Adler: Das große Gähnen

"Das war nicht unser Spiel", meinte Mannheims Tomas Martinec nach Beendigung der
Partie, die in der Verlängerung mit 2:1 für die Adler gegen Düsseldorf ausging.
Fürwahr, er sprach Wahres gelassen aus. Eigentlich war es niemands Spiel. Nicht
das der Adler, nicht das der DEG und schon gar nicht das der Zuschauer, die drei
Drittel lang das Gähnen kaum unterdrücken konnten. "Was schreiben Sie denn
darüber?", wollte der charmante ältere Herr wissen, der sich mit seiner Frau
vorgefreut hat auf die Adler. "Dass es langweilig war." Oh ja, meinte er da,
"das ist kein Spiel, das ist eine Schande". Es spricht trotzdem für die Adler,
dass sie sich zum Schluss, eigentlich schon auf der Verliererstraße, so
zusammenrissen, dass sie trotz einer gewissen Benachteiligung noch den Sieg
einfuhren.
Das sah auch Greg Poss so, er sei, meinte er, glücklich
darüber, wie der Sieg zustande gekommen war. Man rieb sich ersmtal die müden
Augen, begriff aber dann, wie der Coach es meinte: Dass seine Truppe Moral
bewiesen hatte und noch zwei Punkte einfuhr, das stand eindeutig auf der
positiven Bilanzseite des Abends. Tomas Martinec stimmte zu: "Wir glauben an
uns, wir kämpfen gemeinsam, die Unterzahlspieler waren sehr stark, genau wie
unser Goalie." Trotzdem, sagte der Crack, müsse man sich jetzt arg
zusammenreißen, die Entschuldigung, dass das letzte Spiel noch in den Knochen
stecke, gelte nur bedingt. Dann schon eher, "dass es solche Spiele einfach mal
gibt".
Zwei Punkte eingefahren, das gab einen versöhnlichen Schlusspunkt.
Angefangen hatte alles sehr gut, die Adler führten schon bald und hielten bis
kurz vor Schluss diese Führung. Was, wie nun wirklich jeder im Eishockey weiß,
verdammt gefährlich sein kann, wenn es sich mal eben um ein Törchen Vorsprung
handelt. So kams dann auch, die verbissen kämpfende DEG, die, so Martinec,
"heute mehr Druck gemacht hat als wir", schoss nach vielen Anläufen den
Ausgleich und wurde gleich darauf noch einen Zahn bissiger. Der Schiedsrichter
schickte in der Verlängerung einen Adler wegen eines Fouls vom Eis. Dass er
einen zweiten wegen Spielverzögerung nachschickte, mag absolut vertretbar sein,
so richtig fair scheint es zu einem solchen entscheidenden Zeitpunkt indes
nicht. "Das sind die Regeln", wollte sich Martinec sich nicht äußern zur
Schiedsrichterleistung, "wäre es umgekehrt gekommen, hätten wir das doch auch
angenommen". Eine Ansicht, die Martinec durchaus ehrt.
Die letzten
Minuten brachten also nochmal Spannung, in der Hälfte der Overtime sorgte mal
wieder Rene Corbet für den Knaller. Vorher hatte sich Lethargie bei vielen
breitgemacht. "Ich weiß nicht, ich werde so müde", meinte ein Pressevertreter
und ein Fan zog diesen Schluss: "Dienstagsspiele sollten verboten werden."
Richtig putzmunter waren allerdings zwei junge Journalisten von einem
Düsseldorfer Radiosender. Wer neben ihnen saß und kurz die Augen schloss, der
konnte meinen, er sei bei einem richtig packenden Spiel. Die beiden waren ihr
Geld wirklich wert und bewiesen, dass Radiohören mehr Spaß machen kann an
manchen Tagen als im Stadion zu sein.
Als alles rum war, und Ordner Achim
im Kabinenbereich betont hatte, hier habe Not gegen Elend gespielt und der
Schiedsrichter habe auch nicht seinen besten Tag gehabt, wurde einer doch noch
glücklich. Der kleine Christopher durfte seinen großen Helden Rene Corbet
treffen. Vermittelt hatte das Tommy Steinert, der als Fanbeauftragter fungiert.
Christopher hatte bei einem Flohmarkt sein halbes Kinderzimmerinventar
verscherbelt, um sich ein Adler-Trikot und anderes Fan-Zubehör zu kaufen. Nun
stand er aufgeregt vor der Kabinentür. Stadionsprecher Udo Scholz plauderte mit
dem jungen Mann, bis Corbet vom Duschen kam. So gabs ganz zum Ende des Abends
hin doch noch hellwache, glückliche Gesichter bei den Adlern.
Angelika
von Bülow