Adler schaffen das Drittel-Wunder - Mannheim besiegt Freezers
Klare Worte bei den AdlernEnde des zweiten Drittels herrschte Ratlosigkeit vor bei den Fans der
Mannheimer Adler. Ihre Jungs wollten und konnten nicht, eine
Schwächeperiode hatte sich vor den Augen der 4500 abgespielt, Pech kam
mit dazu und mannhaft verteidigende Hamburger, die eng vor dem Tor
standen und in Schlussmann Boris Rousson einen Klasse-Keeper hatten.
Marc Seliger auf Seiten der Blau-weiß-Roten sah allerdings ebenfalls gut
aus, schaffte ein paar "big saves", trug sich als Assist des Siegestores
ein und wurde zu einem der Match-Winner. Nach Spielende war er "einfach
platt", wie er Hockeyweb verriet. Aus gutem Grunde: Den Goalie plagt
eine dicke Erkältung, "ich habe heute mehr gegen mich selber als gegen
den Gegner gekämpft," sagte er und begab sich auf den Weg nach Hause zum
Auskurieren.
Denn Seliger muss fit sein, sein Kollege Richard Shulmistra laboriert
noch an einer Fußverletzung. Er schaute sich in der Mannschaftskabine
das Spiel in Premiere an. Und war glücklich für seine Mitspieler, denen
er bekräftigte, nochmal enorm zurückgekommen zu sein. Er selber hat das
in etwa einer Woche vor, schon am Mittwoch will er mit vorsichtigem
Eistraining beginnen.
Was er sah, kann ihn anfangs nicht gefreut haben. Plachta markierte
auf Zuspiel von Ex-Adler Dave Tomlinson das 0:1 in der fünften Minute -
in Überzahl der Adler. Danach gerieten die Mannheimer, die anfangs
wunderbar gestürmt hatten, ins Trudeln. Nervosität machte sich breit,
Ruppigkeiten nahmen zu, schön war dieses Spiel um diese Zeit nicht.
Aufatmen im Adler-Lager, als in der 16. Minute Roach auf Groleau und
Podollan Rousson überwand. Einer war um diese Zeit bevorzugtes Opfer der
Gegner: Tomas Martinec, der viel einstecken musste und bisweilen
bewundernswert ruhig blieb. Bewundernswert auch die Abwehrleistung der
Hamburger, die konsequent direkt vor dem Tor ansetzte. Die Kühlschränke
wankten und wichen nicht und brachten die Adler schier zur Verzweiflung.
Viel Eiszeit bekamen die Ex-Jungadler Fabio Carciola, sowieso schon eine
feste Größe im DEL-Team, aber auch Sachar Blank und Marco Schütz, die
nach Spielende strahlten. Nicht dabei war Christoph Gawlik, der er am
Freitag zur Verstärkung aus dem aktuellen Jungadler-Kader angefordert
worden war und seine Sache gut gemacht haben muss, glaubt man seinen
Teamkameraden, die voll des Lobes für ihn sind. Samstag und Sonntag
wollte Christoph aber unbedingt wieder sein DNL-Team verstärken.
Das zweite Drittel gehörte zu den unansehnlichsten seit langem, was in
Mannheim immerhin einiges heißen will. Zwar hatte man den Eindruck, dass
die Cracks wollten, aber sie konnten einfach nicht. Bisweilen gelangen
den Mannheimern, unter anderem Ullmann, Corbet, Podollan, Carciola und
Kennedy, sehenswerte Konter, aber das war zu wenig. Den Rest der Zeit
vertändelte man sich, kam nicht aus dem eigenen Drittel, ließ Seliger
sein Können unter Beweise stellen. Als dann noch Kennedy die Vorlage gab
zum Führungstor der Gäste in der 36. Minute, sah die Welt rabenschwarz
aus. Kennedy hatte Schneider vorbildlich bedient. Keiner ärgerte sich
mehr über den Fehler als Kennedy selber: "Wenn ich gewußt hätte, dass
Schneider ankam, hätte ich doch nie und nimmer in die Richtung
geschossen." Die beiden kennen sich gut, sie haben zusammen gespielt.
Großer Jubel erst drei Sekunden vor Schluss, aber das Tor wurde nach
Videobeweis nicht gegegen: Hoher Stock.
