Adler rasseln in die zweite Heimpleite gegen Hamburg
Klare Worte bei den Adlern"Auf Wiedersehen im Sommer", so lautete der Spruch, den man am häufigsten
hörte nach diesem Spielabend. Viele wären gerne schon früher gegangen, aber
als
Fan ist man zäh und bleibt bis zum Schluss. Außerdem stirbt die Hoffnung
bekanntlich zuletzt, dann aber ist sie mausetot. Das war sie zweifelsohne
nach
dem Abpfiff im Mannheimer Eisstadion, als der Videowürfel das lediglich für
Hamburg fröhliche Ergebnis von 1:4 verkündete. Zumindest eines ist klar: Die
Adler haben die Chance, in der Serie auszugleichen, gründlich vergeigt.
Und zwar außerordentlich gründlich. Das Powerplay so schwach wie schon oft
gehabt in dieser Saison, die Chancen nicht genutzt, Unkonzentriertheiten im
Spiel, nein, schön anzusehen war das nicht. Es gab Cracks, die kämpften wie
die Wilden, Mike Kennedy war übrigens einer von ihnen, andere dachten
anscheinend schon an den Urlaub, zumindest hatte es den Anschein, als sei
ihnen der
Ernst der Lage nicht klar.
Dabei hatte alles gut angefangen für die Adler. Playoff-Stimmung im Rund,
das erste Tor aufs Konto der Blau-weiß-roten schon in der vierten Minute
(Roach auf Edgerton und Corbet), so hätte es weitergehen können. Ging es
aber
nicht, denn die Adler nutzten eine 5 gegen 3 Situation nicht aus, im
Gegenzug
zeigten sich die Freezers geschickter und schafften in der zwölften Minute
den
Ausgleich. Pecaock war erfolgreich.
Vorher hatte Marc Seliger im Kasten der Gastgeber Großtaten vollbracht, ohne
den
Goalie wären zu diesem Zeitpunkt die Adler bereits auf der Verliererstraße
gewesen.
Im zweiten Drittel verlor die Heimmannschaft den Faden zwischenzeitlich
komplett, ließ gar ein Unterzahltor der Freezers zu in der 24. Minute
(Plachta auf Tomlinson und Peacock) und fingen gleich noch eines in der 25.
Minute,
als Washburn (auf Tomlinson und Köppchen) erfolgreich war. Von nun an ging es
bergab, die Adler sichtlich geschockt und ohne Konzept. Normalerweise,
sollte
man denken, bedeuten zwei Tore im Eishockey noch nicht so arg viel, in
diesem Falle war es anders. Man hatte eigentlich nie den Eindruck, dass die
Adler
dieses Spiel noch drehen könnten. Was auch an der cleveren Abwehrleistung
der
Hamburger lag. Die in dieser Begegnung einen bedeutend besseren Eindruck
hinterließen als noch am vergangenen Freitag.
Im dritten Drittel kamen zwar die Adler zurück, mit Brachialgewalt wollte
man nun den Anschluss schaffen. Doch selbst die grandiosesten Torchancen
führten zu keiner Ergebnisverbesserung. Was nicht nur am erneut glänzend
eingestellten Boris Rousson im Kasten der Freezers lag, sondern auch am
Pech, das
einmal mehr an den Adler-Schlägern klebte. Dass der Schiedsrichter nicht
seinen
besten Tag hatte, sei nebenbei erwähnt. Den endgültigen sportlichen
Todesstoß
an diesem Tag versetzte Purdie (auf Schneider und Rousson) in der 55. Minute
den Adlern. Meisterlich waren übrigens einen großen Teil des Spiels die
Mannheimer Fans gewesen, die ihr Team nie im Stich ließen. Jetzt aber ging
auch
diesen treuen Anhängern die Puste aus und die Hamburger waren weithin
hörbar
mit ihren (verständlichen) Freudengesängen.
Die Cracks marschierten entweder schweigend (Adler) oder fröhlich-grölend
(Freezers) in ihre Kabinen. Markus Schröder, einst ein Jungadler unter Franz
Fritzmeier, freute sich tierisch über den Sieg: "Genauso haben wir uns das
vorgenommen", meinte er zu Hockeyweb. Jetzt müsse man am Freitag natürlich
den
Sack zumachen und ins Halbfinale einziehen. "Wir haben hinten dicht gemacht
und vorne unsere Chancen genutzt, das hatten wir vorher besprochen", verriet
der Spieler, der hochbeglückt war, "dass es tatsächlich so gut geklappt
hat".
Ernst schaute hingegen Adler-Geschäftsführer Matthias Binder in die Runde
im Kabinengang. Das Ergebnis sei natürlich eine Riesenenttäuschung, sagte
er. Vor allem nach der sonntäglichen Leistung in Hamburg, "das war unser
bestes Saisonspiel". Von dem Doppelschlag habe man sich nicht mehr erholt,
konstatierte der Geschäftsführer, allerdings sei der Schiedsrichter nicht
schuld an
der Niederlage, "wir hätten einfach etwas aus unseren Chancen machen
müssen".
