Adler: Auch nach zwei Niederlagen eine Chance

Klare Worte bei den AdlernKlare Worte bei den Adlern
Lesedauer: ca. 7 Minuten

Nein, die Köpfe wollten sie nicht hängen lassen, die Adler aus Mannheim und

das obwohl sie gerade eben die zweite Niederlage im Viertelfinale

eingefahren hatten. Ungerecht sicherlich aus Mannheimer Sicht, denn zwischenzeitlich

stürmte genau ein Team und das waren Hock und Co. Doch was nützt das, wenn

man das Tor nicht trifft. Freezers-Goalie Boris Rousson war eine wahre Bank,

aber

auch ihn muss man überwinden, will man weiterkommen. Rousson übrigens zu

Hockeyweb: "Heute war das Glück auf unserer Seite." Eine Aussage, die seine

große

Leistung keinesfalls schmälern soll.



Sascha Goc war noch nicht an Bord des Adler-Schiffs. "Ich habe bis vor

zwei 'Tagen hohes Fieber gehabt", sagte der Kapitän, "die Ärzte haben mir

dringend abgeraten zu früh aufs Eis zu gehen." Beim ersten Training spielte

dann

der Kreislauf kaum mit, der starke Mann mit der Nummer 7 musste noch einmal

zusehen. Ob er in Hamburg am Sonntag dabei ist? Goc: "Wir werden sehen,

letztendlich entscheidet der Trainer."

Und dann gings los in die Playoff Zeit. Wunderkerzenmeer und Gesänge,

Spannung auf den Rängen und in den Kabinen, alles wie gehabt. Dass 5900

Zuschauer gezählt wurden, passt zu dieser Saison, dass dieses Spiel

danebenging,

irgendwie auch. Obwohl, und das deprimierte die Fans besonders, es

eigentlich

keinen Grund für die Adler gab, die Sache zu vergeigen. Denn sie stürmten,

sie

kämpften, sie kamen immer wieder mit Macht vor Roussons Tor. Die Freezers

standen kompakt, störten, zerstörten auch häufig den Spielfluss, aber sie

wären

zu schlagen gewesen. Doch das Rezept hatten die Adler an diesem Abend nicht.

Sie scheiterten ein ums andere Mal. Hock, Martinec - auf den übrigens

richtiggehend Jagd gemacht wurde, es ist ihm hoch anzurechnen, dass er nicht

ausrastete, so sehr nahm man ihn in die Zange- immer wieder Corbet, aber

auch Kennedy

oder Edgerton und Carciola, die Adler warfen alle Mann nach vorne. Gut

anzusehen für die Zuschauer, die Handschrift von Helmut de Raaf ist

inzwischen

deutlich erkennbar, aber ohne zählbaren Erfolg.

Zwischendurch Nickligkeiten auf beiden Seiten, immer wieder ging einer zu

Boden und blieb vielleicht auch liegen. Play Off Eishockey eben und nichts

für

Zartbesaitete. Der Schiedsrichter griff hart, manchmal ein wenig

unverständlich durch, gegen beide Seiten. Van Impe flog gar aus dem Spiel

nach einem

unfairen Angriff.

Und dann kam die Möglichkeit für die Adler, fünf gegen drei im zweiten

Drittel, nachdem Roussons Tor verschoben worden war. Es folgte eine

eventuell

spielentscheidende Szene. Hamburgs Goalie, der zwei Minuten wegen

Spielverzögerung kassiert hatte, ruckelte und rückte an dem Gehäuse und

bewies ziemlich

eindrucksvoll, dass es nicht fest in der Verankerung saß. Ein ums andere Mal

wies der Torwart den Unparteiischen darauf hin, doch der negierte des

Goalies

Einwurf. Kurze Zeit später trafen dann die Adler, der Puck ging über die

Linie, doch zur selben Zeit wurde das Tor verschoben, der Schieri zog den

Videobeweis zu Rate und entschied gegen den Treffer. Wer weiß, ob die Sache

nicht

anders ausgegangen wäre, hätte er Roussons Beschwerde ernst genommen.

