Adler rehablitieren sich gegen Kassel für Krefeld-Pleite
Klare Worte bei den Adlern"Wieder alles im Griff auf dem sinkenden Schiff", schallte es durchs
Mannheimer Eisstadion, nachdem der Sieg gegen die Kassel Huskies perfekt
war. 4:1 gewannen die Adler, die damit die 0:6 Scharte gegen die
Krefelder Pinguine vom Freitag wieder gutmachten. Die Erleichterung sah
man den Spielern an.
Wobei von sinkendem Schiff eigentlich wirklich nicht die Rede sein
kann in Mannheim. Bis auf eine Niederlage war es stetig aufwärts
gegangen, das Team ließ sich weniger leicht ins Bockshorn jagen als noch
ein paar Wochen zuvor. So war die Einstellung auch ganz klar, wie
Kapitän Sascha Goc Hockeyweb verriet: "Wir wollten auf jeden Fall Stärke
zeigen. Krefeld war ein Spiel, da hatten wir den Gegner unterschätzt,
wir dachten, jetzt läuft es von selber. Aber wir haben gesehen, es läuft
nicht von selber, wir müssen kämpfen. Wir haben nicht schön gespielt
heute abend, aber wir haben gewonnen und das ist wichtig."
Das war es natürlich auch den 5300 Fans im Rund, die sich
vorweihnachtlich siegesgewiss zeigten und ihr Team anfeuerten. Mike
Kennedy saß draußen, was, unter der Hand, noch nicht einmal einige
Teamkameraden bedauerten. Dafür durfte Fabio Carciola spielen, der erst
aus Berlin zurückgekehrt war und die gewohnt gute Figur machte. Im Tor
Richard Shulmistra, der seit einigen Wochen verletzungsbedingt pausiert
hatte. "Im Training ist es halt doch eine ganze andere Situation als
beim Spiel", sagte Sascha Goc und sprach dem Goalie Lob aus: "Er hat
sich bestens zurückgemeldet."
Fantastisch auf dem Posten sein Gegenüber Gage. Was der Mann an
Adler-Chancen vereitelte, war bewundernswert. Schier unhaltbare Schüsse
fischte er doch noch irgendwie aus der Luft. Kassel stürmte
zwischenzeitlich wild gegen Shulmistras Tor an und wurde, als die Uhr
auf genau 16 Minuten stand, belohnt: Eine kalte Dusche für die Mannheimer, die
allerdings nicht mit dem Rückstand in die Pause gingen. Edgerton schaffte den Ausgleich in der 19. Minute. Wobei dieses Tor
nicht unumstritten war, weil der Schiedsrichter eigentlich nach einem
Foul hätte abpfeifen müssen, es aber nicht getan hatte. Wozu sich der
Unparteiische den Videobeweis ansah, steht in den Sternen. Denn, dass
der Puck im Tor war, stand von vorneherein fest.
Im zweiten Drittel wurde ein Feuerwerk gezündet, allerdings nicht auf
dem Eis, sondern auf Ludwigshafener Gemarkung, gut sichtbar vom Stadion
aus. Dieser Spielabschnitt wirkte vor allem durch stellenweise
recht zerfahrene Kämpfe nach. Martinec auf Zuspiel von Hock und Junker gelang in der
24. Minute das 2:1. In Folge hatten beide Teams Unterzahlsituationen zu
meistern. "Schießen, einfach schießen", forderten die Fans. Doch so
einfach war das nicht bei einem herausragend halten Gage. In der 30.
Minute schob Corbet einen frei liegenden Puck ins Kassler Gehäuse, doch
der Schiedsrichter erkannte den Treffer nicht an.
Riesenturbulenzen in der Folge vor Gages Kasten, doch der Kasseler
blieb seelenruhig und ließ sich nicht bezwingen. In der 37. Minute
krümmte sich plötzlich Tomas Martinec nach einer heftigen Begegnung mit
Josh DeWolf auf dem Eis und hielt sich das Handgelenk. Man dachte an
einen Bruch, doch Martinec konnte Entwarnung geben. Zwar sei das Gelenk
offen und schmerze, doch gebrochen sei glücklichweise nichts. Der
Schmerz habe nach etwa fünf Minuten auch ein wenig nachgelassen.
Auf den Kontrahenten DeWolf war Martinec indes nicht gut zu sprechen.
"Der kann nicht richtig Schlittschuhlaufen, da ist er der Schlechteste
in seinem Team, dann muss er halt mit dem Stock arbeiten", meinte
Mannheims Nummer 13 nach Spielende. Martinec bekannte, er habe sich sehr
zusammenreißen müssen, um nicht zurückzuschlagen. Tatsächlich fiel DeWolf immer wieder durch seine ruppige Spielweise auf.
