Adler schießen sich ins Halbfinale

"Sagen wir es mal so", meinte Coach Teal Fowler zu Hockeyweb und lächelte, "die
Frankfurter haben gute Vorarbeit geleistet". Gemeint war das Quengeln, die
Schiedsrichter hätten die Löwen benachteiligt in der Play-off Serie. Das konnte
man vom letzten Spiel, das die Adler als Sieger ins Halbfinale entließ, nicht
unbedingt sagen. Schiedsrichter Piechaczek schaffte es, innerhalb kürzester Zeit
wirklich alle in Rage zu bringen. Nein, als Friedensfürst trat das Zebra
wirklich nicht auf, von Minute zu Minute machte sich mehr Aggression breit, auf
den Rängen, aber auch auf dem Eis. Die da oben pfiffen was das Zeug hielt, die
da unten beharkten sich. "73 Minuten gegen uns, 34 gegen die Lions", meinte
ziemlich sauer zum Schluß ein Adler, "das war einfach nicht gerechtfertigt".
Teal Fowler allerdings räumet auch ein, dass manche Cracks auch selber schuld
gewesen seien bei ausgesprochen dummen Fouls. Für Jean-Marc Pelletier, einem der
Matchwinner des Nachmittags, zählte das alles nichts mehr, "wir haben gewonnen,
das ist die Hauptsache." Mit 3:2 gingen die Adler vom Eis, Frankfurt fährt in
Urlaub.
Bis es allerdings soweit war, fighteten die Frankfurter mit Mann
und Maus. Jedes Spiel der Serie, meinte Greg Poss, sei knochenhart gewesen.
Vieles hätte auch anders ausgehen können, betonte er und führte an, welch
starker Gegner die Lions gewesen wären. Deren Coach Rich Chernomaz gratulierte
artig dem Gewinner und wünschte viel Glück. Im ersten Drittel, meinte er, seien
seine Lions stärker gewesen. Wie recht er hatte. Die Adler-Fans schoben einen
gewaltigen Frust in diesen 20 Minuten. Da verstolperte ihr Team so manche
Chance, konnten manche gute Einzelaktionen nicht darüber hinwegtäuschen, dass
die Löwen im Adlerhorst die Hosen anhatten. Fast folgerichtig stand es 0:2 am
Ende des Spielabschnitts. Zu diesem Zeitpunkt hätte so mancher keinen
Pfifferling mehr gegeben für die Hausherren und mehr als einmal tauchte in
Pausengesprächen die Frage auf: "Selbst, wenn sie die Lions packen sollten, wie
wollen die in der Form im Halbfinale gewinnen?"
Doch dann fingen sich die
Adler wieder. Und zwar plötzlich und unerwartet. Eben noch Gestolpere auf der
ganzen Linie und dann auf einmal Power-Eishockey. Vor allem Jean-Marc Pelletier
glänzte mehrfach, parierte einige Alleingänge der Lions auf sein Tor,
vermittelte Ruhe und Souveränität. Er habe, meinte er nach Spielende zu
Hockeyweb, das Gefühl gehabt, einiges wiedergutmachen zu müssen: "In Frankfurt
habe ich wirklich nicht mein bestes Spiel gespielt." Fehler wurmten ihn immer
furchtbar, er wolle immer sein Bestes geben und sei heilfroh, dass ihm einige
gute Saves an diesem Nachmittag in der Mannheimer Arena gelungen seien, "aber",
das wollte er eigens zu Protokoll geben, "der Sieg ist ein Sieg des ganzen
Teams, die Jungs haben bis zum Ende gekämpft. Dass wir wieder zurückgekommen
sind nach dem 0:2, das gibt uns Moral und es zeigt, dass wir Spiele drehen
können und nicht aufgeben".
Ein früher Anschlusstreffer im zweiten Drittel
war, wie Fowler meinte, auch Ergebnis des Weckrufes, den die Lions vorher gleich
zweimal hatten ertönen lassen. Und vielleicht auch ein wenig Trotz gegen einen
Schiedsrichter, der bisweilen abenteuerliche Entscheidungen traf. Aus Adlern und
Löwen wurden auch deshalb an und ab Schwalben, wobei in einem Falle der
Frankfurter Erfolg damit hatte, der Mannheimer selber auf der Strafbank landete,
obwohl er sich doch genauso schön gekrümmt hatte. In diesem Zusammenhang noch
eine Anmerkung: Der Spruch "Scheiße, er lebt noch" ist in keinem Fall witzig,
vor allem, weil es schon Todesfälle beim Eishockey gegeben hat.
Auseinandersetzungen zwischen Fans, Pfeffersprayattacken und zerkratzte Autos in
Frankfurt, Pöbeleien von beiden Seiten, so weit sollte es einfach nicht gehen.
Schmähgesänge, gut und schön, dann aber bitte Stop. Die Frankfurter in Mannheim
waren übrigens ein gutes und auch lustiges Publikum und im Adler-Fanforum
schreiben auch Frankfurter und sind gerne gesehen. Wie die Adler sich als fair
erwiesen und Rich Chernomaz die Rückkehr auf die Trainerbank in Frankfurt
ermöglichten.
Der Nachmittag zeigte im dritten Drittel Play-off Eishockey
pur. Nicht unbedingt schön, aber auf jeden Fall kämpferisch, mit Lions, die
alles nach vorne warfen und Adlern, die immer besser ins Spiel kamen. Aber immer
noch zu wenig Tore schießen. Bei einem Stand von 3:2 darf man einfach nicht
versuchen, das Ergebnis über die Runden zu retten. Das kann grauenhaft in die
Augen gehen bei einer Mannschaft wie Frankfurt. Glück war auch noch mit im
Spiel, und ein Torwart, der sich den Löwen mannhaft entgegenwarf. Unglaublicher
Jubel nach der Nervenanspannung: Die Adler sind im Halbfinale. Greg Poss weiß
ganz genau, dass jedes Spiel seine Adler vor größte Herausforderungen stellen
wird. Erstmal haben die Spieler einen Tag frei, dann wird trainiert, am Freitag
dürfen sie nochmal ausruhen, bevor es am Samstag wieder hart zur Sache geht. Am
Sonntag, 1. April, beginnt dann das Halbfinale.
Angelika von Bülow