Adler: Ein kleiner Schritt vorwärts
Klare Worte bei den AdlernGreg Poss meinte, er habe ein konzentriertes Spiel über 60 Minuten gesehen. Da muss er im ersten Drittel sanft geträumt haben. Es war unterirdisch schlecht. Ganz erstaunlich, wie viele Arten es gibt, Pucks fehllaufen zu lassen. Und so lernt man nie aus, kann von der Tribüne herab beobachten, wie Spieler sich vertändeln, hingeben, wo keiner steht (was mit einem kurzen Blick dorthin mit Sicherheit ersichtlich gewesen wäre), flatternd ein Tor umkreisen und ein Mäuslein von Schuss gebären. Nein, konzentriert konnte man das beim allerbesten Willen nicht nennen. Glück für die Adler, dass Keeper Adam Hauser einen Duisburger Penalty hielt, sonst, das meinte auch Füchse-Trainer Didi Hegen später, hätte das Spiel anders ausgehen können.
Im ersten Drittel spielten beide noch gleichwertig, was nicht gut bedeutete. Ein dünnes Stimmchen vom Stehplatz forderte irgendwann "Auf gehts, Adler, schießt ein Tor", was sich wie Hohngesang anhörte, denn nach Tor sah es nun wirklich nicht aus. Dass eine 5 zu 3 Überzahl der Mannheimer nicht genutzt wurde - wen wunderte es. Ein Wunder war höchstens, dass man kein Gegentor kassierte in dieser Situation. Es wäre nicht das erste dieser Art gewesen. In der Pause hatten einige die Nase voll, "grausam", "wenn man bloß nach einem Drittel Schluss machen und hochrechnen könnte", "da spielt der Meister gegen den Letzten und man kann nicht erkennen, wer wer ist". Sätze wie diese gab es viele und manche bemängelten, dass die Zeit einfach nicht rumginge. Keine schönen Gefühle beim Eishockey.
Und dann begann das zweite Drittel und das Schicksal schlug in Form von Tomas Martinec zu. 1:0 für die Adler und auf einmal sah alles wieder ganz anders aus. Es kam nicht von ungefähr, dass Martinec diesen Treffer markierte. Gemeinsam mit Ullmann und Arendt reißt er vieles heraus, was andere verbocken. Diese Reihe leistet durchweg gute Arbeit und nicht erst seit gestern. Da kann man selbst einen Fehlpass, wie er auch schon mal vorkommt, verschmerzen, denn sofort setzen sich alle ein und korrigieren den Fauxpas. Ohne diese deutsche Reihe hätte es in den vergangenen Spielen noch viel düsterer ausgesehen. Und dann schlug noch in derselben Minute, der 25., einer zu, der vorher Ladehemmungen gehabt hatte wie so viele: Michael Hackert. Nun ging es munter weiter, Forbes markierte in der 29. Minute das 3:0 und immerhin noch 9270 Zuschauer freuten sich. Nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt ein glanzvolles Spiel gewesen wäre, aber man merkte doch, dass die Adler wach wurden und Selbstvertrauen tankten.
So ging es auch in Drittel drei weiter, Shantz, mithin einer jener Cracks, die sich immer einsetzen, schoss in der 51. Minute zum 4:0 ein. Jetzt spielten die Adler befreit auf, es machte stellenweise Spaß, zuzusehen. Ullmann stand goldrichtig beim 5:0, also wieder eine gute Leistung der deutschen Reihe. Das 5:1 passierte aus einer Unkonzentriertheit heraus und kostete Hauser, der gut hielt, den Shut-out. Justin Cox war der Torschütze. Goalie-Gegenüber Christian Rohde traf übrigens keine Schuld an der Niederlage seiner Füchse, der Torwart hielt so manchen Schuss, der unhaltbar schien.