Dann kam es zu einem kuriosen Tor in der 40. Minute. Gedränge vor
Kassels Tor, ein Huskie ging mit dem Stock dazwischen, Eigentor zum 3:1
für Mannheim. Zugeschrieben bekam Corbet (auf Roach und Plante) den
Treffer. Auch im dritten Spielabschnitt häuften sich Strafzeiten. Mal war das
eine Team in Unterzahl, mal das andere. Der Fanzorn kochte desöfteren,
einmal flog sogar ein Tennisball aufs Eis, was anschließend zu
Spekulationen Anlass gab: Wer nimmt schon einen Tennisball mit auf ein
Eishockeyspiel? Einen Golfball hätte man im VIP-Bereich vielleicht noch
erwartet, das aber nicht.
Richard Shulmistra war gerade, mit dem Stock klopfend, um die Rückkehr
eines Huskies von der Strafbank anzuzeigen, bis fast zur Mitte der
Eisfläche vorgedrungen, da schlugen seine Jungs nochmal zu. Sascha Goc
schoss in der 57. Minute das 4:1, bedient worden war er von Joseph und
Edgerton. Was Kassel übrigens keineswegs veranlasste, jetzt
zurückzudrehen. Im Gegenteil, die Huskies kamen bissig nach vorne. Es
nützte ihnen jedoch nichts, es blieb beim 4:1.
Kassels Trainer Axel Kammerer machte es bei der Pressekonferenz kurz:
"Wir sind natürlich enttäuscht über die Niederlage, heute hat das
cleverere Team gewonnen." Zwei der Tore, "praktisch Eigentore" seien
sicherlich sehr unglücklich gewesen. Bill Stewart hatte Kassel im ersten Drittel besser als die Adler
gesehen, im zweiten und dritten Drittel sei dann seine Mannschaft sehr
gut gekommen: "Das Unterzahlspiel war der Schlüssel zum Erfolg." Man
habe den Freitagabend in Krefeld abhaken können. Nun müsse man einen
Schritt nach dem anderen nach vorne gehen.
Sven Valenti, Ex-Mannheimer und jetziger Huskie: "Wir haben die
Powerplaychancen nicht genutzt." Die Tore gingen keineswegs auf das
Konto des herausragenden Gage, betonte der Spieler. Dass man nie
aufgegeben habe im Spiel sei eigentlich Ehrensache, meinte Valenti, denn
"die Moral in unserer Mannschaft ist ausgesprochen gut". Nun müsse man
die Niederlage abhaken und nach vorne schauen.
Nach vorne blickt auch Rene Corbet, dessen Frau Lindsey ihr erstes
Baby erwartet. Der Papa in spe will unbedingt bei der Geburt dabeisein.
Jeden Moment könne es losgehen, verriet er Hockeyweb, "spätestens aber
wohl am Wochenende". Er werde auf jeden Fall Lindsey unterstützen. Dass
die Adler in solchen Fällen ein großes Herz für Babies haben, haben sie
schon häufiger bewiesen. Sollten vor einem Auswärtsspiel bei Lindsey die
Wehen einsetzen, wird Bill Stewart seinen Stürmer mit Sicherheit in den
Kreißsaal eilen lassen.
Steve Junker hat diese Erfahrungen hinter sich, mit seinen beiden
kleinen Söhnen kam er strahlend aus der Kabine. Klar, sagte er, nach
Krefeld habe sich jeder schlecht gefühlt im Team, aber man müsse auch
mal eines sehen, "ob du 0:1 verlierst oder 0:6, die Punkte sind in
beiden Fällen weg". Jeder sei am heutigen Abend ein wenig aufgeregt
gewesen, verriet Junker, aber man sei vor allem voller Siegeswillen aufs
Eis gegangen." Was er genau Weihnachten macht, weiß "Junks" übrigens
noch nicht. Da aber "ein großer Truthahn in unserem Gefrierschrank ist,
nehme ich an, wir werden ihn irgendwann essen".
Frankie Groleau kämpft um einen neuen Vertrag. Der einsatzfreudige
Franko-Kanadier möchte gerne in Mannheim bleiben, "etwas Besseres kann
man doch gar nicht finden", sagt er und auch, dass seine Familie sich
hier zu Hause fühle. Groleau, der sich Niederlagen sehr zu Herzen nimmt,
war nach Krefeld erstmal frustriert, freute sich aber, dass man gegen
Kassel so gut zurückgekommen sei. Jedes Spiel sei von nun an ein "big
game", das wisse auch jeder. Der Teamgeist sei bedeutend besser als noch
vor ein paar Wochen. Besonders freute sich Groleau, dass "Edgi" so gut
gewesen sei. Der strahlte über das Lob des Freundes. Edgerton: "Es ist
ein gutes Zeichen, dass wir heute so zurückgekommen sind. Das war vor
zwei Monaten noch anders, da hatten wir viel weniger Selbstvertrauen und
wären bedeutend nervöser aufs Eis gegangen." (Angelika von Bülow)