Adler: Ein schöner Eishockey-Abend

"Ja, so spielt man Eishockey", sangen die Fans zum Schluss und feierten
ihre Helden. Ein schöner Abend aus Mannheimer Sicht war zu Ende
gegangen. Gut aufgelegte Adler tricksten die etwas müde wirkenden
Eisbären, die ohne sechs wichtige Spieler angetreten waren, aus. 4:0
schlugen die Kurpfälzer die Berliner und zeigten damit eindrucksvoll,
wie sehr diese Saison mit ihnen zu rechnen ist. "Ich will nicht mehr
ans Frankfurt-Spiel erinnert werden", sagte Trainer Bill Stewart in der
Pressekonferenz und schloss damit ein Kapitel ab, das kein ruhmreiches,
aber auch kein tragisches war. "Manchmal klappt eben gar nichts", befand
Sascha Goc, "das war gegen Frankfurt so und manchmal klappt alles, das
war heute so."
Erstmal machten die Adler aber mächtig Reklame für ihre Stadt. Die
achtjährige Emma, Hauptperson eines Filmes vom Stadtmarketing, plauderte
im Stadion-TV frei von der Leber weg, bevor der Streifen über den
Video-Würfel flimmerte. Adler-Geschäftsführer Matthias Binder war bei
der Pressevorführung so begeistert gewesen, dass er auf die Idee kam,
das Werk einem größeren Publikum vorzuführen. Vom Stadtmarketing kamen
einige hübsche junge Damen, die 300 Kappen mit Adler-und Stadtlogo im
Publikum verteilten, bevor Emma den ersten Puck zum Schlagerspiel
einwarf.
Dann ging es Schlag auf Schlag, die Adler drängten, die Eisbären
verteidigten, Goalie Rich Parent bekam jede Menge zu tun und machte eine
gute Figur. Unter den beobachtenden Augen von Lions-Trainer Rich
Chernomaz und Ex-Adler-Kapitän und heutigem Frankfurter Stephane Richer
zeigten die Mannheimer, welch Potential in ihnen steckt. Super-Chancen
von Hock, Martinec, Corbet oder Kennedy führten noch nicht zum
gewünschten Ergebnis. In der neunten Minute war es einmal mehr die
deutsche Reihe, die glänzte. Hock schoß auf Zuspiel von Martinec und
Kathan ein und ließ Parent keine Chance.
Shulmistra, für den dieses Spiel natürlich etwas Besonderes war,
schließlich stand er zuvor im Eisbären-Kasten und wäre eigentlich lieber
in Berlin geblieben, leistete Erstaunliches. Der Hexer im Tor fing auch
noch schier unhaltbare Pucks in den drei Dritteln. Allerdings zeigte
sich auch die Abwehr stabil und rettete vor allem in Unterzahl eins ums
andere Mal. In der 15. Minute das 2:0 von Derek Plante, Racine und Roach
hatten vorgelegt. Das Gedränge vor dem Bären-Tor war um diese Zeit so
dicht, dass anfangs keiner so richtig wußte, ob Jubeln angesagt war oder
nicht.
Im zweiten Drittel wieder zugkräftige Adler mit gutem Zusammenspiel,
aber auch sehenswerten Alleingängen. Munteres Schießen auf das Tor von
Parent, der jedoch Tore verhinderte. Corbet allerdings gelang in der 27.
Minute das 3:0, ein Treffer, der erst nach Videobeweis gegeben wurde,
auch hier Gedränge vor dem Gehäuse. Anschließend rettete Parent mit
einer wahren Glanzparade seine Eisbären vor einem weiteren Gegentreffer.
Ex-Jungadler Matthias Forster kam zweimal gut vor Richard Shulmistras
Tor, wurde aber von der Mannheimer Abwehr gestoppt. Einmal standen sich
Forster und sein ehemaliger Kollege Fabio Carciola, der nun in
blau-weiß-rot aufläuft, auf dem Eis gegenüber. Beide Youngster zeigten
guten Einsatz. Ullmann, Corbet und Hlushko mit schnellen Alleingängen
begeisterten die Fans, auch ohne Abschluss. "So spielt man Eishockey",
klang es begeistert von den Rängen.
Im dritten Abschnitt überstanden die Adler auch eine 3:5 Unterzahl,
Shulmistra wuchs noch mehr über sich hinaus. Außer Rand und Band
gerieten die Fans, als die Adler kurz vor Schluss - in der 60. Minute -
eine Überzahl geschickt nutzten und Yves Racine auf Zuspiel von Kennedy
und Ustorf den 4:0 Endstand erzielte. 16 Strafminuten für die Adler und
24 für die Eisbären, die zum Schluss bisweilen etwas ruppig agierten,
schlugen letztendlich zu Buche. Schiedsrichter Lichtnecker hatte die
Begegnung im Griff.
