Deutschland kämpft bei WM nur um Klassenerhalt
Kader für Länderspiele in Riga fix
Mit ein wenig Neid verfolgte Eishockey-Bundestrainer Uwe Krupp vor einigen Wochen den Siegeszug der Handball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land. Eishockey ist zwar von den Zuschauerzahlen her die beliebteste Hallensportart in Deutschland, doch während sein Kollege Heiner Brand ein Team aus einer der besten Ligen der Welt rekrutierte und den Titel holte, hat Krupp von vornherein keine Chance, bei der am Freitag beginnenden Eishockey-Weltmeisterschaft in Moskau und Mytischtschi mehr als den Klassenerhalt zu schaffen. Das Welteishockey wird nach wie vor von den sieben Top-Nationen Schweden, Finnland, Russland, Tschechien, Slowakei, Kanada und USA dominiert, der Rest der Welt balgt sich um die Verfolgerrolle.
Mit den besten deutschen Spielern an Bord hätte der Bundestrainer immerhin die Chance, gegen Nationen wie die Schweiz um den achten Platz zu konkurrieren, doch die wenigen Stars stehen nicht zur Verfügung. Von den sieben deutschen Profis in der nordamerikanischen Profiliga NHL kommt kein einziger nach Moskau, das ist so, als müssten die Basketballer auf sieben Dirk Nowitzkis verzichten. Von den in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) verbleibenden Stammspielern sind vor allem in der Abwehr Verletzte zu beklagen, zum Beispiel der beste deutsche Verteidiger Sascha Goc oder Kölns Defensiv-Kämpfer Andreas Renz.
Krupp hat dennoch eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammengestellt, die in der WM-Vorbereitung gute Ergebnisse erzielte. Wie im Vorjahr verzichtete der einzige deutsche Stanley-Cup-Sieger dabei auf namhafte Akteure wie Düsseldorfs Klaus Kathan oder Mannheims Eduard Lewandowski. „Der stärkste Spieler der Liga ist nicht gleich der effektivste für die Nationalmannschaft“, sagt Krupp und führt damit sein erfolgreiches Konzept fort, mit dem er vor einem Jahr den sofortigen Wiederaufstieg in die Weltelite schaffte. Robustheit und Energie führen international für einen Underdog zum Erfolg, nicht Filigrantechnik.
Die deutsche Mannschaft trifft in der Vorrunde auf Kanada, die Slowakei und Norwegen. Die Skandinavier stehen mit den Deutschen auf Augenhöhe, das Duell gegen das Team um den Kölner Verteidiger Mats Trygg wird allgemein als Schlüsselspiel um den Klassenerhalt gewertet. Wer dieses Spiel gewinnt, ist alle Sorgen los. Der Verlierer hingegen muss in die Absiegsrunde, wo alles passieren kann, wie Deutschland vor zwei Jahren bitter erfahren musste.
Auf absehbare Zeit wird sich die internationale Rolle der Deutschen im Welteishockey nicht ändern, dazu sind die Defizite in der nationalen Nachwuchsförderung noch immer zu groß. Uwe Krupp forderte in der vergangenen Woche eine weitere Reduzierung der Ausländer-Kontingente in der DEL, zurzeit dürfen bis zu elf Ausländer pro Team spielen. Doch die Liga wies Krupps Forderung zurück, eine Reduzierung würde die Gehälter der deutschen Stars explodieren lassen.
Der Weg zu einem deutschen "Eishockey-Wintermärchen" ist noch weit.
Alexander Brandt