Nach Spielende drehten die Cracks noch eine Ehrenrunde, verkniffen sich aber alle überschwängliche Freude. Sven Butenschön erklärte warum: "Das ist heute nur ein kleiner Schritt gewesen, wir konnten ein wenig Selbstvertrauen tanken." Heute, betonte er gegenüber Hockeyweb, sei alles da gewesen, "Beine und Kopf", aber die Unsicherheit habe noch zu tief in den Knochen gesteckt. Butenschön lobte die drei Deutschen Martinec, Ullmann und Arendt, "das ist überragend, was die leisten, ich freu mich, wenn ich ihnen zuschaue und ich freu mich, wenn ich mit ihnen auf dem Eis bin", meinte er lächelnd.
Was in dieser Saison passiert sei mit dem Team, das wusste auch Butenschön nicht. Die Werte hätten alle gestimmt, wären teilweise sogar besser gewesen als in der vorherigen Spielzeit, am mangelnden Training habe es also sicherlich nicht gelegen. "Wir müssen", sagte er vorwärtsgerichtet, "von jedem Spiel etwas lernen und wir müssen jetzt auch das nächste Spiel gewinnen". Er habe sofort nach dem Schlusspfiff angefangen, ans Dienstagspiel zu denken und das ginge den anderen auch so.
Dienstag wird Jason Jaspers noch nicht dabei sein, aber am Freitag hofft er auf einen Einsatz. Seine Schulterverletzung schmerze höllisch, erzählte er Hockeyweb, aber sie sei immer noch besser als jene, die er mal in Übersee hatte. Er müsse das auskurieren und dann wieder hundert Prozent starten anstatt sich halb malade aufs Eis zu schleppen.
Das Spiel hatte er natürlich genau beobachtet und fand es erstaunlich, was alles schiefgehen könne, wenn das Selbstvertrauen fehle. Und wie plötzlich wieder Spritzigkeit ins Spiel käme, wenn Leute wie Forbes, Shantz oder Hackert Bestätigung bekommen hätten. "Es ist gut, das Spiel gewonnen zu haben", meinte Jaspers, aber das reiche natürlich nicht, jedes Spiel müsse man jetzt mit dem felsenfesten Siegeswillen und dem nötigen Selbstvertrauen angehen. Wenn man dann zurückblicke werde man vielleicht sogar sagen, dass die Krise am Beginn der Saison hilfreich war. "Besser jetzt als später", meinte der Crack und betonte, nicht alle Spiele wären nur schlecht gewesen. Aber natürlich seien die Misserfolge für jeden einzelnen frustrierend. Wenn jetzt Stimmen gegen die Trainer laut würden, findet Jaspers das unfair. "Es ist der tougheste Job, Trainer zu sein und man kann nicht einfach nur die Coaches verantwortlich machen. Wir sind ein Team, wir gehören alle dazu, wir alle sind Teil eines Ganzen. Und wie der Erfolg der Erfolg aller ist, so ist es auch der Misserfolg." Jaspers ist sicher, dass es aufwärts gehen wird, "wir können das und wir werden es zeigen".
Die Pressekonferenz begann übrigens 15 Minuten nach dem Spiel, um auch noch Journalisten, die per Laptop übertragen, die Chance zur Teilnahme zu geben, betonte Adler-Pressesprecher Matthias Fries. Nach dem Spiel gegen Nürnberg war Kritik laut geworden. Ganz klar sei, meinte der Sprecher, dass Greg Poss immer sofort käme, wenn man ihn zur Konferenz riefe, "egal, ob ein Spiel verloren oder gewonnen worden ist". Im Kabinenbereich gibts diese Saison übrigens eine Änderung. Die Ordner tragen knallrote Hemden. Das ist zurückzuführen auf Rich Chernomaz, der in den vergangenen Play-offs zwei Ordnern an den Kragen gegangen war und später meinte, er habe gedacht, es wären Fans. Jetzt sind die Ordner eindeutig zu identifizieren am strengen Rot, das bei Stieren sofort Aggressionen hervorrufen würde. "Wir nennen sie die Rich-Hemden", erklärte einer lachend.
Angelika von Bülow