Adler: Auch nach zwei Niederlagen eine Chance
Klare Worte bei den AdlernNein, die Köpfe wollten sie nicht hängen lassen, die Adler aus Mannheim und
das obwohl sie gerade eben die zweite Niederlage im Viertelfinale
eingefahren hatten. Ungerecht sicherlich aus Mannheimer Sicht, denn zwischenzeitlich
stürmte genau ein Team und das waren Hock und Co. Doch was nützt das, wenn
man das Tor nicht trifft. Freezers-Goalie Boris Rousson war eine wahre Bank,
aber
auch ihn muss man überwinden, will man weiterkommen. Rousson übrigens zu
Hockeyweb: "Heute war das Glück auf unserer Seite." Eine Aussage, die seine
große
Leistung keinesfalls schmälern soll.
Sascha Goc war noch nicht an Bord des Adler-Schiffs. "Ich habe bis vor
zwei 'Tagen hohes Fieber gehabt", sagte der Kapitän, "die Ärzte haben mir
dringend abgeraten zu früh aufs Eis zu gehen." Beim ersten Training spielte
dann
der Kreislauf kaum mit, der starke Mann mit der Nummer 7 musste noch einmal
zusehen. Ob er in Hamburg am Sonntag dabei ist? Goc: "Wir werden sehen,
letztendlich entscheidet der Trainer."
Und dann gings los in die Playoff Zeit. Wunderkerzenmeer und Gesänge,
Spannung auf den Rängen und in den Kabinen, alles wie gehabt. Dass 5900
Zuschauer gezählt wurden, passt zu dieser Saison, dass dieses Spiel
danebenging,
irgendwie auch. Obwohl, und das deprimierte die Fans besonders, es
eigentlich
keinen Grund für die Adler gab, die Sache zu vergeigen. Denn sie stürmten,
sie
kämpften, sie kamen immer wieder mit Macht vor Roussons Tor. Die Freezers
standen kompakt, störten, zerstörten auch häufig den Spielfluss, aber sie
wären
zu schlagen gewesen. Doch das Rezept hatten die Adler an diesem Abend nicht.
Sie scheiterten ein ums andere Mal. Hock, Martinec - auf den übrigens
richtiggehend Jagd gemacht wurde, es ist ihm hoch anzurechnen, dass er nicht
ausrastete, so sehr nahm man ihn in die Zange- immer wieder Corbet, aber
auch Kennedy
oder Edgerton und Carciola, die Adler warfen alle Mann nach vorne. Gut
anzusehen für die Zuschauer, die Handschrift von Helmut de Raaf ist
inzwischen
deutlich erkennbar, aber ohne zählbaren Erfolg.
Zwischendurch Nickligkeiten auf beiden Seiten, immer wieder ging einer zu
Boden und blieb vielleicht auch liegen. Play Off Eishockey eben und nichts
für
Zartbesaitete. Der Schiedsrichter griff hart, manchmal ein wenig
unverständlich durch, gegen beide Seiten. Van Impe flog gar aus dem Spiel
nach einem
unfairen Angriff.
Und dann kam die Möglichkeit für die Adler, fünf gegen drei im zweiten
Drittel, nachdem Roussons Tor verschoben worden war. Es folgte eine
eventuell
spielentscheidende Szene. Hamburgs Goalie, der zwei Minuten wegen
Spielverzögerung kassiert hatte, ruckelte und rückte an dem Gehäuse und
bewies ziemlich
eindrucksvoll, dass es nicht fest in der Verankerung saß. Ein ums andere Mal
wies der Torwart den Unparteiischen darauf hin, doch der negierte des
Goalies
Einwurf. Kurze Zeit später trafen dann die Adler, der Puck ging über die
Linie, doch zur selben Zeit wurde das Tor verschoben, der Schieri zog den
Videobeweis zu Rate und entschied gegen den Treffer. Wer weiß, ob die Sache
nicht
anders ausgegangen wäre, hätte er Roussons Beschwerde ernst genommen.
Fast im Gegenzug passierte dann, was den Tausenden im Mannheimer
Friedrichspark den Atem stocken ließ. Die Freezers nutzten einen ihrer
wenigen Konter
und überwanden Marc Seliger, der an dem Abend nicht so arg viel zu tun
bekam,
bei einigen brenzligen Situationen aber die Übersicht behielt und die Adler
rettete. 0:1 das erschien wie verkehrte Welt.
Und es wurde nicht besser für die Mannheimer. Die waren nun erstmal so
richtig motiviert und legten los wie die Feuerwehr. Doch jedes wütende
Anstürmen
nützte nichts, die Fans feuerten an, Stadionsprecher Udo Scholz ermunterte,
allein, vergebliche Liebesmüh, nichts tat sich mehr. Mit hängenden Köpfen
kamen die Cracks in die Kabine zurück, während die Freezers lautstark
johlten
und sich freuten, verständlicherweise, schließlich liegen sie in dieser
Serie
mit 2:0 in Front.
Doch die Adler ließen die Köpfe nicht lange hängen, schon bald machten
Parolen für den Sonntag die Runde. Coach Helmut de Raaf hatte damit
begonnen.
Man habe, erklärte er, von Anfang an aggressiver und engagierter agiert als
in
Hamburg, das Team habe sich viele Chancen herausgespielt, das Glück
allerdings habe gefehlt. "Wenn man keine Tore schießt, kann man eben auch
nicht
gewinnen," konstatierte der Coach und kündigte an: "Wir haben uns nicht
aufgegeben,
wir wollen unser Chance in Hamburg nutzen.
Chris Joseph machte das mangelhafte Powerplay verantwortlich für die
Niederlage. Ansonsten habe man sich ja recht gut bewegt, aber in Überzahl
habe es
gehapert. Im Grunde, so Joseph sei ein Gegentor ja nicht eben viel, aber zu
viel, wenn man selber keines erziele. Boris Rousson habe hervorragend
gespielt, meinte Joseph, aber auch er müsse zu überwinden sein. "Wir hatten
gar
nicht so viele wirklich dicke Chancen," bekannte der Verteidiger noch, "aber
sie
hätten für einen Sieg reichen müssen." Hamburg habe ausgesprochen geschickt
in der Defensive agiert, jetzt sei es an den Adlern, bis Sonntag ein
Gegenrezept zu finden. "Wir glauben daran, dass wir die Serie noch drehen
können,"
betonte der Kanadier, "ich habe schon bei Teams gespielt, denen das gelungen
ist."
Auch Sascha Goc will an eine Wende glauben. Das Powerplay müsse verbessert
werden, sagte er zu Hockeyweb und auch, "dass Rousson ein sehr großer
Torwart ist, so jemanden muss man überwinden, indem man ihm die Sicht nimmt.
Er
hatte heute Abend einen viel zu guten Überblick."
Jason Podollan setzt ebenfalls auf eine Verbesserung des Powerplays. Er
registrierte eine Reihe von guten Chancen, die leider nicht verwertet worden
seien. Das müsse sich in Hamburg grundlegend ändern, sagte der Stürmer, der
fest daran glaubt, dass sich alles zum 'Besseren für die Adler wenden
könnte.
Gesellschafter Daniel Hopp war trotz der Niederlage nicht unzufrieden mit
dem Abend: "Im dritten Drittel sind die Adler zwanzig Minuten lang gegen das
Hamburger Tor angerannt. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie Charakter
besitzt. Und sie hat in der Vorrunde gezeigt, dass sie in Hamburg gewinnen
kann.
