Notizen von der Leine
Der Deutschland-Cup ist vorbei. Stimmen zu den Spielen und einfach Dinge am Rande der Bande hier im Nachklapp:
Am Freitag besiegte die Slowakei Mitfavorit Kanada mit 5:3. Der 23-jährige
Martin Bartek traf allein viermal; der fünfte Treffer war ein “empty net
goal”. Slowakeis Co-Trainer Lubomir Pokovic, der vor wenigen Wochen um ein
Haar den Posten eines Coaches bei den Krefeld Pinguinen übernommen hätte:
“Die Special Teams waren entscheidend. Wir haben viermal (beim vierten Male
war die Strafe für Kanada gerade beendet/Anm.d.Red.) in Überzahl getroffen,
Kanada nur zweimal, dafür einmal in Unterzahl. Dass Kanada nach dem
0:3-Rückstand nicht aufgeben würde, wussten wir.” Kanadas Chefcoach Marc
Habscheid, selbst einmal ein erfolgreiches Mitglied des Teams der
Ahornblätter: “Ich kann meinem Kollegen nur beipflichten. Die Über- und
Unterzahlformationen spielten eine große Rolle.”
Stimmen zum Spiel Deutschland - Schweiz: Natürlich war der Gastgeber nach der 1:2-Niederlage nach Penaltyschießen
gegen die Schweiz enttäuscht. So konnte sich Shayne Wright über seinen
ersten Punktgewinn im Adlerdress überhaupt nicht freuen. “Wir waren die
deutlich bessere Mannschaft. Vorn haben wir viel Pech gehabt. Dass wir nur
einen Punkt gewannen, ist ungerecht. Mit meinem Partner Rob Leask habe ich
mich gut verstanden. Ich habe mich jedenfalls wohl in der Truppe gefühlt.”
Stefan Ustorf: “Wir sind zwar nicht schockiert über die niedrige
Zuschauerzahl, aber enttäuscht. Wenn das DSF in der Verlängerung abschaltet
und zur 2. Fußball-Bundesliga hinüberwechselt, weiß man, welchen Stellenwert
Eishockey bei uns hat. Ein Kompliment an der Schweizer Torwart Gerber. Wir
haben unsere Chancen nicht genutzt.”
Jan Benda: “Wir haben auch schon gehört, dass die Heimspielstätte wohl
wechseln wird und Mannheim und Krefeld im Gespräch sind. Schade, dass wir
vor so wenigen Zuschauern gespielt haben. Zufrieden sind wir, dass wir
positiv gespielt haben. Das Match hat uns Kraft und Selbstvertrauen gegeben,
wobei die Videoanalyse sehr geholfen hat.”
Bundestrainer Greg Poss, der auf den unter Hans Zach traditionellen
Journalisten-Plausch vor dem Spiel verzichtete: “Wir haben heute gegen die
Schweiz hervorragend gespielt. Wir haben selten Torchancen abgegeben und
sind auf dem richtigen Weg.”
Der Schweizer Nationaltrainer Ralph Krueger: “Es gibt eine neue Dynamik in
der deutschen Mannschaft. In den Ecken waren die Spieler physisch stark. Ich
hatte das Gefühl, dass das deutsche Team ein wenig schneller als zuvor war.
Für uns war es ein Herz-Sieg, weil nach der Niederlage gegen die Slowakei
unsere Batterien leer waren.”
Die Spiele waren durchaus sehenswert. Daher ist es doppelt schade,
dass man den Eindruck nicht los wird, dass das Turnier recht lieblos
vorbereitet und durchgeführt wurde. Der Einlass am Freitag begann,
auch für die Medienvertreter, gerade ´mal eine Stunde vor dem ersten Match.
Zu diesem Zeitpunkt wurden auch erst einige Plakate im Eingangsbereich der
TUI-Arena aufgehängt. Im Pressezentrum ist offensichtlich Nostalgie
angesagt; denn ein Plakat weist auf die Heimpartien der Hannover Scorpions
der ersten Hälfte des Monats Oktober hin. Spielberichte existieren überhaupt
nicht. Weiß der Teufel, warum diese ansonsten unerlässlichen Unterlagen
fehlen. Stattdessen werden von den freundlichen Mitarbeitern ständig
seltsame Statistiken herausgegeben.
