Adler: Saisonauftakt nach Maß

Die Erleichterung war den Adler-Cracks nach dem Sieg im ersten
Heimspiel der DEL-Saison gegen die Kassel Huskies sichtbar anzusehen. Mit 2:1 lagen die
Schützlinge vom Trainergespann Bill Stewart und Rico Rossi letztendlich
verdient vorne, als die Schlusssirene erklang. Die Kassel Huskies konnten
trotzdem hocherhobenen Hauptes die Arena verlassen, sie hatten dem
Kontrahenten einen spannenden Fight geliefert. Die Erleichterung in
ihren Gesichtern, als sie das Stadion verließen, hatte übrigens auch
noch einen tieferen Grund: Bei einem Rohrbruch liefen die Exkremente
buchstäblich die Wand in der Gästekabine herunter. Ein Zustand, der im
wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel stank. Adler-Geschäftsführer
Matthias Binder: "Das nächste Mal ziehe ich mir Stiefel und ein
Regencape an." Ein Zeichen mehr für die Notwendigkeit einer neuen Arena,
die in frischer Pracht auf dem Bösfeld entstehen soll.
Das Spiel indes ließ wenig zu wünschen übrig. Neue und alte
Adler-Cracks harmonierten gut, der Auftakt war furios, so schnell
konnten die Schlittenhunde anfangs gar nicht gucken. Schon in der
dritten Minute markierte Joseph auf Zuspiel von Hock und Martinec das
erste Tor. Hock avancierte übrigens zu einem wahren Matchwinner, weil er
auch am zweiten Treffer in der 48. Minute beteiligt war.
Kassels brandneuer Goalie Gage verhinderte vorerst einen weiteren
Rückstand seines Teams mit blitzschnellen Paraden. Adler-Trainer Bill
Stewart bezeichnete den Gäste-Torwart später als besten Spieler auf dem
Eis. Aber auch Richard Shulmistra machte in seinem ersten
Vorrunden-Spiel für die Adler eine beachtliche Figur und wurde später
mit Ehrenrunden von den Fans gefeiert. Im ersten Drittel behielten die
Adler eindeutig die Oberhand über nervös aufspielende Huskies.
In Drittel zwei änderte sich das Bild, die Gäste drehten auf, kamen zu
schönen Chancen und scheiterten an der gut aufgelegten Defensive und an
Shulmistra. Das Spiel wurde jetzt etwas ruppiger. In der 24. Minute
hatte Trattning auf Zuspiel von Wahlberg und Robitaille den Ausgleich
geschossen. Der gab den Kasslern offensichtlich Auftrieb. Gute Chancen
aber auch für die Adler, durch Yannic Seidenberg, Fabio Carciola, Roach,
Ullmann, Corbet, Podollan, Hock und Kathan.
Im dritten Drittel war für Spannung pur gesorgt. Möglichkeiten auf
beiden Seiten, die Mannheimer spielten aber ein wenig cleverer, kamen
schneller nach vorne und standen gut in der Verteidigung. Erlösung in
der 48. Minute, als Martinec auf Zuspiel von Kathan und Hock einschoss.
Kein Grund für die Gäste aufzugeben, die Huskies wehrten sich verbissen
gegen die Niederlage. Bis 30 Sekunden vor Schluss - Goalie Gage hatte
längst sein Gehäuse verlassen - stand der Adler-Sieg noch nicht fest.
6400 Zuschauer, die für gute Stimmung gesorgt hatten, bejubelten ihr
Team frenetisch. Gute Geste der Huskies: Sie bedankten sich bei ihren
mitgereisten Fans herzlich. Mit zwölf Strafminuten für die Adler und 14
für die Huskies blieb die Begegnung, die Schiedsrichter Gerhard Müller
souverän leitete, außerdem ziemlich fair.
Trainer zufrieden
Axel Kammerer war mit seinem Team trotz der Niederlage relativ
zufrieden: "Wir haben den Adlern einen großen Kampf geliefert, waren
aber nicht clever genug, vor allem im ersten Drittel." Man habe zu viele
Strafzeiten kassiert, sei im zweiten Drittel aber gut zurückgekommen und
habe im dritten Drittel eigentlich nur durch einen individuellen Fehler
verloren.
Bill Stewart, dessen Deutsch sich enorm verbessert hat in den letzten
Monaten, sah beide Torhüter als große Verstärkung ihrer Teams. "Das
erste Drittel ging an uns", meinte Mannheims Coach, im zweiten hätten
die Adler zu viele Strafen kassiert, im dritten habe man sich auf die
Stärken besonnen. "Kassel ist sehr schwer zu spielen," meinte Stewart,
"das ist ein sehr kompaktes Team, dem ich viel Glück für die Saison
wünsche."
Spieler erleichtert
Gute Stimmung im Kabinentrakt trotz der Tatsache, dass der Rohrbruch
die Adler zwang in der Schiedsrichterkabine zu duschen. Grund genug für
Presse und Spielerfrauen angesichts der nur mit Handtüchern bekleideten
hin- und herwandernden Helden zu feixen. Erleichterung allerorten, dass
man das erste Heimspiel mit einer guten Leistung bestanden hatte.
