Nationalmannschaft noch weit von WM-Form entfernt
Uwe Krupp ist ein sehr höflicher Mensch.
Selbst nach einer 0:4-Niederlage, wie am Freitag in München gegen Finnland,
versucht der Bundestrainer, die positiven Aspekte heraus zu arbeiten: „Unsere
junge, unerfahrene Truppe hat eine gute Moral bewiesen und sich wacker
geschlagen.“
In der Tat: Die 21 Spieler, die gestern
das Trikot mit dem Adler auf der Brust trugen, mühten sich redlich. Sie liefen,
sie rackerten und kämpften, auch wenn man dem Gegner in allen Belangen
unterlegen war.
„Früher kamen die Finnen mit einer
jungen, unerfahrenen Mannschaft zu den Vorbereitungsspielen,“ erklärte
Sportdirektor Franz Reindl nach der einseitigen Begegnung. „Doch heute hatten
sie allein 10 Mann dabei, die vor kurzem noch in der NHL spielten und auch
dorthin wieder zurück wollen.“ Entsprechend hart ging es zur Sache. Die
deutschen Spieler wurden vom ihren Gegnern unerbittlich attackiert und krachten
reihenweise in die Bande. So etwas waren sie aus der DEL nicht gewöhnt. Reindl:
„International wird anders gespielt und anders gepfiffen.“ Viele Deutsche haben
es zu spüren bekommen und werden heute ihre blauen Flecken zählen.
Eines kann man der Heimmannschaft
allerdings nicht vorwerfen: Dass sie sich nicht gewehrt hat. Besonders Christoph
Ullmann aus Mannheim war kein Kind von Traurigkeit. Er nahm sich den nicht
gerade kleinen Lennart Petrell gehörig zur Brust, warf die Handschuhe weg und
lieferte dem Finnen einen heißen Kampf in bester Klitschko-Manier. Die beiden
Streithähne durften danach zum Duschen gehen, aber den Zuschauern in der
ausverkauften Halle hat es gefallen.
Wenigstens im Kämpfen waren die Deutschen
ihren Gegnern gleichwertig.
Ansonsten konnte man deutlich einen
Klassenunterschied erkennen. Kein Wunder: Mit Spielern, die in der DEL
bestenfalls Mittelmaß darstellen (Polaczek, Waginger, Melischko, Buzas, Schmidt,
Köttstorfer) kann man gegen den Weltranglistendritten nicht bestehen. Und auch
Patrick Ehelechner machte bei seinem ersten Länderspiel im Tor nicht immer den
sichersten Eindruck.
Bei Robert Hock (Iserlohn) wollte sich
der Bundestrainer noch nicht öffentlich festlegen, ob er im Team bleibt: „Wir
werden erst mit ihm persönlich reden, wie es weiter geht. Ich habe in den beiden
Spielen gesehen, was ich sehen wollte.“ Treuebezeugungen sehen wohl anders
aus....
Bis zur WM wird das deutsche Team also
ein gänzlich anderes Gesicht bekommen. So werden die Spieler aus Berlin und Köln
(derzeit noch in den Play-off beschäftigt) die Mannschaft genauso verstärken wie
einige Cracks aus Übersee. Torwart Dimitri Pätzold (Worcester/AHL) hat ebenso
seine Zusage gegeben wie Verteidiger Dennis Seidenberg (Carolina). Auf weitere
Zugänge hofft Franz Reindl: „Alles hängt vom Verlauf der Play-off-Spiele ab.
Nicht nur Marco Sturm würde gerne für uns spielen, wenn es möglich
ist.“
So wird das deutsche WM-Team aller
Voraussicht nach anders aufgestellt sein als die Mannschaft aus der
Vorbereitungsphase. „Ich schätze, dass rund 45 % des heutigen Teams auch bei der
WM dabei sein werden,“ kalkuliert der Sportdirektor ganz realistisch. Und das
ist auch gut so, denn mit der Besetzung aus den Spielen gegen Finnland wäre
selbst das Erreichen des Minimalzieles für Deutschland stark gefährdet. „Unser
Ziel kann nur der Nichtabstieg sein,“ gibt Franz Reindl als Losung aus.
(an)