Marco Sturm: Zwischen großer Chance und RisikoKommentar: Der DEB und der neue Bundestrainer
Marco Sturm ist eine deutsche Eishockey-Ikone. Das ist ein großes Wort, doch auf den gebürtigen Dingolfinger trifft es zu: 1006 Mal spielte der heute 36-Jährige in der NHL, die meiste Zeit verbrachte er in San Jose und Boston. Er war an vier Weltmeisterschaften beteiligt, lief bei drei Olympischen Spielen für Deutschland auf, ebenso beim World Cup of Hockey 2004. Einen Mann mit einer derartigen Erfahrung als Spieler, der auch Organisationsformen in der besten Liga der Welt kennengelernt hat, für den Deutschen Eishockey-Bund zu gewinnen, ist ein Glücksfall. Ein ausgesprochener Glücksfall.
Schon vor der Pressekonferenz in München, bei der der DEB die Verpflichtung bekannt gab, sickerte durch, dass Sturm der Manager der Nationalmannschaft werden sollte. Zu einem Paukenschlag wurde die Nachricht, als der Verband verkündete, dass Marco Sturm in Personalunion auch den Posten des Bundestrainers übernehmen werde. Und das kam dann doch überraschend.
Aber was heißt das nun? Ist es gut oder schlecht? Fangen wir mit den guten Gründen an: Mit einem Mann wie Marco Sturm an der Spitze der Nationalmannschaft könnte sich die Zahl derjenigen Spieler verringern, die aufgrund eines kleinen Wehwehchens, oder weil der Urlaub so verlockend ist, auf eine WM-Teilnahme verzichten. Sturm steht für Klasse, für Qualität. Zudem ist die Aufgabe eines Bundestrainers eine andere als die eines Vereinstrainers. Es geht darum, die richtige Auswahl zu treffen, die Spieler zu motivieren und das passende taktische Konzept zu finden. Insofern kann dieser Versuch gelingen, weil die eigentliche Trainingsarbeit geringer ist als in einem Club.
Dennoch setzt hier der Kritikpunkt an: Der DEB hat sich für einen Bundestrainer ohne beziehungsweise mit nur geringer Trainererfahrung entschieden. In den USA hat er als Coach angefangen, hat auch die erforderlichen Lizenzen, doch wirkliche Trainererfahrung sieht eben anders aus. Das mag aus den oben genannten Gründen dennoch klappen, eine Garantie für eine rosige sportliche Zukunft des DEB-Teams ist es aber noch nicht.
Einfach ausgedrückt: Ein sehr guter Spieler ist nicht notwendigerweise ein guter Trainer. Auch Uwe Krupp hatte so gut wie keine Trainererfahrung, als er den Posten des Bundestrainers übernahm. In der Rückschau überwiegen die positiven Eindrücke – vor allem jene der Heim-WM, die mit einem sensationellen vierten Platz beendet worden ist. Aber auch Krupp brauchte eine Anlaufphase. 2009 stieg Deutschland sportlich aus der Top-Division ab, blieb nur als Ausrichter der WM 2010 erstklassig. Die Olympischen Spiele 2010 waren ebenfalls kein Erfolg, ehe einige Wochen später die glanzvolle Heim-WM folgte. Damals, nach Olympia und vor der Heim-WM, wurde Harold Kreis Co-Trainer von Krupp.
Und das mag der Schlüssel für einen erfolgreichen Bundestrainer Marco Sturm sein. Der neue Chefcoach braucht fachlich gute und zudem loyale Assistenten. Gelingt es dem DEB – zusammen mit der DEL – den Trainerstab entsprechend zu besetzen, dann kann das in Kombination mit der Strahlkraft einer Ikone wie Marco Sturm zum Erfolg führen. Garantien gibt es auch dann nicht – aber im Sport sind Garantien ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit.