Adler: "Das Grauen geht weiter"
Klare Worte bei den AdlernFan Cyrus brachte es nach dem Spiel gegen die Wolfsburg Adam Grizzlys auf den Punkt: "Das Grauen geht weiter." Die Mannheimer Adler holten sich nach Verlängerung und nach insgesamt 21 Penalties für beide Teams immerhin ihr erstes Saisonpünktchen. Was einen an einen klassischen Fehlstart von Bayern München einst erinnerte. Daran anlehnend kann es jetzt auch heißen: "Willst Du die Adler oben sehn, musst Du die Tabelle drehn." Doch gemach, die Bayern kamen wieder senkrecht hoch und bei den Adlern weiß man zumindest, dass sie das Eishockeyspielen nicht verlernt haben könnnen. Die Hoffnung ist da.
Auch, wenn man zumindest im ersten Drittel den Eindruck haben konnte, da sind ganz Andere in die Trikots der Meister geschlüpft. Bemühte Leute, die nur leider die Füße nicht so richtig voreinander setzen können, Schlittschuhlaufen schon gar nicht und mit den Pässen, das müssen sie erst noch lernen. Man rieb sich verwundert die Augen: Was haben die im Sommer getrieben, welches Mittel hat man ihnen verabreicht, um sie allesamt an Magendarmgrippe laborieren zu lassen. Genauso spielten sie auf jedenfalls.
Auch in Überzahl, das sah streckenweise nach allem aus, bloß nicht nach Powerplay. Die Wolfsburger schossen zudem nach 42 Sekunden ihr erstes Tor und kämpften auch sonst wacker. Verdiente Adler-Fans gerieten so durcheinander, dass sie auf einmal ein Drittel nur noch 15 Minuten lang wähnten, da mag der Wunsch der Vater des Gedanken gewesen sein. Je kürzer, desto besser bei diesem Gestochere. Allerdings fiel auch noch ein Adlertor in der 16. Minute, schon keimte die Hoffnung auf, das Blatt werde sich vollständig wenden.
Was es nicht tat, allerdings lief es in Drittel zwei besser. 9236 Zuschauer feuerten ihre Jungs laut an, freuten sich über jeden gelungenen Zug im Duell der Kellerkinder, von denen eines, die Adler, besonders im Dunklen zu sitzen schien. Robert Müller hieß der Mann, der dafür sorgte, dass es nicht noch schlimmer lief. Fast in der Mitte des zweiten Abschnitts dann blieb Methot lange auf dem Eis liegen, mit schmerzverzerrtem Gesicht. Hockeyweb gegenüber erläuterte er das nach dem Spiel so: "Ich habe mir den Fuß verstaucht, er hat sich gedreht und dann bin ich auch noch draufgefallen." An zwei Krücken versuchte er später einigermaßen gute Miene zum schmerzhaften Spiel zu machen. Morgen wird er geröngt und er hofft, dass es sich nur um einen kurzfristigen Ausfall handeln wird: "Ich will unbedingt dem Team in dieser Situation helfen."
Die Adler brauchten zwei Mann mehr auf dem Eis und eine Auszeit, um in der 33. Minute zu punkten. "Wieder alles im Griff auf dem sinkenden Schiff", frohlockte der Stadion-DJ, doch zu früh gefreut.
Im dritten Drittel fiel in der 53. Minute der Ausgleich für die Wolfsburger. Viele hofften inzwischen auf ein Tor, irgendein Tor, damit das Spiel zu Ende gehen möge, doch das tat es nicht. Verlängerung, auch hier kein Ergebnis. Und dann Penaltyschießen. Hin und Her. Zwei Topleute in den Toren, Rogles und Müller, hielten, was zu halten ging. Letztendlich schoss Regan seine Grizzlys zum Sieg. Der im übrigen nicht unverdient war.
Wundenlecken bei den Adlern. Es dauerte, bis Greg Poss vor die Presse trat. "Wir haben zwischendrin unsere Linie ein bisschen verloren", bedauerte der Adler-Coach, wobei ein bisschen die Untertreibung des Abends war. Und zu viele Konterchancen habe man abgegeben. Toni Krinner von den Wolfsburgern freute sich indes aufrichtig über sein Team. Mit gutem Grund. Die Jungs, meinte er, hätten aus den Fehlern beim Frankfurt-Spiel gelernt, und zwar in wenigen Tagen. Man habe die Vorgaben perfekt umgesetzt, "das war ein Riesenerfolgserlebnis", frohlockte der sympathische Bayer und fügte noch an, dass sein Team das dringend bräuchte, um Selbstvertrauen zu tanken.
Wem sagte er das, die Adler konnten da nur verschämt vor sich hin gucken. Francois Methot versuchte eine Analyse: "Ich denke", sinnierte er, "wir sind irgendwie noch von der Meisterschaft gefangen". Das müsse man schnell abhaken, "wir müssen jetzt einfach ein Spiel gewinnen, egal welches, für uns Spieler ist das unglaublich frustrierend, was zur Zeit läuft, wir wissen, wir haben ein gutes Team, wir wollen alle gewinnen und wir wissen auch, dass wir es können. Dann versuchen wir zu viel und erleiden Rückschläge, da beisst sich die Katze in den Schwanz."
Methot, der brillante Techniker der letzten Saison, sprach aus, was viele Spieler dachten: Man muss da durch und man muss schnell durch. Eines ist klar: Die Adler wollen gut spielen, sie setzen sich auch ein, aber im Moment schwebt ein ganzer Stall voller Pech über ihnen. Andrerseits: Das Team hat mit Sicherheit nichts verlernt, sobald der Knoten geplatzt ist, wird auch wieder gesiegt. Davon kann man ausgehen. Die Frage ist nur, wann es soweit ist. Dann muss auch der kleine Sohn eines Adler-Spielers nicht mehr fröhlich sagen: "Schon wieder verloren" und von der Babysitterin gesagt bekommen: "Das ist heute nicht so günstig, wenn Du das dem Papa erzählst." Papa und alle anderen im Team waren zu dem Zeitpunkt niedergeschlagen und furchbar wütend auf sich selber.
Angelika von Bülow