Einer, der in der letzten Saison noch in Mannheim wohnte und spielte,
gratulierte seinen ehemaligen Kollegen. Huskie Nick Naumenko: "Das war
ein gutes Spiel. Die Adler haben letztendlich verdient gewonnen, aber
das zweite Drittel lief richtig gut für uns. Es war wirklich gut für ein
erstes Saisonspiel." Er fühle sich wohl in Kassel, betonte Naumenko, dem
Fachleute nach Anfangsschwierigkeiten in seiner ersten Europa-Saison
viel zutrauen, das Team sei fantastisch, mit dem Coach komme er bestens
aus, aber natürlich vermisse er auch seine Freunde in Mannheim.
Ein wenig traurig sah Torwart Gage aus. Er müsse sich erst noch gewöhnen
an das Spielsystem in der DEL meinte er, "es ähnelt dem
nordamerikanischen". Letzte Saison habe er in Schweden gespielt, dort
könne man bedeutend elegantere Spielzüge sehen. Dass er gelobt werde für
sein heutiges gutes Spiel freue ihn, meinte er, "aber ich bin hierher
gekommen, um zu gewinnen und das hat nicht geklappt". Für die nächsten
Spiele gab er die Parole aus: "Wir müssen 60 Minuten so spielen wie im
zweiten Drittel heute."
Adler Derek Plante, der sich an der Hüfte verletzt hatte, war
"stinksauer". Er hatte sich auf sein erstes Spiel in der regulären
DEL-Saison gefreut und nun dies. "Meine Hüfte tut weh, nicht so sehr,
wenn ich laufe, aber wenn ich Eishockey spiele, wird es immer
schlimmer." Er sei in Behandlung und hoffe, dass sich die Schmerzen bald
legen werden, meinte er. Schmerzen hatte an dem Abend auch Michael
Bakos, jener Spieler, der nach Aussage beider Trainer immer besser
wird. Eine Schulterverletzung wird ihn für etwa eine Woche auf Eis
legen.
"Ein interessantes Spiel"
Frankie Groleau hatte ein "interessantes Spiel" beobachtet, "mit einer
Reihe von wirklich guten Chancen." Er glaube, dass man mit diesem Team
viel erreichen könne, meinte der Frankokanadier. "Wir haben einfach eine
sehr gute Mischung von Talent, Schnelligkeit und Charakter." Danny aus
den Birken, der als zweiter Torwart mit von der Partie war, freute sich
über den Sieg, denn "wir haben viel besser gespielt als im Pokalspiel
in Landshut". Auch Mike Kennedy hatte ein gutes Gefühl für die Saison.
Er wolle es allen beweisen, dass er gut spielen könne, betonte er, der
in der vergangenen Spielzeit viel gescholten worden war. "Wir können
spielen", sagte er, "und wir haben ein besseres Team als letzte Saison".
Racine: "Die Chemie stimmt"
Yves Racine freute sich über die gute Leistung. Für ihn auch wichtig:
"Die Chemie stimmt und zwar viel besser als in der vergangen Spielzeit."
Dass er diese Saison von den Trainern mehr "Qualitäts-Zeit" bekommen soll
statt den Dauereinsatz im letzten Jahr, freut ihn. "ich weiß, dass ich keine
25 mehr bin", meinte Racine, "da ist automatisch die Kraft weniger.
Dafür habe ich aber Routine, das kann ebenfalls viel bewirken." Auch
Andy Roach betonte, dass die Chemie stimmt in der Mannschaft und man
sich viel vorgenommen habe. Robert Hock: "Ja, ich bin mit dem Spiel
zufrieden. Über meine Leistung will ich nichts sagen, das muss der
Trainer tun." In zehn Spielen könne man ihn fragen, wie er die Saison
beurteilt, meinte der sympathische Ex-Kölner, der sich bei aller Vorsicht in den Aussagen
sichtlich über seine zwei Assists freute.
Richard Shulmistra hatte "nie das Gefühl, wir könnten verlieren. Die
Stürmer waren gut, die Verteidigung stand sicher, letztendlich haben wir
das Spiel bestimmt." Und die Fans? "Die haben ihre Arbeit ganz wunderbar
gemacht", lächelte der Torwart, "ich weiß das wirklich zu schätzen. Ich
arbeite hart und ich freue mich, dass das anerkannt wird. Ich bin sehr
glücklich, jetzt in Mannheim zu sein und ich möchte mich ganz
ausdrücklich bei den Fans bedanken."
Aufatmen auch bei Kapitän Stefan Ustorf, der mit Ehefrau Jodie nach dem
Spiel am Tisch der Kinderklinik saß, eine Aktion, die er sehr gerne von
seinem Freund Mike Rosati, der "Rosys Kids Corner" gegründet hat,
übernahm. "Meine Schulter ist wieder voll belastbar," freute sich
Ustorf, "ich kann voll mithalten". Dass alles so gut gelaufen sei im
ersten Heimspiel freute ihn besonders, "wir waren über 60 Minuten die
bessere Mannschaft". Und die Fans? Die freuten sich über die Spannung
und die Stimmung und berichteten, dass Trainer und Team ganz
offensichtlich mehr auf den Anhang zugehen als an manchen Tagen der
vergangenen Saison. In der Schweiz habe es mehrere erfreuliche
Begegnungen gegeben. Der Anfang ist gemacht, "darauf können wir
aufbauen", hieß es immer wieder, unisono aus Fan-und Spielermündern.
(A.v.B.)
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