Adler rasseln in die zweite Heimpleite gegen Hamburg

Klare Worte bei den AdlernKlare Worte bei den Adlern
Lesedauer: ca. 6 Minuten

"Auf Wiedersehen im Sommer", so lautete der Spruch, den man am häufigsten

hörte nach diesem Spielabend. Viele wären gerne schon früher gegangen, aber

als

Fan ist man zäh und bleibt bis zum Schluss. Außerdem stirbt die Hoffnung

bekanntlich zuletzt, dann aber ist sie mausetot. Das war sie zweifelsohne

nach

dem Abpfiff im Mannheimer Eisstadion, als der Videowürfel das lediglich für

Hamburg fröhliche Ergebnis von 1:4 verkündete. Zumindest eines ist klar: Die

Adler haben die Chance, in der Serie auszugleichen, gründlich vergeigt.

Und zwar außerordentlich gründlich. Das Powerplay so schwach wie schon oft

gehabt in dieser Saison, die Chancen nicht genutzt, Unkonzentriertheiten im

Spiel, nein, schön anzusehen war das nicht. Es gab Cracks, die kämpften wie

die Wilden, Mike Kennedy war übrigens einer von ihnen, andere dachten

anscheinend schon an den Urlaub, zumindest hatte es den Anschein, als sei

ihnen der

Ernst der Lage nicht klar.

Dabei hatte alles gut angefangen für die Adler. Playoff-Stimmung im Rund,

das erste Tor aufs Konto der Blau-weiß-roten schon in der vierten Minute

(Roach auf Edgerton und Corbet), so hätte es weitergehen können. Ging es

aber

nicht, denn die Adler nutzten eine 5 gegen 3 Situation nicht aus, im

Gegenzug

zeigten sich die Freezers geschickter und schafften in der zwölften Minute

den

Ausgleich. Pecaock war erfolgreich.

Vorher hatte Marc Seliger im Kasten der Gastgeber Großtaten vollbracht, ohne

den

Goalie wären zu diesem Zeitpunkt die Adler bereits auf der Verliererstraße

gewesen.

Im zweiten Drittel verlor die Heimmannschaft den Faden zwischenzeitlich

komplett, ließ gar ein Unterzahltor der Freezers zu in der 24. Minute

(Plachta auf Tomlinson und Peacock) und fingen gleich noch eines in der 25.

Minute,

als Washburn (auf Tomlinson und Köppchen) erfolgreich war. Von nun an ging es

bergab, die Adler sichtlich geschockt und ohne Konzept. Normalerweise,

sollte

man denken, bedeuten zwei Tore im Eishockey noch nicht so arg viel, in

diesem Falle war es anders. Man hatte eigentlich nie den Eindruck, dass die

Adler

dieses Spiel noch drehen könnten. Was auch an der cleveren Abwehrleistung

der

Hamburger lag. Die in dieser Begegnung einen bedeutend besseren Eindruck

hinterließen als noch am vergangenen Freitag.

Im dritten Drittel kamen zwar die Adler zurück, mit Brachialgewalt wollte

man nun den Anschluss schaffen. Doch selbst die grandiosesten Torchancen

führten zu keiner Ergebnisverbesserung. Was nicht nur am erneut glänzend

eingestellten Boris Rousson im Kasten der Freezers lag, sondern auch am

Pech, das

einmal mehr an den Adler-Schlägern klebte. Dass der Schiedsrichter nicht

seinen

besten Tag hatte, sei nebenbei erwähnt. Den endgültigen sportlichen

Todesstoß

an diesem Tag versetzte Purdie (auf Schneider und Rousson) in der 55. Minute

den Adlern. Meisterlich waren übrigens einen großen Teil des Spiels die

Mannheimer Fans gewesen, die ihr Team nie im Stich ließen. Jetzt aber ging

auch

diesen treuen Anhängern die Puste aus und die Hamburger waren weithin

hörbar

mit ihren (verständlichen) Freudengesängen.

Die Cracks marschierten entweder schweigend (Adler) oder fröhlich-grölend

(Freezers) in ihre Kabinen. Markus Schröder, einst ein Jungadler unter Franz

Fritzmeier, freute sich tierisch über den Sieg: "Genauso haben wir uns das

vorgenommen", meinte er zu Hockeyweb. Jetzt müsse man am Freitag natürlich

den

Sack zumachen und ins Halbfinale einziehen. "Wir haben hinten dicht gemacht

und vorne unsere Chancen genutzt, das hatten wir vorher besprochen", verriet

der Spieler, der hochbeglückt war, "dass es tatsächlich so gut geklappt

hat".

Ernst schaute hingegen Adler-Geschäftsführer Matthias Binder in die Runde

im Kabinengang. Das Ergebnis sei natürlich eine Riesenenttäuschung, sagte

er. Vor allem nach der sonntäglichen Leistung in Hamburg, "das war unser

bestes Saisonspiel". Von dem Doppelschlag habe man sich nicht mehr erholt,

konstatierte der Geschäftsführer, allerdings sei der Schiedsrichter nicht

schuld an

der Niederlage, "wir hätten einfach etwas aus unseren Chancen machen

müssen".