Niemand hätte darauf gewettet, dass die Adler dieses Spiel noch
rumdrehen könnten, vielmehr hoffte man auf ein rasches Ende mit einer
nicht zu hohen Niederlage. Doch dann kam alles ganz anders und das
grenzte an ein Wunder. Und an mehr: Es zeigte, dass Moral in der
Mannschaft steckt, dass man gemeinsam versucht, die Karre aus dem Dreck
zu ziehen und zu gewinnen. Kapitän Sascha Goc erklärte Hockeyweb später:
"Wir haben in der Kabine miteinander geredet. Wir alle wußten, wir
müssen dieses Spiel gewinnen. Und dann sind wir rausgegangen und haben
alle Kräfte mobilisiert. Das Freitagsspiel war schwer gewesen mit vielen
Strafzeiten und vielen Einsätzen für einzelne, wir waren geschwächt.
Aber wir haben es gepackt. Das ist ungemein wichtig für uns, es zeigt,
dass wir bereit und fähig sind, Spiele noch umzubiegen."
#tTodd Hlushko fieberte vom Kabinenbereich aus mit seinem Team. Noch ist
sein Knie nicht in Ordnung, täglich lässt er sich behandeln und freut
sich auf seinen Einsatz, obwohl er noch keinen festen Zeitpunkt nennen
kann. Er bekräftigte, dass seine Teamkameraden jedes Spiel gewinnen
wollten, dass man gemeinsam versuche sich gegenseitig zu motivieren.
Sascha Goc als Kapitän gab er gute Noten, sah ihn auch als wichtiges
Bindeglied zu den Fans und versicherte ihn der Unterstützung des
gesamten Teams.
Das Spiel sah Hlushko selbst vor dem dritten Drittel nicht so
pessimistisch wie viele andere. Manchmal bräuchte man einfach auch
Glück, die Adler hätten Chancen gehabt. Das Torraumabseits eines
weiteren nicht gegebenen Treffers der Adler im letzten Spielabschnitt ,
fand Hlushko zwar korrekt, obgleich er meinte gesehen zu haben, "wie ein
Hamburger Fabio in den Kreis gestoßen hatte." In der 44. Minute
klingelte es dann allerdings in Roussons Kasten: Plante traf auf Zuspiel
von Podollan und Corbet. Riesenjubel, die Fans standen wie ein Mann
hinter ihrem Team. Es gab noch eine Steigerung, als Devin Edgerton auf
Zuspiel von Joseph und Marc Seliger den Siegestreffer markierte. Gerade
Edgerton gönnten es die Leute von ganzem Herzen. Ihm sei, verriet "Edgi"
nach Spielende Hockeyweb "ein ganzes Piano vom Herzen gefallen." Er
verspüre riesengroße Erleichterung und freute sich über diesen Sieg
unbändig: "Das ist das erste Mal in dieser Saison, dass wir ein Spiel in
einem dritten Drittel umgebogen haben."
Bange Minuten bis zum Abpfiff, die Freezers setzten nun alles auf
eine Karte und kamen zu Chancen. Doch die Abwehr der Adler und Marc
Seliger hielten. Nicht nur Jochen Molling brüllte beim Rausgehen seine
Freude über diesen wichtigen Sieg heraus. Dave Tomlinson auf
Freezers-Seite sah das letzte Tor der Adler als unglücklich an, weil dem
Goalie die Sicht verdeckt gewesen sei. Im großen und ganzen hätte er
einen Sieg seiner Hamburger als gerechter empfunden, meinte Tomlinson,
für den es immer noch etwas besonderes ist, an alte Wirkungsstätte
zurückzukehren.
Freezers-Trainer King blieb eher still bei der Pressekonferenz: "Es
war ein starkes Spiel, unser Überzahlspiel war nicht gut, Mannheim hatte
ein gutes Tempo." Bill Stewart: "Die Schirileistung war richtig, das
Tor im letzten Drittel war kein Tor. Im ersten Drittel haben wir
schlecht gespielt, aber wir haben heute Charakter gezeigt. Der letzte
Monat war gut, unser bester in dieser Saison mit fünf gewonnen Spielen
und zwei verlorenen. Wir hoffen, dass es jetzt jeden Tag ein bisschen
besser wird. Ich glaube an meine Mannschaft und ich möchte mich für die
Unterstützung der Fans bedanken." (Angelika von Bülow)