Andreas Gensel und das Nachwuchskonzept der Eisbären
Lesen Sie hier Teil 1
Der Saisonstart ist ja nicht mehr weit. Die DNL geht dann
in ihre achte Saison. Alle bisherigen Spielzeiten haben Sie miterlebt. Wie
schätzen Sie die Entwicklung der Liga in diesen Jahren ein?
Nach wie vor ist für mich
die DNL von der Idee her für Deutschland eine einwandfreie Einrichtung. Wir
haben es geschafft, die leistungsstärksten Vereine einzubinden, es gibt Auf-
und Abstieg. Ich glaube auch, dass eine Erweiterung der Liga der falsche
Schritt wäre, da wir quantitativ noch nicht soweit sind, um eine einigermaßen
ausgeglichene Liga mit mehr als 10 Mannschaften zu gewährleisten.
Die Liga ist so
strukturiert, dass Du wirklich in jedem Spiel hart arbeiten musst, sonst kannst
Du die Punkte gleich abschreiben. Natürlich gibt es immer wieder mal hohe
Ergebnisse, aber das liegt selten an der unterschiedlichen Leistungsstärke
sondern eher daran, dass man an diesem Tag nicht gut drauf war. Alles in allem
ist es schon recht eng und die DNL ist qualitativ eine gute Liga, jedoch nur
solange, wie sie nicht durch zu viele Spieler mit geringem Niveau verwässert
wird. Deshalb nur 10 Teams.
Rein subjektiv habe ich
allerdings aber auch das Gefühl, dass die Liga im Gesamtniveau ein wenig
nachgelassen hat. Ich kann mich ja täuschen, aber noch vor einigen Jahren gab
es nach meiner Auffassung im Großen und Ganzen mehr Talente als heute.
Die DNL ist die höchste Leistungsklasse im
Nachwuchsbereich des DEB. Weiterführend gibt es kein einheitliches Konzept. Die
Schüler-Bundesliga zeichnet sich seit Jahren dadurch aus, dass es ein riesiges
Leistungsgefälle innerhalb der jeweiligen Gruppen gibt. Muss hier der DEB nicht
etwas ändern?
Unterhalb der DNL, also
im Schülerbereich, etwas zu verändern ist sehr, sehr wichtig. Momentan laufen
hier konkrete Gespräche, um eine bessere Vorbereitung auf die DNL und den
Leistungssport zu erreichen.
Oberhalb der DNL noch
eine Liga einzuführen, um alle aufzufangen, die das DNL-Alter überschritten
haben, halte ich nicht für sinnvoll. Hier in Berlin haben wir den Weg mit einem
Oberliga-Team eingeschlagen. Das ist sinnvoller, da die Jungs dann endlich
davon wegkommen, immer nur gegen gleichaltrige Gegner zu spielen. Eine U20-Liga
würde irgendwann in eine Hobby-Liga abdriften. Die guten Kader, um die es uns
ja geht, würden dort eh nicht mehr spielen, weil die Oberliga oder die
2.Bundesliga eine wesentlich bessere Vorbereitung auf die DEL darstellen.
Ehemalige Spieler von mir wie Kramer, Weiß, Baxmann oder Braun würden nie
Junioren-Bundesliga spielen. Zum einen wollen die in professionelle Ligen um
Geld zu verdienen, zum anderen kannst Du Dich in einer Senioren-Liga wesentlich
besser auf die nächste Leistungsstufe vorbereiten. Vorraussetzung ist natürlich
immer, dass man dort auch die entsprechende Eiszeit bekommt.
Problematisch ist es
natürlich, dass sogar schon in der DNL das Geld eine immer größere Rolle
spielt. Auch rüsten einzelne Vereine derzeit gewaltig auf, ohne vorher selber
eine solide Basis unterhalb der DNL geschaffen zu haben. Da werden Talente aus
dem ganzen Land zusammengeholt, nur im in dieser Liga bestehen zu können.
Leidtragende sind dabei die kleineren Vereine aus Bayern, die hier vielleicht
bald kaum noch mithalten können. Auch werden nach meiner Auffassung einige
Talente mit Geldzuwendungen in diesem Alter auf den falschen Weg geführt.
Da machen die Eisbären aber
auch keine Ausnahme, oder?
Es ist mir nicht bekannt,
dass Spieler aus meiner Mannschaft Geld erhalten. Wie es sich mit jenen
verhält, die vorrangig im Oberliga-Team spielen, aber für die DNL noch
berechtigt sind, müssen Sie unser Management fragen, da bin ich nicht der
richtige Ansprechpartner. Wichtig ist natürlich, dass man als junger Spieler,
der viel DNL, Oberliga und Nationalmannschaft spielt, mit anständigem Material
ausgestattet wird, dass ein Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt wird, wenn
es der Spieler will und das eine sinnvolle
Betreuung vorhanden ist.