Fast im Gegenzug passierte dann, was den Tausenden im Mannheimer

Friedrichspark den Atem stocken ließ. Die Freezers nutzten einen ihrer

wenigen Konter

und überwanden Marc Seliger, der an dem Abend nicht so arg viel zu tun

bekam,

bei einigen brenzligen Situationen aber die Übersicht behielt und die Adler

rettete. 0:1 das erschien wie verkehrte Welt.

Und es wurde nicht besser für die Mannheimer. Die waren nun erstmal so

richtig motiviert und legten los wie die Feuerwehr. Doch jedes wütende

Anstürmen

nützte nichts, die Fans feuerten an, Stadionsprecher Udo Scholz ermunterte,

allein, vergebliche Liebesmüh, nichts tat sich mehr. Mit hängenden Köpfen

kamen die Cracks in die Kabine zurück, während die Freezers lautstark

johlten

und sich freuten, verständlicherweise, schließlich liegen sie in dieser

Serie

mit 2:0 in Front.

Doch die Adler ließen die Köpfe nicht lange hängen, schon bald machten

Parolen für den Sonntag die Runde. Coach Helmut de Raaf hatte damit

begonnen.

Man habe, erklärte er, von Anfang an aggressiver und engagierter agiert als

in

Hamburg, das Team habe sich viele Chancen herausgespielt, das Glück

allerdings habe gefehlt. "Wenn man keine Tore schießt, kann man eben auch

nicht

gewinnen," konstatierte der Coach und kündigte an: "Wir haben uns nicht

aufgegeben,

wir wollen unser Chance in Hamburg nutzen.

Chris Joseph machte das mangelhafte Powerplay verantwortlich für die

Niederlage. Ansonsten habe man sich ja recht gut bewegt, aber in Überzahl

habe es

gehapert. Im Grunde, so Joseph sei ein Gegentor ja nicht eben viel, aber zu

viel, wenn man selber keines erziele. Boris Rousson habe hervorragend

gespielt, meinte Joseph, aber auch er müsse zu überwinden sein. "Wir hatten

gar

nicht so viele wirklich dicke Chancen," bekannte der Verteidiger noch, "aber

sie

hätten für einen Sieg reichen müssen." Hamburg habe ausgesprochen geschickt

in der Defensive agiert, jetzt sei es an den Adlern, bis Sonntag ein

Gegenrezept zu finden. "Wir glauben daran, dass wir die Serie noch drehen

können,"

betonte der Kanadier, "ich habe schon bei Teams gespielt, denen das gelungen

ist."

Auch Sascha Goc will an eine Wende glauben. Das Powerplay müsse verbessert

werden, sagte er zu Hockeyweb und auch, "dass Rousson ein sehr großer

Torwart ist, so jemanden muss man überwinden, indem man ihm die Sicht nimmt.

Er

hatte heute Abend einen viel zu guten Überblick."

Jason Podollan setzt ebenfalls auf eine Verbesserung des Powerplays. Er

registrierte eine Reihe von guten Chancen, die leider nicht verwertet worden

seien. Das müsse sich in Hamburg grundlegend ändern, sagte der Stürmer, der

fest daran glaubt, dass sich alles zum 'Besseren für die Adler wenden

könnte.

Gesellschafter Daniel Hopp war trotz der Niederlage nicht unzufrieden mit

dem Abend: "Im dritten Drittel sind die Adler zwanzig Minuten lang gegen das

Hamburger Tor angerannt. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie Charakter

besitzt. Und sie hat in der Vorrunde gezeigt, dass sie in Hamburg gewinnen

kann.

