Frischer Wind beim DEB: „Ein Weg, ein Stil, ein Ziel“
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Wenn die gesamte Führungsriege des DEB mit Präsident
Esken, Vize Harnos, Sportdirektor Reindl und Bundestrainer Poss zu einem
Pressegespräch einlädt, dann werfen besondere Ereignisse ihre Schatten voraus.
So war es auch am Mittwoch in München, als verschiedene interessante Themenkomplexe zur Sprache kamen:
Neue Eishockeyphilosophie:
Franz Reindl brachte es auf den Punkt: „Bei uns heißt es ab sofort: Ein
Weg, ein Stil, ein Ziel.“ Nach sieben Jahren verfügt das deutsche Eishockey
– ab Ende der Playoff-Runde - wieder über einen hauptamtlichen Bundestrainer.
Greg Poss, der ja seinen Posten bei den Nürnberg Ice Tigers aufgeben
wird, erhält einen sehr großen Aufgabenbereich. So kümmert er sich nicht nur
um die A-Nationalmannschaft, sondern er soll auch die Arbeit aller Nationalteams
bis hinunter zur U 16 koordinieren. Dabei wird ein sogenanntes Eliteprogramm
entwickelt, bei dem sich die Arbeit auf die jeweils sechs besten Talente eines
jeden Jahrganges konzentriert. Diese werden unter der Leitung von Poss besonders
betreut und sollen zusammen mit den DEL-Trainern an das Nationalteam herangeführt
werden. Als Beispiel führte der neue Nationalcoach Marcus Kink an, der nach
seinen Einsätzen im Nachwuchs nun erstmals das Trikot des A-Teams tragen wird.
Poss hat diese Eliteprogramm aus den USA mitgebracht, wo es schon seit Jahren
praktiziert wird. Mit dem kleinen Unterschied, dass das viele Geld, das drüben
in dieses Programm investiert wird, in Deutschland fehlt. „Wir haben weniger
Geld, und müssen dafür umso mehr arbeiten,“ meinte Poss, den Reindl nicht zu
Unrecht als „Workoholic“ bezeichnet. Ganz wichtig ist bei dieser neuen
Eishockeyphilosophie, dass alle Teams von der U 16 bis zu den Senioren das
gleiche System, den gleichen Stil spielen.
WM-Vorbereitung:
Früher als sonst beginnt in diesem Jahr die Vorbereitung auf die WM.
Bereits Ende März/Anfang April treffen sich die ersten Nationalspieler, die
nicht mehr in den Playoffs beschäftigt sind, um unter Ernst Höfner („Poss
ist ja hoffentlich recht lange in Nürnberg beschäftigt“, so Reindl) in Füssen
zu trainieren. Am 7.4. und am 9.4. beginnt die zweite Phase mit zwei Länderspielen
in Riesa gegen Schweden. Nach Gastspielen in Weißrussland Mitte des Monats und
Heimspielen gegen Lettland in Kaufbeuren (21.4.) und Ravensburg (23.4.) wird es
endgültig ernst: Am 26.4. in München und am 28.4. in Rosenheim können sich
die Fans auf zwei Schmankerl freuen. Der komplette WM-Kader der USA (aller
Wahrscheinlich nach mit hochkarätigen NHL-Cracks) prüft das deutsche Team. Wie
Reindl bekannt gab, ist die Nachfrage nach Karten bereits enorm, sodass man mit
ausverkauften Häusern rechnet. In München zeigt der heimische EHC, der mit der
Ausrichtung des Länderspiels betraut ist, besonders großes Engagement: Man möchte
den Fans ein großes Ereignis bieten. Bereits drei Tage nach der Begegnung in
Rosenheim steigt in Wien das erste WM-Spiel gegen Kasachstan, das für den
weiteren Verlauf vorentscheidend sein wird.
Kanada-Cup:
Voller Stolz verkündete Franz Reindl, dass das deutsche Team zum Kanada-Cup
eingeladen worden ist. Im August und September spielt man dort gegen Kanada, USA
und die Slowakei. In der europäischen Gruppe treffen in Tschechien Finnland,
Schweden, Russland und der Gastgeber aufeinander. Die beiden besten Teams jeder
Gruppe spielen dann den Sieger aus. Es ist kaum anzunehmen, dass Deutschland im
Halbfinale dabei sein wird, trotzdem freut man sich schon jetzt auf das Kräftemessen
mit den besten Mannschaften der Welt. Zur Vorbereitung auf den Kanada-Cup trifft
sich der deutsche Kader im Juni/Juli zu einem Eislehrgang. Auch medizinische und
konditionelle Test stehen dort auf dem Programm, die den Verantwortlichen zeigen
werden, wer im Sommer zu viel gefaulenzt hat.
Perspektiven der Nationalmannschaft:
Hans-Ulrich Esken kam auch auf die Zukunftsperspektiven zu sprechen: „Es wäre
ein Fehler, nur den derzeitigen achten Rang in der Weltrangliste verteidigen zu
wollen“, meinte er. „Von unten kommen starke Teams nach, sodass wir uns
unbedingt fortentwickeln müssen. Wir haben vollstes Vertrauen in Greg Poss und
hoffen, dass er die Leistung der Nationalmannschaft langfristig steigern kann.
Deshalb haben wird den Vertrag mit dem neuen Bundestrainer auch nicht befristet,
sondern auf unbestimmte Zeit, mit beiderseitigem Kündigungsrecht, geschlossen.
Wir setzen mit Poss voll auf die Jugend und entwickeln dazu ein eigenes
Scoutingsystem, um wirklich alle Talente zu finden und zu fördern.“ Auch Poss
wird sich allerdings am zahlenmäßigen Erfolg messen lassen müssen. Wegen der
erhöhten weltweiten Aufmerksamkeit hält Esken daher die olympischen Spiele
sogar für bedeutender als die WM. Trotz aller Sympathiebekundungen muss natürlich
auch Greg Poss mit seinem Team Siege einfahren, was angesichts der Konkurrenz
nicht leicht fallen dürfte.
Schutznetze in den Stadien:
Wie nicht anders zu erwarten, kamen bei der Pressekonferenz auch die unsäglichen,
sichtbehindernden Schutznetze zur Sprache, die seit einigen Wochen viele Stadien
zieren. Wie Vizepräsident Uwe Harnos – selbst Jurist und daher mit der
Materie bestens vertraut – mitteilte, setzt man beim DEB alles daran, dass die
Netze wieder abgebaut werden können. Problem ist jedoch die derzeit gültige
DIN-Norm, die dies verhindert. Deshalb hat der DEB bei der Technischen Universität
München ein Gutachten in Auftrag gegeben, das u.a. die Richtung und die Höhe
der einzelnen Schüsse untersucht, die die Zuschauer gefährden könnten. Am
18.2. findet in Köln eine Sitzung des DIN-Ausschusses statt, der sich auch mit
diesem Problem beschäftigen wird. Harnos hofft, dass bei einer Erhöhung der
Plexiglasumrandung auf 1,60 Meter (derzeit sind es zumeist nur 0,8 Meter) die
Gefahr für die Zuschauer durch verirrte Pucks nahezu ausgeschlossen werden
kann. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge erfordert jedoch die
Verkehrssicherheitspflicht, dass die Hallenbetreiber Netze aufhängen. Sonst
drohen nicht nur zivil-, sondern sogar strafrechtliche Konsequenzen. (an - Foto:
City-Press)