Im Eishockey läuft es
aber nicht anders als in der Wirtschaft auch: Derzeit tobt ein Kampf um die
besten Köpfe in der Branche und wer am großen Rad mitdrehen will, der muss
etwas bieten. Da versagt manchmal das Gießkannenprinzip, zumal Eishockey ein
teurer Sport ist und Eltern von jungen Spielern durchaus wissen, wie viel Geld
ihnen erspart bleibt, wenn ihr Sohn in einem Verein spielt, bei dem notwendige
Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung gestellt werden.
Ich träume
selbstverständlich auch davon, so wie Mannheim regelmäßig mit den Jungs nach
Kanada zu fliegen. Wenn dafür Geld ausgegeben wird, um einfach mal eine andere
Eishockeywelt zu erleben, dann kann ich das nur begrüßen. Für mich ist am Ende
jedoch entscheidend, dass man in dieser Liga nicht nur mitspielt, um einen
Pokal für die Vitrine zu haben. Wenn Vereine der Meinung sind, dass man mit
derartigen Zuwendungen sich eine titelfähige Mannschaft zusammenstellen muss,
weil ein Titel dem Image förderlich ist oder weil dies die meisten
DEL-tauglichen Spieler hervorbringt, dann sind sie auf dem Holzweg.
Kennen sich die DNL-Trainer
untereinander und redet man dann über so was?
Wir treffen uns regelmäßig,
besprechen Dinge, die unsere Arbeit in der Liga und den Spielbetrieb betreffen,
da lernt man sich ganz gut kennen. Wir unterhalten uns allerdings mehr über
sportliche Dinge wie die Leistungsvorgaben des DEB, Übungsformen, Regularien
etc.
Wir sind ja als DNL eine
relativ autarke Organisation. So haben wir als Trainer eben festgelegt, dass 8
Mannschaften Play-offs spielen, dass die Verlängerung mit 4 gegen 4 gespielt
wird usw. Das waren ja keine Vorgaben des DEB sondern Ergebnisse von gemeinsamen
Gesprächen der Trainer untereinander.
Was möchten Sie als
langjähriger Nachwuchstrainer an der DNL noch verbessern?
Wir müssen die
Kadersichtung stärken, damit uns kein Talent entgeht und eventuell in unteren
Ligen versauert. Hier müssen wir aufpassen, dass man sich nicht gegenseitig die
Spieler wegnimmt sondern vielleicht lieber den schweren Weg der Sichtung in
kleineren Vereinen geht. Auch muss der Unterbau im Knaben- und Schüleralter
verbessert werden, damit wir als DNL-Trainer nicht noch Grundlagenvermittlung
betreiben müssen, welche bei den Spielern eigentlich mit 13 oder 14 Jahren
erfolgt sein sollte. Auch wäre es wichtig, daß alle Vereine die Möglichkeiten
haben, talentierte Spieler in den Seniorenbereich reinriechen zu lassen. Da ist
noch ein wenig Arbeit vor uns.
Aber Herr Gensel, mal Hand aufs Herz: Würden Sie nicht
lieber alle Ihre Schäfchen am Wochenende auf dem eigenen Spielberichtsbogen
aufführen? Schließlich kostet so was regelmäßig Punkte im Kampf um die besten
Play-off-Plätze!
Als Trainer einer
Mannschaft möchte ich auch Erfolg haben, ganz klar. Es ist ja immer die Frage,
was passiert, wenn ich einige Jungs hochspielen lasse? Jeder Spieler muß
lernen, Verantwortung zu übernehmen und Verantwortung übernimmt in der Regel
der älteste Jahrgang und die starken Spieler des mittleren. Wenn aber die
besten hochspielen, dann sind sie dort wieder die jüngsten und brauchen wieder
keine Verantwortung übernehmen. Auch geht dann in meiner Mannschaft das
Trainingsniveau runter, weil die schnellen und starken fehlen. Man muss halt
aufpassen, dass es keine hochgepuschte Schülermannschaft ist sondern das
DNL-Niveau gewahrt bleibt. Letztlich stehen wir aber dazu, dass DNL-Spieler
unbedingt im Oberliga-Team eingesetzt werden. Auch wenn es mich in jeder Saison
mindestens 10 Punkte kostet.
Herr Gensel, wir danken für
das Gespräch und die ehrlichen Antworten.
(Interview: MB)