Binder gab sich trotzdem optimistisch, die Serie sei noch nicht zu Ende.

"Wir können auch in Hamburg wieder gewinnen", meinte er. "Helmut wird die

richtigen Worte finden, und wir bauen jetzt alle die Mannschaft auf, alles

andere

macht keinen Sinn."

Die richtigen Worte fand Helmut de Raaf derweil bei der Pressekonferenz.

"Wir haben druckvoll begonnen", sagte er, "dann aber die Konstanz, vor allem

in der Defensive vermissen lassen. Hamburg hat seine Chancen gut genutzt,

während wir im zweiten Drittel den Faden verloren und erst im dritten

Drittel

zurückkamen." De Raaf zum Gegner: "Hamburg war die bessere Mannschaft über

60

Minuten und ich möchte zum Sieg gratulieren." Auf die Frage des Journalisten

Rainer Kundel, ob man in der Hansestadt noch einmal die Wende schaffen

könne,

meinte der Coach: "Mit der Leistung von heute, werden wir keine Chance

haben."

Noch deutlicher wurde der Coach im Kabinenbereich beim Gespräch mit

Hockeyweb. Er habe schon im Training am Vortag und

auch am

heutigen Tag gemerkt, dass es dem Team an Konzentration mangelt, er habe

gewarnt davor, aber im Spiel habe sich

fortgesetzt, was er beobachtet hatte. "Wir waren immer einen Schritt zu

spät. Wir hatten Riesenlöcher in unserem Spiel." Was er nicht verstehen

konnte,

es müsse doch jedem klar gewesen sein, dass man nur mit dem Einsatz aller

und

zwar von der ersten bis zur letzten Sekunde diese Serie habe gewinnen

können.

"Wir lagen zwei Spiele zurück, das musste doch allen klar sein. In Hamburg

waren wir auf dem richtigen Weg, aber heute hat Hamburg klar besser

gespielt,

auch wenn wir Chancen hatten." Man dürfe sich in solchen Situationen nicht

nur auf einige Spieler verlassen können, alle müssten mitziehen, "wenn nur

fünf

Prozent der Konzentration fehlt, dann geht es schief." Bei der Leistung vom

Sonntag wäre man in der Lage gewesen zu gewinnen, so aber nicht.

Großes Lob zollte der Trainer Marc Seliger: "Er hat uns lange im Spiel

gehalten"

Zur Schiedsrichterleistung befragt, wollte sich de Raaf erst vornehm

zurückhalten, aber dann brach es doch aus ihm heraus: "Ich gebe normalerweise

keine Auskunft über die Unparteiischen, weil ich sie respektiere, aber ich muss

sagen, dieser Schiedsrichter ist in Ehrfurcht erstarrt vor Dave King. Das war

schon in Hamburg so, immer wurde erstmal geguckt, was King zu einer Szene

meint und dann hat man entschieden." Das sei passiert, nachdem Hamburgs Trainer

den Unparteiischen lautstark in den Senkel gestellt habe. "Ich finde das

traurig", meinte Mannheims Coach, "die Trainer sollten sich raushalten, aber

offensichtlich hat man anders mehr Erfolg".

Einer, dem der Schiedsrichter überhaupt nicht gewogen war: Tomas Martinec.

Der Stürmer, einer der besten die ganze Saison über, einer, der sich immer

einsetzte fürs Team, ist oftmals der Buhmann der Schiedsrichter. Dabei hat

sich der Mann mit der Nummer 13 längst vom einst bösen Buben zum

mannschaftsdienlichen Crack entwickelt. Doch den Ruf, den er sich vor Jahren erwarb, wird er

nicht los und das scheint vielen, die Martinec schätzen, weil er

blitzschnell vermag nach vorne zu kommen und vor allem mit Robert Hock in dieser

Spielzeit für blitzsaubere Tore sorgt, ungerecht.

Ehefrau Sandra war an diesem Abend den Tränen nahe nach dem Spiel: "Tomas

hält sich so zurück und wird immer wieder rausgeschickt, selbst, wenn er

geprügelt worden ist." Grün und blau und mit Verletzungen käme der Spieler

oftmals nach Hause zurück. Tatsächlich war er auch am Freitag von den Freezers

regelrecht gejagt worden und gestern sah es nicht viel besser aus. Selbst, wenn die

Nummer 13 sich nicht wehrte, gab es Strafzeiten. Das findet auch Helmut de

Raaf unfair: "Tomas macht oftmals wirklich nichts, er steht nur daneben und

fliegt raus. Das war heute zweimal der Fall." Womit man wieder bei der

Schiedsrichterleistung gelandet war, die eine unendliche DEL-Geschichte weiterschrieb.

(Angelika von Bülow)


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