Adler: Keine Weihnachtsstimmung - 0:2 gegen Frankfurt
Klare Worte bei den AdlernDeprimierte Gesichter allerorten nach der Adler-Niederlage gegen die Lions aus
Frankfurt, die am Sonntagnachmittag mit 2:0 letztendlich verdient in Mannheim
siegten. Nach Ende der Begegnung kehrte Niedergeschlagenheit ein, bei Spielern,
Management und Trainer. Die Adler hatten zwar spritzig begonnen, im Laufe der Begegnung aber immer mehr Fehler gemacht.
Von Powerplay wagte gar keiner zu reden, wilde Schüsse nach vorne, in der
Hoffnung, der Puck werde schon beim richtigen Mann landen, ließen Zweifel am
Spielvermögen aufkeimen. Auf der anderen Seite wirbelten die Lions und zeigten,
wie man in Überzahl spielen kann. Auf Greg Poss wird viel Arbeit zukommen, aber
er hat keine Zeit, ein Spiel folgt dem nächsten und noch nie waren die Play
Offs in so weiter Ferne.
Kapitän Devin Edgerton, der unter großen Schmerzen leidet seit seinem
Armbruch (So weh hat mir noch nie etwas getan): "Von den letzten 20
Spielen müssen wir so etwa 13 gewinnen". Keine gute Ausgangsposition
also für die Adler. Die haben derzeit auch noch ein gespaltenes
Publikum, das zwischen der Zuneigung zu Stephane Richer und der
Hoffnung, es könnte unter Greg Poss besser werden, schwankt, das einen
Steve Kelly teilweise gellend auspfeift (zur Erinnerung: Er ist nicht
untreu geworden und selber gegangen, er wurde gefeuert!), bei dem es
auch ein solches Schild zu sehen gab: "Ustorf, Racine, Kelly, de Raaf,
Richer, Penney, Olsson, wann endlich Kuhl?" und das beginnt zu pfeifen,
wenn der Sportmanager auf dem Videowürfel im Portrait erscheint. Nun
mag man ja Kritik üben können an den Einkäufen der letzten Jahre,
selbstverständlich kann man das, Kuhl aber mit einigen der Genannten
gleichzusetzen, ist eine Unverschämtheit. Der Mann war Meister mit
Mannheim als Spieler, er war mehrfach als Sportmanager Meister, das zu
vergessen zeugt nicht eben von Weitsicht.
Kuhl selbst sitzt nach Spielende im äußersten Winkel der Kabine. Vorher war er
den Journalisten Rede und Antwort gestanden, nun hat er sich
zurückgezogen. "Nein, mir ist nicht gut", sagt er und auch, dass er
im Moment nicht mehr wüsste, wie diese Saison noch gut zu Ende gehen sollte.
Bohonos verletzt, Edgerton verletzt, Kelly entlassen (wofür Kuhl nicht
verantwortlich war in erster Linie), eine ganze Reihe, die plötzlich nicht
mehr auf dem Eis steht. Ein neuer Trainer, von dem man nicht das Wunder erwarten
kann, dass er ein verunsichertes Team mit auch mittelklassigen oder guten, aber
noch unerfahrenen Spielern von jetzt auf nachher zu Höhenflügen führen kann -
ein Zauberer ist auch Greg Poss nicht. Wenn es dick kommt, dann geballt.
Mag sein, dass ein Motivationstrainer etwas bewirken kann. Greg Poss arbeitete
schon früher eng zusammen mit einem Professor aus Heidelberg, pflegt aber auch
gute Kontakte zu Mental-Guru Chris Hamilton. "Das ist Gregs Entscheidung,
inwieweit wir jemanden mit einbinden," sagt Kuhl. Der Sport-Manager
mag gar nicht daran denken, was passieren könnte, wenn die Adler in ihrer
ersten Arena-Saison nicht die Play Offs erreichen würden. "Mannheim und Köln
sind die einzigen Teams, die immer dabei waren." Doch dann gibt er sich
doch wieder kämpferisch. Noch ist das nicht entschieden, noch werden auch die
Jungs alles geben, um das Ziel zu erreichen.
