Air Canada Cup: Deutsche Frauen überzeugen

Viele neue Symphatisanten hat die deutsche Fraueneishockey-Nationalmannschaft für sich und ihre Sportart durch ihr
Auftreten beim Air-Canada-Cup am Wochenende gewonnen. Bei der zweiten
Auflage dieses Turniers musste sich das Team von Bundestrainer Kathan in
Bad Tölz nur der kanadischen U-22 Nationalmannschaft geschlagen geben.
Aber gerade diese 3:5-Niederlage vor 1100 Zuschauern begeisterte, stand
das deutsche Team doch nach zweimaliger Führung in einem spektakulären
Spiel noch drei Minuten vor dem Schlusspfiff vor dem Turniersieg,
kassierte dann aber noch drei Gegentreffer. «Es tut mir leid, dass ich
mit einem taktischen Fehler zum Ausgleich der Kanadier beigetragen habe»
ärgerte sich Geburtstagskind Peter Kathan ob der Leistung seiner Frauen
nur über sich selbst.
Begonnen hatte das Turnier am Donnerstag vor leider etwas dürftiger
Kulisse in Garmisch-Partenkirchen. Die wenigstens erhofften 300
Zuschauer wurden bei weitem nicht erreicht. Dies störte am wenigsten die
Kanadierinnen, die gleich zum Auftakt zeigten, dass sie mit dem Ziel der
Cupverteidigung wieder nach Deutschland gekommen waren. Zwar ließen die
Tore etwas auf sich warten, am Ende gab es jedoch einen standesgemäßen
6:1-Erfolg gegen die U-22 Nationalmannschaft Finnlands.
Aus deutscher Sicht begann das Turnier mit Licht und Schatten. Im ewig
jungen Duell mit Nachbar Schweiz gab es beim 1:1 im Gegensatz zum
Vorjahr zwar keine Auftaktniederlage. Insbesondere aber im letzten
Drittel hätte aufgrund der Dominanz der Siegtreffer fallen müssen. So
blieb es bei Kapitänin Christina Oswalds Ausgleichstreffer kurz vor Ende
des Mitteldrittels, nachdem Diaz im ersten Drittel die Schweizer Führung
gelang.
Am zweiten Turniertag trafen in Bad Tölz erneut die Teams der Schweiz
und Kanadas U-22 aufeinander, die zwei Tage vorher in Romanshorn bereits
ein Testspiel gegeneinander absolviert hatten. Gegen die physisch
stärker einzuschätzenden Kanadierinnen ließen die Schweizer Trainer eine
anstrengende Manndeckung spielen. Erst im letzten Drittel, als bei den
Schweizerinnen die Kräfte stärker schwanden als bei den
Nordamerikanerinnen, setzten sich diese dann deutlich zum 6:0 durch.
Rund 700 Zuschauer sahen im Abendspiel den ersten Sieg einer DEB-Auswahl
in der neuen Hacker-Pschorr-Arena in Bad Tölz. Nachdem die Herren zwei
Tage zuvor gegen Österreich patzten, nutzte die Frauennationalmannschaft
die Gunst der Stunde und trug sich mit diesem Premierensieg doch noch in
die Hallenhistorie ein. Eigentlich sollte die Eröffnung der Arena auch
durch die Frauen erfolgen, doch lies dies der bauliche Zustand zum
geplanten Termin an Weihnachten nicht zu.
Berlins Susann Götz legte mit zwei Treffern den Grundstein zum Sieg
gegen Finnlands U-22 Team. Julia Wierscher und Maritta Becker nutzten
Stellungsfehler der finnischen Torfrau zum Endstand
von 4:0. «Die Finninen sind hier mit einer sehr jungen Mannschaft
angereist» relativierte Bundestrainer Kathan noch den Erfolg. «Wir
wollen dieses Ergebnis deshalb nicht überbewerten. Dennoch bringt uns
auch so ein Spiel weiter nach vorne, gibt unseren Spielerinnen
Selbstvertrauen» so seine Bewertung nach dem Spiel.