Es wird sicherlich sehr schwer, aber es ist zu schaffen." Hamburg habe über

60 Minuten eine starke Defensivleistung gezeigt.

Hopp freute sich, dass man inzwischen die Handschrift Helmut de Raafs

erkennen könne: "Das Team spielt sehr offensiv mit viel Forechecking, es ist

schön das anzusehen." Während die jetzige Mannschaft fightet, gibt es

natürlich

auch schon Gerüchte um die nächste Saison. Wird Marc Seliger bleiben? Hopp

zu

Hockeyweb: "Er ist sehr gut, wir würden ihn gerne hier behalten, aber wir

haben ihm einen Vertrag angeboten, den er abgelehnt hat." Und wer könnte

kommen?

Im Stadion tauchte der Name Kölzig auf. Hopp lachend: "Das ist ein

verfrühter Aprilscherz, der verdient mehr als die ganze Mannschaft

zusammen." Und

Lamothe, der ebenfalls gehandelt wird. Der Gesellschafter zurückhaltend:

"Wir

sind mitten in den Playoffs, da sollten wir über sowas nicht reden."

Spruchreif

ist hingegen, dass Frankie Groleau bleiben wird, er hat soeben einen

Einjahresvertrag unterzeichnet und ist glücklich: "Man hat mir ein faires

Angebot

unterbreitet, ich bleibe gerne hier. " Das unterstreicht auch Ehefrau

Isabelle:

"Wir mögen Mannheim, es ist schön, dass es geklappt hat."

Die Freezers strahlten derweil ob ihres Sieges. Dave Tomlinson und Wayne

Hynes, Ex-Adler, deren Verträge nicht mehr verlängert worden waren, weil man

"Charakter durch Talent" ersetzen wollte und die seither aufopferungsvoll bei

neuen Clubs fighten, sahen allerdings auch, dass man nur zwei Siege

eingefahren hatte und "vier brauchen wir." Hynes bestätigte seinem Team "eine

hervorragende Leistung in einem super Spiel, bei fünf gegen fünf waren wir

gleichwertig." Tomlinson meinte gegenüber Hockeyweb, dass die Freezers auch ein

ordentliches Quäntchen Glück gehabt hätten. Für ihn sei das übrigens ein Play Off

Spiel wie jedes andere gewesen, die Zeit in Mannheim sei lange vorbei. Enge

Verbindungen gibt es indes immer noch in die Quadratestadt: Tomlinson wird im

Juli Vater, wie er Hockeyweb verriet und die Mama in spe stammt aus Mannheim.

Boris Rousson freute sich über den zweiten Sieg in Folge: "Ich habe mich

heute sehr gut gefühlt, es war irgendwie ein guter Tag für mich." Allerdings

habe auch das Glück mitgespielt, etwa bei einem Granatenschuss von Devin

Edgerton. "Im Grunde", so Rousson, "haben wir aber noch zwei schwere Spiele vor

uns, die wir gewinnen müssen, wollen wir weiterkommen. Deshalb bin ich auch

noch nicht so enthusiastisch. Mannheim hat sehr gut gespielt, das werden sie in

Hamburg beweisen." Unverständlich fand der Goalie die Weigerung des

Schiedsrichters, seine Beschwerden wegen des losen Tores ernst zu nehmen. "Es ist doch

besser, sich die Zeit zu nehmen und so etwas zu reparieren als es darauf

ankommen zu lassen. Es gibt immerhin ernste Situationen, in denen so etwas eine

entscheidende Rolle spielen kann."

Unbeeindruckt von allen Turbulenzen des Abends unterhielt sich Ex-Adler

Jean-Francois Jomphe im Kabinengang mit Daniel Hopp und dessen Lebensgefährtin

Isabelle. Jomphe, einst die Schönheit im Trikot der Mannheimer, war schon den

ganzen Tag in Mannheim unterwegs gewesen und hatte alte Wirkungsstätten

besucht. Dass die Adler schon im Viertelfinale aus den Playoffs finden, daran

glaubt Jomphe auf keinen Fall: "Die Jungs kommen zurück." (Angelika von Bülow)


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