Binder gab sich trotzdem optimistisch, die Serie sei noch nicht zu Ende.
"Wir können auch in Hamburg wieder gewinnen", meinte er. "Helmut wird die
richtigen Worte finden, und wir bauen jetzt alle die Mannschaft auf, alles
andere
macht keinen Sinn."
Die richtigen Worte fand Helmut de Raaf derweil bei der Pressekonferenz.
"Wir haben druckvoll begonnen", sagte er, "dann aber die Konstanz, vor allem
in der Defensive vermissen lassen. Hamburg hat seine Chancen gut genutzt,
während wir im zweiten Drittel den Faden verloren und erst im dritten
Drittel
zurückkamen." De Raaf zum Gegner: "Hamburg war die bessere Mannschaft über
60
Minuten und ich möchte zum Sieg gratulieren." Auf die Frage des Journalisten
Rainer Kundel, ob man in der Hansestadt noch einmal die Wende schaffen
könne,
meinte der Coach: "Mit der Leistung von heute, werden wir keine Chance
haben."
Noch deutlicher wurde der Coach im Kabinenbereich beim Gespräch mit
Hockeyweb. Er habe schon im Training am Vortag und
auch am
heutigen Tag gemerkt, dass es dem Team an Konzentration mangelt, er habe
gewarnt davor, aber im Spiel habe sich
fortgesetzt, was er beobachtet hatte. "Wir waren immer einen Schritt zu
spät. Wir hatten Riesenlöcher in unserem Spiel." Was er nicht verstehen
konnte,
es müsse doch jedem klar gewesen sein, dass man nur mit dem Einsatz aller
und
zwar von der ersten bis zur letzten Sekunde diese Serie habe gewinnen
können.
"Wir lagen zwei Spiele zurück, das musste doch allen klar sein. In Hamburg
waren wir auf dem richtigen Weg, aber heute hat Hamburg klar besser
gespielt,
auch wenn wir Chancen hatten." Man dürfe sich in solchen Situationen nicht
nur auf einige Spieler verlassen können, alle müssten mitziehen, "wenn nur
fünf
Prozent der Konzentration fehlt, dann geht es schief." Bei der Leistung vom
Sonntag wäre man in der Lage gewesen zu gewinnen, so aber nicht.
Großes Lob zollte der Trainer Marc Seliger: "Er hat uns lange im Spiel
gehalten"
Zur Schiedsrichterleistung befragt, wollte sich de Raaf erst vornehm
zurückhalten, aber dann brach es doch aus ihm heraus: "Ich gebe normalerweise
keine Auskunft über die Unparteiischen, weil ich sie respektiere, aber ich muss
sagen, dieser Schiedsrichter ist in Ehrfurcht erstarrt vor Dave King. Das war
schon in Hamburg so, immer wurde erstmal geguckt, was King zu einer Szene
meint und dann hat man entschieden." Das sei passiert, nachdem Hamburgs Trainer
den Unparteiischen lautstark in den Senkel gestellt habe. "Ich finde das
traurig", meinte Mannheims Coach, "die Trainer sollten sich raushalten, aber
offensichtlich hat man anders mehr Erfolg".
Einer, dem der Schiedsrichter überhaupt nicht gewogen war: Tomas Martinec.
Der Stürmer, einer der besten die ganze Saison über, einer, der sich immer
einsetzte fürs Team, ist oftmals der Buhmann der Schiedsrichter. Dabei hat
sich der Mann mit der Nummer 13 längst vom einst bösen Buben zum
mannschaftsdienlichen Crack entwickelt. Doch den Ruf, den er sich vor Jahren erwarb, wird er
nicht los und das scheint vielen, die Martinec schätzen, weil er
blitzschnell vermag nach vorne zu kommen und vor allem mit Robert Hock in dieser
Spielzeit für blitzsaubere Tore sorgt, ungerecht.
Ehefrau Sandra war an diesem Abend den Tränen nahe nach dem Spiel: "Tomas
hält sich so zurück und wird immer wieder rausgeschickt, selbst, wenn er
geprügelt worden ist." Grün und blau und mit Verletzungen käme der Spieler
oftmals nach Hause zurück. Tatsächlich war er auch am Freitag von den Freezers
regelrecht gejagt worden und gestern sah es nicht viel besser aus. Selbst, wenn die
Nummer 13 sich nicht wehrte, gab es Strafzeiten. Das findet auch Helmut de
Raaf unfair: "Tomas macht oftmals wirklich nichts, er steht nur daneben und
fliegt raus. Das war heute zweimal der Fall." Womit man wieder bei der
Schiedsrichterleistung gelandet war, die eine unendliche DEL-Geschichte weiterschrieb.
(Angelika von Bülow)