Deutscher Eishockeynachwuchs / Standortbestimmung 1

U20
Deutschland hat im letzten Dezember in
dieser Alterskategorie den Wiederaufstieg in die A-Gruppe geschafft. Dies war
eine hart erkämpfte Angelegenheit, der Erfolg war aber verdient und für das
Deutsche Eishockey sehr wertvoll. Dies vor allem auch darum, weil vom
diesjährigen U20-Team einiges erwartet werden darf. Zum ersten Mal seit vielen
Jahren zählt die Deutsche Mannschaft nicht zu den meist genannten
„Abstiegsfavoriten“. Die Jahrgänge 87 und 88 bescheren den Deutschen ein auf
hohem Niveau kompetitives Team. Dieses Team hat die Fähigkeit, selbst grosse
Nationen zu ärgern und im Vergleich zu den Altersgenossen aus der Slowakei stehen
die Deutschen zwar nicht in der Favoritenrolle, für einmal sind sie aber auch
nicht Aussenseiter. Aussenseiter sind hingegen die Schweizer und dies ist nicht
selbstverständlich, haben die Schweizer doch in den letzten Jahren in der
Nachwuchsarbeit gute Arbeit geleistet und die Deutschen in vielen U20-Duellen
besiegt. In diesem Jahr wird dies anders sein. Deutschland steht gegenüber der
Schweiz in der Pole-Position. Bei den Sommerduellen hatten die Deutschen
dreimal die Nase vorn und die Schweizer konnten nur ein einziges Spiel
gewinnen. Diese Resultate waren kein Zufall und dürfen durchaus als Massstab
für künftige Duelle genommen werden. Verantwortlich hierfür ist vor allem die
gefährliche erste Deutsche Linie mit Gogulla,
Gawlik und Schütz, unterstützt werden sie auf der blauen Linie von den soliden
Ondruschka und Holzer. Diese Top-Linie hat internationales Format, macht das Leben
auch den Verteidigern aus den Top-Nationen schwer und hat die Fähigkeit,
mindestens die Schweizer ständig unter Druck zu setzen. Zudem verstärken diese
Jungs bereits die Elite-Nationalmannschaft Deutschlands. Ein mutiger aber aus
meiner Sicht weiser Entscheid des Nationaltrainers Uwe Krupp.
Zu den Spielern im einzelnen:
Christoph Gawlik, der unerschrockene Stürmer mit Dynamit in den Beinen, der
„smarte“ und Nordamerika erfahrene Felix Schütz,
ein sehr smarter, in Nordamerika noch immer unterschätzter Spieler und der
dynamische Superskater Philip Gogulla:
Ein bestens harmonierendes Trio und alle drei sind individuell dazu fähig, ein
Spiel zu entscheiden. Unterstützt werden diese herausragenden Individualisten
durch immerhin passable Ergänzungsspieler sowie dem einen oder anderen 1988
geborenen „Youngster“ mit gewissem Potenzial. Dabei denke ich an Spieler wie
Max Brandl, Konstantin Braun, Marcel Müller, Elia Ostwald,
Thorsten Ankert und Korbinian Holzer. Noch etwas unsicher bin ich bei
der Beurteilung der Torhüterposition. Noch hat sich kein Torhüter deutlich in
den Vordergrund gespielt. Trotzdem: Alles in allem stellt Deutschland die beste
U20-Auswahl seit sehr langer Zeit!
Sind dies die Früchte der jüngsten
DEB-Anstrengungen im Nachwuchsbereich? Ganz klar nein, diese Früchte wird man
erst in einigen Jahren ernten können, sofern sich die Saat als fruchtbar
erweisen wird. Leider muss festgestellt werden, dass die guten Jahrgänge 87 und
88 eher dem Prinzip Zufall entwachsen. Aehnlich wie beim Wein gibt es im
Eishockeynachwuchs gute und weniger gute Jahrgänge. Das langfristige Ziel der
Deutschen Anstrengungen im Eishockeynachwuchsbereich muss es sein, auch mit
einem weniger guten Jahrgang A-Klassenniveau aufweisen zu können. Von diesem
Ziel ist der DEB aber noch ein gutes Stück entfernt. Nur zu gerne würde ich
über Hochdruckgebiete bei den Langzeitwetterprognosen berichten. Diese besagen
hingegen, dass es sich beim 87/88er-Sonnenschein mehr um ein Zwischenhoch als
um ein stabiles Azorenhoch handelt. Vorerst freuen wir uns aber auf eine
interessante U20-WM in der kommenden Altjahreswoche und dies mit einer
attraktiven und kompetitiven Deutschen Mannschaft!
17.September 2006 / Thomas Roost, Central Scouting
Europe