Eine Ehrenrunde für alle und zwei für Richard Shulmistra zeigten, dass
die Mannheimer Fans den Abend genossen hatten. 4000 sind zwar für ein
solches Schlagerspiel nicht viel, für einen Donnerstag Abend, an dem die
Begegnung auch noch im Fernsehen übertragen wird, jedoch in Ordnung.
Ein glücklicher Richard Shulmistra stellte sich anschließend den
Fragen der Journalisten. Klar, gab er zu, sei das ein besonderes Spiel
für ihn gewesen: "Ich war gerne in Berlin, ich bin dort gut behandelt
worden, ich habe mit vielen der Jungs zusammengespielt. Aber natürlich
wollte ich heute unbedingt gewinnen. Ich möchte meinen
Adler-Teamkollegen danken, die so gut gespielt haben und den Fans, die
uns so großartig unterstützen. Sie haben mir wirklich enorm geholfen."
Auch Sascha Goc freute sich über die Anfeuerungen, "das ist halt etwas
ganz anderes, als wenn die eigenen Fans sich gegen das Team stellen."
Goc war zufrieden: "Das war ein gutes Spiel. Wir haben das umgesetzt,
was der Trainer gesagt hat, viel Schießen, viel arbeiten, und es hat
geklappt." Irgendwie habe alles zusammengepasst, die Stürmer seien gut
gewesen, die Verteidigung auch, ein gewisses Glück sei noch
hinzugekommen und Shulmistra habe einen großen Tag erwischt. Er, Goc,
habe das Gefühl, der Knoten sei geplatzt, "wir sind heute von Beginn an
mit Selbstvertrauen aufs Eis gegangen und das hat man auch gemerkt".
Eisbär Steve Walker zollte den Adlern Respekt: "Sie haben vier sehr
ausgeglichene Reihen, wir waren heute immer einen Schritt hinter ihnen."
Das sei ein wirklich hartes Spiel gewesen, fügte er an, sechs Leute
hätten gefehlt, die Pokalbegegnung gegen Bietigheim habe vielen noch in
den Knochen gesteckt. "Wir haben ein toughes Spiel erwartet, wir
wussten, dass wir uns von dem Frankfurter Ergebnis nicht irreleiten
lassen durften." Die Liga habe diese Saison viele gute Teams, meinte
Walker, da könne man nicht jedes gewinnen, selbst, wenn man das wolle.
Shulmistra gönnte er den Shut-out, selbst wenn das von Berliner Sicht
aus natürlich bitter sei, aber Richard sei ein so großartiger
Teamkollege gewesen, dass man sich für ihn freuen könne. Und wer wisse
es, "nächstes Mal sieht es vielleicht schon wieder anders aus".
Bären-Trainer Pierre Pagé gratulierte dem Sieger. Er sei vorgewarnt
gewesen, meinte er, denn selbst beim Frankfurt-Spiel hätten die Adler
viele Chancen gehabt. Pagé: "Mannheim ist sehr gut." Die Eisbären hätten
vier Spiele in sieben Tagen absolviert, "wir hatten einen Plan, aber der
war ein bisschen schlecht und Mannheim war gut. Wir können beser spielen
und wir werden besser spielen", meinte der Berliner Coach und wünschte
den Adlern viel Glück.
Bill Stewart zeigte sich als ausgesprochen fairer Gewinner: "Ich
möchte sagen, dass den Eisbären sechs sehr wichtige Spieler gefehlt
haben", stellte er an den Beginn seiner Ausführungen. Für die Adler sei
es ungemein wichtig gewesen, dass das 5 gegen 5 Spiel ebenso geklappt
habe wie das "1 gegen 1 in der Ecke". Und natürlich wäre den special teams
eine besondere Bedeutung zugekommen, denn man sei vorgewarnt gewesen:
"Berlin ist das beste Team im Überzahlspiel mit 45 Prozent, das ist sehr
gefährlich." Man habe Berlin sofort unter Druck setzen wollen und das
sei gelungen. Adler-Ziel sei Disziplin, "und auch das läuft derzeit
gut". Zufriedenheit auf der ganzen Linie also in Mannheim an diesem
Abend. Nur einer schien nicht ganz glücklich zu sein. Jason Podollan
blieb außen vor und wich Fragen nach dem Warum aus: "Ich weiß es
nicht". An der gezerrten Schulter habe es nicht gelegen, hieß es hinter
den Kulissen. Woran aber dann, wußte keiner zu beantworten und Podollan
hielt sich vornehm zurück. (A.v.B.)