In welch engem Leistungsbereich sich alle vier teilnehmenden Nationen
bewegten, zeigte der letzte Turniertag: Im vierten Spiel in vier Tagen
lagen die Schweizerinnen nach einer halben Stunde Spielzeit bereits 0:3
zurück und schafften mit einer Energieleistung durch Tore von Diaz,
Künzle und Leuenberger innerhalb von 15 Minuten noch den Ausgleich.
Und im zweiten Spiel des Tages lag das kanadische Team nach dem ersten
Drittel gegen Deutschland bereits mit 0:2 durch zwei Tore von Maritta
Becker zurück. War der erste Treffer noch eher zufällig, entsprang Tor
Nummer zwei einer überlegten Aktion im Powerplay.
Und auch im Mitteldrittel wuchsen die deutschen Damen über sich hinaus.
Mehr als einmal ergab sich ihnen im Mitteldrittel die Gelegenheit zum
dritten Treffer, sie mussten am Ende aber nach einem Doppelschlag der
Kanadierinnen mit einem 2:2 ins letzte Drittel gehen.
«Meiner Meinung nach war das heute ein höheres spielerisches Niveau als
am Mittwoch» fasste Tölz Vorstand Hörmann nach dem Spiel zusammen, was
er auch im letzten Drittel zu sehen bekam und DEB-Vizepräsident
Lauterjung zum Bekenntnis verleitete «Ich bin heute zum Fraueneishockey
bekehrt worden»: Zehn Minuten vor Spielende konnte Michaela Lanzl nach
einem hervorragenden Becker-Zuspiel in 5:3-Überzahl das deutsche Team
nochmals in Führung bringen und die Hoffnung auf den überraschenden
Turniersieg neu aufkeimen lassen. Eine vollkommen ungewohnte Situation
für die kanadischen Verantwortlichen, die sich bereits zur Mitte des
Spiels wie im falschen Film vorgekommen sein mussten. Tauschte doch der
Gegner einfach so seine Torfrau, ohne dass dies wegen der Anzahl der
kanadischen Treffer und entsprechender Entnervung notwendig geworden
wäre.
Und auch Viona Harrer, die Stephanie Wartosch im deutschen Tor ablöste,
lies die Kanadierinnen fast verzweifeln. Was ihre Vorderleute mit ihrer
disziplinierten Spielweise nicht schon abwehren konnten, war bis auf
wenige Ausnahmen Beute der deutschen Torfrauen.
«Natürlich waren wir nach diesem Spiel erst einmal enttäuscht, gerade
weil es so knapp und am Ende auch etwas unglücklich war»meinte
Braunlages Nina Gall. «Wir haben haben mehr erreicht, als wir vorher
gedacht hätten. Das gibt uns Bestätigung für unsere Arbeit in der
Vergangenheit und Selbstvertrauen für die Zukunft » zog Stephanie
Frühwirt, die wieder auf der ungewohnten und eigentlich wenig geliebten
Verteidigerposition zusammen mit Nina Linde eine sichere Defensivreihe
stellte, gleich ein positives Fazit. «Aber ich akzeptiere die Rolle als
Verteidiger und gebe auch auf dieser Position mein Bestes» bewies sie
den von Kollegin Julia Wierscher gepriesenen Teamgeist.
Einig waren sich alle Beteiligten, dass der Umzug von Hannover nach Bad
Tölz ein Glücksfall für das Turnier war:«Vor einer solchen Kulisse hat
es natürlich viel mehr Spass gemacht zu spielen. Die Atmosphäre war toll
und zusätzlich motivierend» zeigten sich die Spielerinnen begeistert.
«Wir wollen den Stellenwert des Fraueneishockeys in Deutschland erhöhen»
betonte Lauterjung für das DEB-Präsidium noch sichtlich sichtlich
beeindruckt. Für den Fall, dass das deutsche Team bei der WM sein
Anrecht auf Ausrichtung eines der Olympiaqualifikationsturniere behält,
kündigte er bereits an «dann gibt es den nächsten Fraueneishockey-Event
in Deutschland»