Poss: Dämpfer zur rechten Zeit
Hochmut kommt vor dem Fall, heißt es im Sprichwort, und
genau diesen Hochmut hat die deutsche Nationalmannschaft in Kaufbeuren gegen
Lettland an den Tag gelegt. „Bereits
beim Einspielen habe ich eine gewisse Lässigkeit bei unseren Spielern
festgestellt“, meinte Bundestrainer Poss
nach der Partie, die 2:4 verloren ging. Eine Unkonzentriertheit, die sich ein
deutsches Team einfach nicht leisten kann, auch nicht gegen einen vermeintlich
weniger starken Gegner wie Lettland. Noch dazu, wenn etliche Leistungsträger
verletzungsbedingt (Sturm, Ustorf, Kölzig) oder wegen ihrer Regeneration nach
den DEL-Play-off fehlen.
Anders als in der nationalen Meisterschaft werden Fehler bei
internationalen Begegnungen gnadenlos bestraft. Zwei individuelle Kurzschlüsse
in der deutschen Verteidigung luden die Gäste aus dem Baltikum geradezu zu
ihren Toren ein. Und die ließen sich nicht zweimal bitten und verwandelten
eiskalt, ohne Torwart Müller eine Chance zu lassen. „Unkonzentriertheiten in der
Defensive und Offensive waren Schuld an unserer Niederlage“, formulierte Greg
Poss kurz und treffend. Zwar konnte der beste deutsche Spieler Sebastian
(„Basti fantasti“) Furchner, der selbst aus Kaufbeuren stammt, unter dem Jubel
der Allgäuer Fans das 1:2 erzielen, aber nur Sekunden später kippte das Spiel
endgültig. Ein erneuter Schnitzer in der deutschen Abwehr ermöglichte den
Gästen das vorentscheidende 3:1. Alex Jung, der nach 30 Minuten Robert Müller
im Tor abgelöst hatte, war ohne Chance.
Nach dem neuerlichen Anschluss durch Felix Petermann keimte
unter den 3000 Zuschauern wieder Hoffnung auf, die jedoch mit dem vierten
lettischen Treffer zunichte gemacht wurde.
Die Gründe für die Niederlage sind, neben Schwächen in der
Defensive, vor allem in der mangelnden Chancenauswertung zu finden.
International erhält man erfahrungsgemäß nur wenige Tormöglichkeiten, und die
müssen hundertprozentig genutzt werden. Die deutschen Stürmer liefen mehrmals
alleine auf den lettischen Goalie zu und scheiterten kläglich. Diese Defizite
müssen spätestens bis zur WM ausgemerzt werden,
sonst findet man sich ganz schnell in der Abstiegsrunde wieder. Schließlich steigt bereits zu Beginn der Weltmeisterschaft
das entscheidende Spiel gegen Kasachstan, und die sind ein ähnliches Kaliber
wie Lettland.
Greg Poss hat der nach den guten Leistungen gegen Schweden
und Weißrussland nicht erwarteten Niederlage auch eine positive Seite
abgewonnen: „Eine Niederlage im Testspiel ist kein Beinbruch. Vielleicht ist
sie sogar ein Dämpfer zur rechten Zeit. So sehen die Spieler, dass sie keinen
Gegner unterschätzen dürfen.“
Bei seiner Einzelkritik lobte der Bundestrainer neben der Kölner Reihe
(Lewandowski, Boos, Furchner) besonders den Fast-Neuling Collin Danielsmeier
aus Iserlohn, der erst sein fünftes Länderspiel bestritt: „Er hat sehr gut
gespielt“, was wohl soviel heißt wie einst bei Helmut Schön: „Er darf
wiederkommen.“ In der Negativbeurteilung
hielt sich Poss natürlich bedeckt. Die Zuschauer jedoch waren besonders
von Routiniers wie Kreutzer (131 Länderspiele) oder Kathan (136mal in der
Nationalmannschaft) schwer enttäuscht. Da müsste bis zur WM eine deutliche
Steigerung drin sein!
Bereits am Samstagnachmittag hat das deutsche Team
Gelegenheit, die Scharte auszuwetzen. In Ravensburg geht es erneut gegen
Lettland. Dabei wird Dimitri Pätzold das Tor der Nationalmannschaft hüten.
Weitere Änderungen im Kader sind nicht
zu erwarten. Ab kommender Woche wird dann das Team mit den restlichen Spielern
aus Übersee sowie den Mannheimern und den Berlinern ergänzt. Erfreulich für den
Bundestrainer: Jochen Hecht wird am
Montag trotz seiner Armverletzung zur Mannschaft stoßen, und man ist in der
Mannschaftsleitung zuversichtlich, dass er bei der WM auch spielen kann.
„Wir werden 25 Spieler mit nach Wien nehmen. Das sind nicht
immer die besten Einzelspieler, sondern die beste Mischung“, sagt Poss. Nach den beiden Begegnungen gegen die USA in
der kommenden Woche, wird die endgültige Auswahl getroffen werden. Und dann
kann man nur noch Daumen drücken.