragt

davon." Mit seiner eigenen Saison sei er zufrieden, meinte er, "klar,

einiges

kann noch besser werden, aber ich glaube, ich habe die Spielzeit in Köln

unter

Hans Zach abgehakt und gezeigt, dass ich spielen kann." Gerade zu Beginn der

Saison sei es gut gewesen, dass die deutsche Truppe das übernommen habe, was

normalerweise in Mannheim die Kanadier geleistet hätten in der

Vergangenheit: "Ich glaube, wir Deutschen haben besser gespielt, als das

viele erwartet

haben." Er selber habe einmal in seinem Leben Probleme mit einem Trainer

gehabt,

und das wäre mit Zach gewesen, mit Bill Stewart sei er zurechtgekommen,

ebenso

wie mit Helmut de Raaf. "Wir haben dasselbe Ziel, wir wollen Meister werden

und auch deshalb werden wir gut miteinander auskommen", sagte Hock über sein

Zusammenspiel mit de Raaf, auf den er große Stücke hält.


Und dann doch noch ein paar Takte zur vergangenen Saison: "Das wurmt

schon, wenn du eigentlich das bessere Team hast und dann rausfliegst. Wer

danach

nicht fertig ist, der hat seinen Beruf verfehlt." Dass man früher zum

Training antanzen müsse, ist für Hock überhaupt kein Problem. "Wenn du was

tust,

hast du keine Probleme, wenn du nichts tust, kriegst du welche." Harte

Arbeit

gehört für ihn zum Beruf, da gibt es keine Diskussionen.

Auch Jason Podollan will den früheren Trainingsbeginn nicht in Frage

stellen. "Sicherlich, alle, die von weiter weg kommen, hätten gerne mehr

Zeit zu

Hause, aber es ist schon okay." Jetzt permanent über die Vergangenheit

nachzudenken, hält Podollan für verfehlt: "Du änderst doch nichts mehr." Man

müsse

einfach mit einer ganz neuen Einstellung in die nächste Saison gehen, "ich

bin optimistisch, jeder brauch jetzt erstmal Zeit, um seinen Kopf

klarzukriegen, dann kommen wir zurück und packen es an."


Der Spieler wird erstmal alle Hände voll zu tun haben in seiner Heimat.

Er baut in British Columbia ein Haus auf einem Golfplatz. Die Pläne habe er

selber gezeichnet, im letzten Sommer auch noch alles überwacht. Wenn er

jetzt

zurückkommt, gehts an die Feinarbeiten. Beide Eltern wollen natürlich kommen

und bewundern, was der Sohn geschaffen hat. Der will natürlich auch

trainieren, Wasserski fahren, Schwimmen und Golfen.

Lindsey und Rene Corbet marschieren mit Söhnchen Matt über den Platz. Sie

freuen sich auf den Besuch zu Hause, kommen dann aber auch gerne wieder nach

Mannheim. Die Saison schnell abhaken, das wollen sie alle. Und dann

wiederkehren und die Konkurrenz das Fürchten lehren. "Es wird besser

nächstes Mal",

das sagen sie alle. Fehlt jetzt nur noch die Umsetzung auf dem Eis, bis die

Fans wirklich daran glauben. (Angelika von Bülow)


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