Bandencheck: Die Hockeyweb-Kolumne von Alexander Brandt

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Montag. Es ist schwül. Nein, nicht in der Stadt Amiens, sondern in

der Eishalle. Sie befindet sich in einem Hallenkomplex zusammen mit

einer Trainingsfläche und einem Schwimmbad. Das tropische Klima dieses

Bades prägt das gesamte Areal, man sitzt und schwitzt. Das

Pressezentrum befindet sich genau zwischen Eishalle und Schwimmbad, mit

Einblick in beide Hallen, Rechts trainieren die Japaner, links rutschen

Mädels ins Wasser. Wären sie 15 Jahre älter, würden wir wohl links

sitzen. Uwe Krupp beobachtet die Japaner und macht sich Notizen. Woran

orientiert der sich? Die sehen alle gleich aus und tragen keine Nummern

auf den Trainingstrikots! Vielleicht notiert er sich die Übungen, weil

er die auch mal ausprobieren will? Ansonsten ist der Bundestrainer

lockerer als zuletzt. "Unser Scouting Staff hat das Training der

Israelis beobachtet und uns informiert", sagt er. Wir staunen. Sowas

haben wir, ein Scouting Staff? Wer ist das? "Franz Reindl", grinst Uwe.

Der hat offensichtlich berichtet, dass die Israelis nur 15 Mann haben,

die nicht Schlittschuh laufen können. Der Eindruck bestätigt sich

später im Spiel. Beim 8:0 kommentiere ich, dass Don Jackson jetzt den

Torhüter vom Eis nehmen würde. Kollege Werner Nieleck meint beobachtet

zu haben, dass das Eis vor dem israelischen Tor abschüssig sei.

Spannung kommt beim Spiel nicht auf, hinterher aber, und wie! Als wir

unsere Texte in die Laptops hacken, bricht die Internet-Verbindung

zusammen, nichts geht mehr. Ich versuche es altmodisch mit meiner

Handy-Karte, aber das geht plötzlich auch nicht mehr. Panik, Schweiss.

Immer mit der Ruhe, Windows nochmal starten. Ein Berliner Kollege läuft

Amok, er muss in zehn Minuten liefern. Wir überlegen, was wir tun

können, um die verloren geglaubte Partie noch zu drehen. Torwart

rausnehmen? Der ist schon lange draussen. Meine Handykarte funktioniert

wieder. "Hey, ich bin drin!" Sofort beginnt eine wüste Prügelei um

meinen Laptop, jeder will seine Texte zuerst verschicken. Am Ende ist

es nochmal gut gegangen, Shakehands und alles ist vergessen.

Wir haben ein wenig Angst um Marco Sturm, den die meisten Spieler

wohl nur mit unfairen Mitteln bremsen können. "Das ist der gewohnt",

sagt Uwe Krupp. "Wer in der NHL 30 Tore schiesst, steht immer im

Target." Aber Marco hat andere Sorgen: "Ich darf den Jungs in Boston

nicht erzählen, dass ich gegen Israel gespielt und im Holiday Inn

gewohnt habe, sonst werde ich nur noch verarscht." Das Holiday Inn

macht in der Tat nicht den besten Eindruck, es liegt am Bahnhof und man

findet es nur zufällig als Seiteneingang zu einem großen Supermarkt.

Die Zimmer sollen auch nicht so toll sein. Jetzt fühle ich mich mit

meinem Aussenklotel plötzlich aufgewertet. Manche Kollegen sind besser

untergebracht, aber bei denen steht früh um 5.30 Uhr die Müllabfuhr vor

dem Fenster, während ich ruhig schlafen kann. Naja, fast. Um halb zwei

zog jemand über die Flur und brummte "Die Deutschen sind wieder da,

besoffen wie jedes Jahr". Fein, jetzt mach schön Sitz und gib Ruhe.

Die Halle war klar in deutscher Hand und es gab auch keine

peinlichen Sprüche beim Spiel gegen Israel. "Schiessen, einfach

schiessen" war noch das Missverständlichste. Die Deutschen prägen auch

das Stadtbild, sie repräsentieren eindrucksvoll die Kultur unseres

Volkes. Zum Beispiel die drei Düsseldorfer, die mit einem Fass Bier auf

einer Parkbank sitzen und trinken. Und trinken.

Eines habe ich allerdings nicht verstanden: Die Fans riefen "Tripcke

raus!" Der war gar nicht da! Um rausgeworfen zu werden, muss er doch

erstmal drin sein, oder? Davon abgesehen, kann man schlechte

Nachrichten nicht dadurch beseitigen, dass man ihren Überbringer köpft,

man sollte sich lieber die Verursacher zur Brust nehmen. Überall lese

ich "Pro Aufstieg". Na es gibt ihn doch, den Aufstieg. Und jetzt gibt

es auch noch Overtime. Und Penaltyschiessen. Und die Drittelpausen

werden verlängert. Das wird bestimmt den Getränkeverkauf in den Arenen

ankurbeln, wenn man dort künftig einen halben Tag verbringen muss, um

ein Eishockeyspiel zu sehen. Es fehlen nur noch Werbe-Unterbrechungen

während der Spiele. Aber das kriegen wir auch noch hin und dann stellen

wir am besten Feldbetten auf, damit die Zuschauer zwischendurch ein

Stündchen schlafen können. Ein Cricket-Spiel dauert mehrere Tage.

Schaffen wir auch!

Gruß vom schwitzenden Alexander Brandt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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