Adler: Ja, ist denn jetzt schon Weihnachten?
Klare Worte bei den AdlernEine schöne Bescherung im wahrsten Sinne des Wortes lieferten die Mannheimer
Adler ihren Fans. Hakt man mal ein müdes zweites Drittel ab, gab es jede Menge
Gründe für vorfestliche Freude. Ein kämpferisches Team, ein Powerplay, das
wieder den Namen verdiente, einen gut stehenden Ilpo Kauhanen und Fans, die die
Arena beben ließen. Kein Vergleich mehr zum Heimspiel gegen Frankfurt, diesmal
hatten sie einander wieder lieb, die Fans und die Mannschaft.
"Gänsehautgefühl", sei das gewesen, strahlte Marcus Kink nach
Spielende in der Kabine, "das macht Eishockey so schön. Die Fans sind so
wichtig für uns, wenn sie uns anfeuern, gibt das einen richtigen Schub nach
vorne". So sehr er verstehen kann, wenn der Anhang bei schlechten Spielen
ruhig ist: "Für uns ist die Stimmung wichtig und wir wollen doch alle
dasselbe. Wir wollen kämpfen, damit wir in die Play Offs kommen, das wollen die
Fans auch, wir sollten jetzt alle zusammenhalten."
Und wie es klappte an diesem Abend, der rund 10 600 Zuschauer in der SAP-Arena
versammelte. Dass es anfangs gut lief, nun, das hatte man schon öfters in
dieser Saison. Dass die Leute auf den Rängen anfeuerten, auch dies ist ja nicht
eben eine Ereignis mit Seltenheitswert. Doch, wie lange würde die Freude währen?
In der neunten Minute schoss Ratchuk das 1:0, das 2:0 durch Ratchuk fiel einige
Sekunden vor Schluss des Drittels, "das gewinnen wir", war da die
einhellige Meinung.
Doch die kalten Duschen kamen im zweiten Spielabschnitt, als die Begegnung
verflachte. Jörg schaffte in der 22. Minute den Anschlusstreffer
für die DEG, Corbet hatte gerade eine schöne Chance vergeben, da setzten sich
die Düsseldorfer im Gegenzug durch, Schmidt markierte das 2:2. Und dann eine
Szene wie aus einem Bilderbuch: Vikingstad kommt von der Strafbank, schnappt
sich den Puck, Dykhuis hechelt noch hinterher, ist aber zu langsam und plötzlich
führt die DEG. 2:3. Lange Mienen beim Adler-Volk, das schon meinte, eine Deja
vue zu erleben.
Doch nun geschah das Weihnachtswunder. Die Fans standen geschlossen hinter ihrer
Mannschaft, laut und deutlich und Begeisterung weckend und das Team kämpfte und
kämpfte. Da sprangen die Funken von oben nach unten und unten nach oben. In der
46. Minute war Tremblay erfolgreich, die meisten hatten das Tor gesehen, doch
Schiri Reichert, der grundsätzlich sehr kleinlich gepfiffen hatte, wollte es
nicht wahr haben: Videobeweis. Spannung bis in die Haarspitzen und dann schließlich
Erlösung, 3:3 stands und alles war wieder offen. Das Spiel wogte hin und her
mit einem Übergewicht für die Mannheimer, die immer wieder zu guten Chancen
kamen. Zwei Minuten vor Schluss markierte Carter im Powerplay das 4:3, die
Begeisterung schwappte über. Tripp traf dann noch ein paar Sekunden vor Schluss
das leere Tor, 5:3, man feierte ausgelassen.
Die Erleichterung war allen anzusehen, schon lange liefen die Spieler nicht mehr
so fröhlich herum. Auch die Jungen. Wie Stefan Langwieder. Der
freute sich über die Stimmung in der Arena, "das war super". Und er
erzählte lächelnd von der Aufmunterung, die das Team in der Pause zum dritten
Drittel von Greg Poss erfahren habe. "Der hat gesagt, reißt euch jetzt
zusammen, ihr schafft es", erzählt der junge Crack und fährt fort, "und
wir haben daran geglaubt, dass es klappt und es hat geklappt". Poss ist für
Langwieder "ein Weltklassetrainer, einer der motivieren kann. Und hast Du
gesehen, wie der abgegangen ist auf der Bank nach dem fünften Tor für
uns?", grinst der Crack. Der aber dann gleich auch an Stephane Richer
denkt: Stephane hat mich sehr gefördert, ihm verdanke ich viel." Und dann
kommt er wieder aufs Spiel zurück: "Ich habe so viel Eiszeit gehabt, ich
habe durchgespielt, das war sowas von super."
Auch Marcus Kink ist zufrieden mit dem Abend. Man sei positiv eingestellt,
"jetzt wissen wir wieder, dass wir Spiele auch drehen können". Poss könne
die Truppe gut wieder aufbauen, meint der Spieler, klar, im zweiten Drittel habe
man ein wenig neben den Schuhen gestanden, wichtig sei aber, dass die Mannschaft
nie aufgegeben habe. Und das, meint Kink, gäbe ungemein viel Hoffnung. Greg
Poss stapelt erstmal tief. Er sei froh über den Sieg, auch, weil er die Moral
hebe. Nun aber müsse man sich auf die nächsten Begegnungen konzentrieren, Schritt
für Schritt vorgehen in Richtung Play Offs. DEG-Kollege Don Jackson machte das
Power Play der Mannheimer verantwortlich für den Sieg, eine Tatsache, die beim
Frankfurt-Spiel noch niemand geglaubt hätte, so desolat sah das noch vor ein
paar Tagen aus. Jackson weiter: "Das Team, das am härtesten arbeitet,
gewinnt und genau das haben sie getan."
Bei der Arbeit war auch Lonny Bohonos. Mit Halskrause und noch weit entfernt von
einer vollkommenen Genesung, wollte er nicht abseits stehen. Er fragte Poss, ob
er jemanden auf der Bank brauchen könne zum Helfen. Poss sagte ja und so
landete der Verletzte hinter seinen Kollegen. "Das hilft mir viel",
sagt er, "ich fühle mich auf diese Weise als Teil des Teams, es hilft mir
positiv zu denken und das ist jetzt das Wichtigste". Bohonos hat keinen
weiteren Vertrag bei den Adlern, eigentlich wollte er ja für einen kämpfen,
aber mit der Verletzung ist er erstmal aufs Eis gelegt. Nun will er Poss zur
Seite stehen, Statistiken führen etwa oder anderes, was der Headchoach angibt.
"Ich weiß, dass er auch ganz alleine gut coachen kann", sagt Bohonos,
"aber manchmal sehen vier Augen doch mehr als zwei und es ist auch ganz
gut, miteinander reden zu können. Und ich kenne die Jungs und helfe gerne".
Mit dem Spiel ist er zufrieden, es sei ein richtiger Schub durch die Mannschaft
gegangen.
Und durch die Fans. Wobei Stefan, einer der Treuesten auf den Rängen, auch ganz
klar sagt, dass die Anhänger sich immer einsetzen würden, sofern auf dem Eis
gekämpft würde. Stadionsprecher Udo Scholz fährt vorbei. Auch er strahlt:
"Das war ein richtig schöner Abend." Dem ist nichts hinzuzufügen,
Udo!
Angelika von Bülow