Das meint auch Kapitän Edgerton, der derzeit nicht nur unter seiner Verletzung
leidet, sondern auch darunter, dass er den anderen nicht beistehen kann. Bitter
für den Kapitän, er wollte nochmal so richtig loslegen, sich für einen
Vertrag empfehlen und dann dieser Schuss auf seinen Arm. Ein Puck, den er
abwehrte, hätte ihm sonst vielleicht das Gesicht zerfetzt: "Mit meiner
Modellkarriere wäre es dann ausgewesen", versucht Edgerton einen Scherz,
der aber nicht so recht gelingen mag. Zu große Schmerzen hat er, zu sehr nagt
die Sorge um die Zukunft an ihm, um die persönliche, aber auch um die der
Adler. Denn an diesem Verein hängt er, will ihn unbedingt in den Play Offs
sehen.
Da gibt es dann natürlich auch viele Wenn und Aber. Was wäre, wenn
beispielsweise Steve Kelly noch mit dabei wäre. Edgerton winkt genauso
ab wie Kuhl und Poss: Kelly ist nicht mehr dabei, jeder wisse, dass er
ein großer Spieler sei, aber die Entscheidung wäre nun mal gefallen."
Kelly selbst sagt, er fühle sich in Frankfurt viel wohler, da sei die
Stimmung besser und man würde ihn nicht zum Sündenbock stempeln. Was
man in Mannheim getan habe, und siehe mal an, es ginge auch ohne ihn
nicht besser. Der Sieg in Mannheim sei schon besonders gewesen, gibt er
zu, aber er sagt auch, dass es nicht leicht gewesen sei, gegen die
früheren Teamkameraden anzutreten. Triumphieren wolle er nicht, er habe
noch sehr gute Kontakte zu den alten Freunden, da freue man sich nicht
über bittere Niederlagen.,
Dass die Fans ihn großenteils ausgepfiffen haben, darüber will er nicht
urteilen. Immerhin ein Lebenszeichen aus dem Fan-Block, in dem
bisweilen Totenstille herrschte. Man muss sich überlegen, dass es zu
dem Zeitpunkt 0:1 hieß, nicht etwa 0:10. Im dritten Drittel feuerten
die Anhänger dann doch mal kurz ihre Adler an. Es war, als würden
Scheintote im Sarg mit den Zehen wackeln. Der Spuk währte nicht lange,
dann standen die meisten wieder still und stumm da und blickten vor
sich hin. Die Frankfurter feixten: "Heimspiel in Mannheim." Und sie
skandierten: "Stephane Richer" und "Steve Kelly, ohooooo". Früher hätte
es da jede Menge Sprechgesänge zurückgegeben von den Mannheimern, die
Zeiten scheinen vorbei, und das kann nicht nur an der äußerst
durchwachsenen Saison, an personellen Fehlentscheidungen oder einer
Trainerentlassung, die die meisten sogar nachvollziehen können, liegen.
Es gab Zeiten, da verlor ein MERC fortlaufend und trotzdem kamen
Unentwegte und standen wie ein Mann oder eine Frau hinter ihrem Team.
Greg Poss dankte Keeper Ilpo Kauhanen dafür, dass das Spiel nicht höher
verloren wurde - der Finne hatte einige big saves - und er betonte,
dass Frankfurt einfach ein gutes Team gewesen sei, besser als Krefeld,
gegen das man gewonnen hatte. Man könne, sagt der Coach, jetzt nur an
kleinen Sachen arbeiten, die Zeit sei einfach nicht da für größere
Umstellungen. Morgen will er schauen, wie das Team körperlich
beieinander ist und dann die Taktik für Dienstag gegen die DEG
festlegen. Viel Zeit bleibt nicht mehr in Mannheim, die Play Offs noch
zu erreichen.
Angelika von Bülow