Die Programmzeitschrift “Inside”, die für zwei Euro erstanden werden konnte,
stellt lediglich die teilnehmenden Teams vor und verliert keine Silbe über
die vergangenen Wettbewerbe. Dafür erfährt der Leser, dass der kanadische
Ex-Bundestrainer George Kingston US-amerikanischer Staatsbürger ist, während
der seit Jahrzehnten in Deutschland ansässige Ladislav Olejnik zur
Tschechischen Republik gehört. Dagegen scheint der neue Bundestrainer Greg
Poss staatenlos zu sein. Hinter seinem Namen steht kein Nationenkürzel. Auf
der Seite, die die Schweiz vorstellt, wird der Beginn des Spieles gegen
Deutschland mit 16.00 Uhr angegeben, auf der “deutschen” Seite ist
richtigerweise 19.15 Uhr vermerkt.
Es scheint ein offenes Geheimnis zu sein, dass nach fünf Jahren das Thema
“Hannover” zu den Akten gelegt werden kann. Favoriten als neue Heimstätten
dieses an und für sich attraktiven Turniers sind Städte, in denen neue
Hallen erbaut werden. Mannheim oder Krefeld haben augenscheinlich ganz gute
Karten, den Gastgeber für die kommenden fünf Jahre abzugeben. Vor allen
Dingen wäre Krefeld mit seinem großen NRW-Hinterland interessant. Eine
andere Variante wäre auch, dass Hannover von seiner Option Gebrauch macht,
für weitere fünf Jahre mit dem DEB abschließt und dann diese Option an den
Meistbietenden verhökert. Der Zuschauerzuspruch war am zweiten Tag
regelrecht niederschmetternd. Hallensprecher Eric Haselbacher bedankte sich
zwar bei 3.015 Fans, doch sogar diese niedrige Zahl schien übertrieben. Ein
Spaßvogel auf der Tribüne, nachdem die offizielle Besucherzahl verkündet
wurde: “Warum sind die denn nicht in die Halle gekommen?”
Scorpions-Chefcoach Gunnar Leidborg hat trotz seines schweren Unfalls seinen
trockenen Humor nicht verloren. “Vorher war ich schon langsam, doch jetzt
bin ich noch wesentlich langsamer.” Im Ernst: der schwergewichtige Schwede,
der von einem verirrten Puck am Kopf getroffen wurde und bewusstlos war, ist
noch nicht völlig wiederhergestellt. Nach wie vor hat er Probleme mit dem
Gleichgewicht. “Ich registriere mitunter Szenen mit Verzögerung.”
Für die Gruppenspiele der deutschen Nationalmannschaft bei der kommenden WM
in der Wiener Stadthalle sind noch genügend Karten vorhanden. “Gegen
Kasachstan gibt es noch 3.380 Tickets, gegen die Tschechen sind noch 3.154
vorhanden und für das Spiel gegen die Schweiz verfügen wir noch über 3.300
Billets”, so OK-Vizepräsident Dr. Siegfried Ledolter. “Wenn irgend jemand
´ausverkauft´ meldet, hat entweder die Ticket-Agentur keine Karten mehr,
oder der entsprechende Sektor ist ausverkauft. Wir haben insgesamt jedoch
noch genügend Karten.” Bisher wurden total 120.000 Tickets verkauft, was
einem Drittel der verfügbaren Plätze überhaupt entspricht. Vor allen Dingen
aus der Slowakei, Lettland, der Schweiz und Deutschland liegen viele
Anfragen vor. “Bei uns herrscht momentan ein Boom. Daher sind wir auch mit
der Inlandnachfrage zufrieden”, so Ledolter weiter. Dass die Deutschen gegen
die Schweiz nicht in Innsbruck spielen, hat eine ganz einfache Erklärung.
“Wir durften zwei Nationen setzen. Da die USA mit der Aufschrift “Tirol” auf
dem Helm spielen werden und die Slowakei aus geografischen Gründen lieber in
Wien aufläuft, haben wir die USA für Innsbruck und die Slowaken für Wien
gesetzt”, so die logische Erklärung Ledolters.