Es wird sicherlich sehr schwer, aber es ist zu schaffen." Hamburg habe über
60 Minuten eine starke Defensivleistung gezeigt.
Hopp freute sich, dass man inzwischen die Handschrift Helmut de Raafs
erkennen könne: "Das Team spielt sehr offensiv mit viel Forechecking, es ist
schön das anzusehen." Während die jetzige Mannschaft fightet, gibt es
natürlich
auch schon Gerüchte um die nächste Saison. Wird Marc Seliger bleiben? Hopp
zu
Hockeyweb: "Er ist sehr gut, wir würden ihn gerne hier behalten, aber wir
haben ihm einen Vertrag angeboten, den er abgelehnt hat." Und wer könnte
kommen?
Im Stadion tauchte der Name Kölzig auf. Hopp lachend: "Das ist ein
verfrühter Aprilscherz, der verdient mehr als die ganze Mannschaft
zusammen." Und
Lamothe, der ebenfalls gehandelt wird. Der Gesellschafter zurückhaltend:
"Wir
sind mitten in den Playoffs, da sollten wir über sowas nicht reden."
Spruchreif
ist hingegen, dass Frankie Groleau bleiben wird, er hat soeben einen
Einjahresvertrag unterzeichnet und ist glücklich: "Man hat mir ein faires
Angebot
unterbreitet, ich bleibe gerne hier. " Das unterstreicht auch Ehefrau
Isabelle:
"Wir mögen Mannheim, es ist schön, dass es geklappt hat."
Die Freezers strahlten derweil ob ihres Sieges. Dave Tomlinson und Wayne
Hynes, Ex-Adler, deren Verträge nicht mehr verlängert worden waren, weil man
"Charakter durch Talent" ersetzen wollte und die seither aufopferungsvoll bei
neuen Clubs fighten, sahen allerdings auch, dass man nur zwei Siege
eingefahren hatte und "vier brauchen wir." Hynes bestätigte seinem Team "eine
hervorragende Leistung in einem super Spiel, bei fünf gegen fünf waren wir
gleichwertig." Tomlinson meinte gegenüber Hockeyweb, dass die Freezers auch ein
ordentliches Quäntchen Glück gehabt hätten. Für ihn sei das übrigens ein Play Off
Spiel wie jedes andere gewesen, die Zeit in Mannheim sei lange vorbei. Enge
Verbindungen gibt es indes immer noch in die Quadratestadt: Tomlinson wird im
Juli Vater, wie er Hockeyweb verriet und die Mama in spe stammt aus Mannheim.
Boris Rousson freute sich über den zweiten Sieg in Folge: "Ich habe mich
heute sehr gut gefühlt, es war irgendwie ein guter Tag für mich." Allerdings
habe auch das Glück mitgespielt, etwa bei einem Granatenschuss von Devin
Edgerton. "Im Grunde", so Rousson, "haben wir aber noch zwei schwere Spiele vor
uns, die wir gewinnen müssen, wollen wir weiterkommen. Deshalb bin ich auch
noch nicht so enthusiastisch. Mannheim hat sehr gut gespielt, das werden sie in
Hamburg beweisen." Unverständlich fand der Goalie die Weigerung des
Schiedsrichters, seine Beschwerden wegen des losen Tores ernst zu nehmen. "Es ist doch
besser, sich die Zeit zu nehmen und so etwas zu reparieren als es darauf
ankommen zu lassen. Es gibt immerhin ernste Situationen, in denen so etwas eine
entscheidende Rolle spielen kann."
Unbeeindruckt von allen Turbulenzen des Abends unterhielt sich Ex-Adler
Jean-Francois Jomphe im Kabinengang mit Daniel Hopp und dessen Lebensgefährtin
Isabelle. Jomphe, einst die Schönheit im Trikot der Mannheimer, war schon den
ganzen Tag in Mannheim unterwegs gewesen und hatte alte Wirkungsstätten
besucht. Dass die Adler schon im Viertelfinale aus den Playoffs finden, daran
glaubt Jomphe auf keinen Fall: "Die Jungs kommen zurück." (Angelika von Bülow)